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Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition)

Titel: Der Baader-Meinhof-Komplex (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Aust
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vorzeigen. Sie lauteten auf seinen richtigen Namen, waren aber gefälscht. Die Beamten forderten ihn auf, zum Funkstreifenwagen zu kommen, um die Papiere zu überprüfen. Als er ausstieg, flüsterte Ruhland den anderen zu: »Haut ab!« Kaum hatten er und die Polizisten sich ein Stück entfernt, verschwanden Beate Sturm, Ali und dessen Freund in der Dunkelheit.
    Ruhland setzte sich in den Streifenwagen. Die Polizeibeamten hatten schnell erkannt, daß an seinen Papieren etwas nicht in Ordnung war. »Sie müssen mitkommen.« Ruhland zog seine geladene und entsicherte Pistole aus dem Hosenbund und übergab sie den Beamten. Er wurde festgenommen.
    Nicht lange danach begann er, Aussagen zu machen.
    Ali hatte die Verhaftung aus der Entfernung beobachtet. Beate und Alis Freund waren mit einem Taxi zurück ins Zentrum gefahren. Aus einer Telefonzelle rief Beate Sturm in der Frankfurter Wohnung an. Ensslin nahm den Hörer ab. Atemlos erzählte Beate, was geschehen war. »Ich habe nur noch vier Mark in der Tasche. Was soll ich bloß machen?«
    Gudrun holte Baader ans Telefon. »Leih dir von Alis Freund Geld und fahr nach Gelsenkirchen.« Dort gab es eine Unterkunft der Gruppe.
    Am nächsten Morgen in aller Frühe tauchten Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe auf. Auch sie waren in der vergangenen Nacht in eine Polizeikontrolle geraten. »Als die Bullen die Papiere kontrolliert haben, sind mir plötzlich Zweifel gekommen«, erklärte Ulrike Meinhof. Während die Beamten über Funk die Personaldaten überprüften, hatte sie kurzentschlossen Gas gegeben und war davongefahren. Die Papiere blieben bei den Polizisten. Auf diese Weise kamen die Sicherheitsbehörden zu einem neuen Fahndungsfoto, das Ulrike Meinhof mit kurzen blonden Haaren zeigte.
    Beate Sturm war fertig, übermüdet, verzweifelt. Die Festnahme Karl-Heinz Ruhlands war ihr sehr nahegegangen. Sie mochte »Kalle« und »Ali«; mit ihnen konnte man herumziehen und lachen. Ihr gefiel nicht, wie die beiden in der Gruppe beurteilt wurden: »Der eine ist ewig besoffen, und der andere wird sowieso kein Kader.«
    Eine ähnliche Haltung hatte sie auch gegenüber den Quartiergebern beobachtet: »Entweder die Leute waren sowieso politisch aktiv, in Baaders Sinn, oder man hielt sie für dämlich – dann brauchte man auch keine Rücksicht zu nehmen.«
    Beate Sturms Bedenken wuchsen. Sie übernachtete bei einem Freund in Köln, der mit der Gruppe nichts zu tun hatte. Am nächsten Tag, dem 21 . Dezember, brachte er sie nach Frankfurt. In der Schriftstellerwohnung traf sie Andreas, Gudrun, Holger, Marianne, Ulrike und Teeny.
    Die Pläne für Banküberfälle im Ruhrgebiet wurden aufgegeben. Statt dessen wollten sie es in Nürnberg versuchen. Ulrich Scholze und Astrid Proll waren schon vorausgefahren.
    Baader war nicht gut auf Scholze zu sprechen. Als er ihn in die Technik einer »Kalaschnikow«-Maschinenpistole einwies, hatte ihm Scholze vorgeworfen, die Mitglieder der Gruppe in unverantwortlicher Weise in die Illegalität zu treiben. Baader reagierte wütend: »Du kannst nicht teilweise am illegalen Leben der Gruppe teilnehmen und dann in die Legalität zurückkehren.«
    Die anderen gaben Baader recht. »Man kann nicht an einem Tag bei einem Banküberfall mitmachen und sich am nächsten Tag wieder an seine Diplomarbeit setzen«, sagte Beate Sturm.
    In Nürnberg trafen sich alle wieder. Spät in der Nacht fuhren Ulrich Scholze und Astrid Proll in die Watzmannstraße. Dort warteten Ulrike Meinhof und Ali Jansen. Sie hatten sich einen Mercedes ausgesucht. Es gelang ihnen, die Tür aufzubrechen und die Zündung kurzzuschließen, aber die Maschine sprang nicht an, es gab Fehlzündungen. Der plötzliche Lärm weckte den Autobesitzer. Er rief die Polizei, öffnete das Fenster und schrie laut um Hilfe.
    Aufgeschreckt sprang Ali aus dem Wagen und rannte zum hellen Ford. Ulrike Meinhof lief zum BMW , den Astrid Proll sofort startete. Beide Autos rasten davon. Die Frauen bogen auf den Parkplatz des Esso-Hotels ein, die Männer fuhren geradeaus weiter. Sie stoppten kurz vor der Meistersingerhalle und stiegen aus. Ulrich Scholze wollte gerade die Wagentür abschließen, als ein Volkswagen neben ihnen hielt. Zwei Polizeibeamte in Zivil fragten nach den Papieren. Scholze gab ihnen seinen echten Führerschein. »In der Watzmannstraße wurde ein PKW aufgebrochen«, sagte einer der Beamten. »Kommen Sie bitte mit, wir müssen Sie dem Fahrzeughalter gegenüberstellen.« In diesem Augenblick rollte ein

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