Der Babylon Code
Dresden die Tiere verjüngt. Und es ist hier wieder passiert. Verstehen Sie das?«
Sie nickte.
»Ich nicht.«
Thornten sah Jasmin ernst an.
»Ich sehe nur: Es funktioniert. Die Lebererkrankung wird Mattias umbringen. Es gibt keine Rettung. Ihre Schwester hat doch schon alles versucht. Außer…«
»Was wollen Sie?«, rief Jasmin erregt.
»Den Jungen retten!« Thornten funkelte sie an. »Die Ergebnisse sind eindeutig.« Er war mit seinem Mund dicht an ihrem Ohr. »Überzeugen Sie Ihre Schwester, Mattias diese Gensequenz zu injizieren – und der Junge wird leben! Schauen Sie, wie quicklebendig diese uralten Mäuse wieder sind.«
Wie betäubt starrte sie auf den Bildschirm und die herumtollenden Mäuse.
»Sie wollen dieses Chromosom an Mattias ausprobieren, ohne zu wissen, was passieren wird?«
»Nein.« Thornten schüttelte energisch den Kopf. »Wir kennen das Ergebnis! Schauen Sie richtig hin. Sie kennen sich doch damit aus. Sie sind Waynes rechte Hand. Das, was Sie vor sich sehen, ist ein Tierversuch. Ein erfolgreicher Tierversuch.«
»Sie wissen selbst, dass der Versuch noch gar nichts besagt«, hielt Jasmin dagegen. »Eine Maus ist kein menschenähnliches Tier! Was bringt Ihnen die Eile? Warum erfolgen keine weiteren Tests? Mattias wird nicht morgen sterben. Warum starten Sie keine weiteren Untersuchungen zu dem, was auf diesem Chromosom an Genen steckt? Sie wissen nichts über die Wirkungsweise, Sie sehen ein Ergebnis, das in einer anderen Konstellation ganz anders aussehen kann. Was Sie vorhaben, ist verantwortungslos!« Jasmin keuchte vor Erregung und ballte die Hände zu Fäusten.
»Wir sind doch keine Anfänger.« Thornten verzog beleidigt das Gesicht. »Wie wenig Vertrauen haben Sie in unsere Fähigkeiten? Sie sind eine von uns! Und unsere Labors sind Weltspitze. Das wissen Sie! Glauben Sie, wir würden Ihnen unsere Hilfe anbieten, wenn Mattias dabei Schaden nehmen könnte? Wofür halten Sie mich?« Seine Augen funkelten. »Wenn ein Tierversuch so eindeutig erfolgreich ist, dann muss man auch mit ähnlichen Erfolgen beim Menschen rechnen. Es ist Mattias’ Chance! Begreifen Sie das denn nicht?«
»Was gibt Ihnen die Sicherheit und das Recht, so selbstgefällig zu sein? Ich habe geglaubt, wir würden eine Verantwortung für das tragen, was wir tun. Bisher habe ich immer in der Überzeugung gelebt, dass das nicht passieren kann, was Sie vorschlagen…« Jasmin zitterte am ganzen Körper. »Leben wir wirklich in einer Zeit, in der das, was Sie da vorhaben, möglich ist?«
»Wie selbstgerecht sind denn Sie?« Thornten beugte sich vor. »Sie unterstellen uns unlautere Absichten, wo wir helfen wollen. Wir glauben an unsere Berufung und das, was wir erforschen. Was genau soll denn schiefgehen? Die Mäuse sind nicht daran gestorben! Sie leben! Mit jungen Körpern! Es ist faszinierend. Alle Zellen sind von dem Regenerationsprozess betroffen. Und hier…« Thornten zeigte auf den Bildschirm. »Im rechten Käfig sind hiesige Mäuse. Wann sind die gespritzt worden?« Thornten drehte den Kopf halb in den Raum.
»Sonntagabend«, sagte Snider.
»Sehen Sie, gut zwei Tage, und die Tiere sind nicht wiederzuerkennen. Stellen Sie sich vor, Sie könnten das in zwei Tagen von Mattias sagen. Sie wissen doch, wie schlecht es ihm geht und wie sehr er leidet!«
Jasmin starrte auf den Bildschirm und nagte an der Unterlippe. Plötzlich überkamen sie die Bilder der Verzweiflung aus der Vergangenheit, die Hoffnung auf eine Rettung von Mattias,
dann erneute Verzweiflung. Steckte in Thorntens Argumentation vielleicht doch eine Wahrheit, die sie einfach nicht erkannte?
»Wo ist Anna?«, wollte sie wissen.
»Bei ihrem Sohn. Sie wacht bei ihm. Es geht ihm von Tag zu Tag schlechter.« Thornten betonte jede Silbe.
»Was sagt sie zu dem Vorschlag?«
»Nun, sie weigert sich, die Zustimmung zu geben.«
»Dann wird sie ihre Gründe haben«, sagte Jasmin, sichtlich erleichtert nach den Zweifeln, die sie soeben überfallen hatten. »Sie ist die Erziehungsberechtigte. Sie entscheidet das.«
»Aber sie überblickt nicht, welche Chance sich durch die neue Entdeckung auftut.«
»Ich auch nicht. Ich bin Waynes wissenschaftliche Assistentin, kein Experte. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass das viel zu schnell geht.«
»Aber Sie verstehen viel mehr davon, Sie können die Chancen viel besser abschätzen. Überzeugen Sie Ihre Schwester. Bitte!«, flehte Hank Thornten. »Bedenken Sie: Ohne Therapie wird Mattias sterben, mit
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