Der Babylon Code
in der Gegend herum.«
»Ich will zu Jasmin Persson. Sie hat mich von hier aus angerufen. Sie meint, sie sei in Gefahr. Und ich bin ein Freund von ihr.«
»Soso!« Die Stimme war voller Spott. »Ihr Name?«
»Chris Zarrenthin.«
Sullivan schwieg eine Weile, dann nickte er.
»Kommen Sie. Ich glaube, Sie werden tatsächlich erwartet. Aber Ihre Waffe stecken Sie wieder weg.«
Chris folgte Sullivan, der schweigend die Treppen hinaufstieg, ihn durch lange Flure führte und dann eine Tür öffnete.
Jasmins Gesicht war voller Röte und einfach wunderschön.
Sein Puls trommelte, und die Halsschlagader pochte gegen die Haut. Kaskaden von Glücksgefühlen tosten durch seine Adern, spülten alle Anspannungen und Zweifel weg.
»Jasmin…« In seinen Ohren krächzte ein alter Rabe. Verdammt, warum sah sie nicht zu ihm?
Jasmins Augen hingen an den Lippen des neben ihr sitzenden Mannes, und ihre geballten Fäuste lagen fest auf dem Tisch.
Offensichtlich bin ich gerade zur rechten Zeit gekommen, dachte Chris. Jasmins Röte verriet ihre Aufregung.
Er riss sich von ihrem Anblick los und ließ schnell den Blick über die anderen Personen im Raum gleiten. Wayne starrte ihn erstaunt an. Chris’ Blick wanderte weiter. Mittelpunkt der Runde war eindeutig der Mann neben Jasmin.
»Wir haben Besuch!«, sagte Sullivan laut, und alle Köpfe drehten sich ihnen zu.
Jasmins Gesichtsausdruck verdüsterte sich noch mehr. Ihre Augen verschossen ein ganzes Bündel Pfeile mit glühenden Spitzen.
»Da haben Sie den Mann, der Ihnen alle Fragen beantworten kann. Diesem Mann haben wir die Knochenprobe zu verdanken.« Jasmin sprang auf und stürmte auf Chris zu.
»Jasmin, wie sehr habe…« Chris öffnete freudig die Arme.
Sie stand mit bebenden Lippen vor ihm.
Ihre Ohrfeige trieb ihm die Tränen in die Augen.
Jacques Dufour schrak beim Klingeln des Handys zusammen, obwohl er auf den Anruf wartete.
»Gut, dass du dein Versprechen gehalten hast. Du bist doch im Labor?« Die Stimme von Pater Hieronymus klang kräftig und entschlossen.
»Ja.«
»Hast du getan, was wir besprochen haben?«
Jacques Dufour zögerte. Inzwischen waren die Zweifel über ihn hergefallen wie Hyänen über Aas.
»Nein.«
»Du musst Gott vertrauen!« Hieronymus’ Stimme drängte, ließ keinen Zweifel zu. »Beweise dein Vertrauen in Gott! Wirst du die Prüfung annehmen?«
»Ich kann nicht. Ich… ich bin Wissenschaftler.« Dufours Mund war mit einem Schlag trocken wie die Wüste.
»Du kannst es. Und du musst es. ER bittet dich darum.«
»Wie kannst du so sicher sein?«
»Ich weiß es. Vertraue! Vertraue Gott. Vertraue mir.«
»Wann wirst du hier sein?«
»Bald. Aber du darfst nicht warten. Es sollte längst geschehen sein. Tu es!«
»Hieronymus, lass mich nicht allein. Ich weiß nicht mehr, was richtig ist. Ich… ich werde warten, bis du da bist.«
»Nein! Es muss schnell, es muss
jetzt
geschehen.«
Dufour schwieg.
»Ich kann das nicht…«
Jacques Dufour stand auf. Seine Knochen schmerzten und waren zentnerschwer. Seit dem Tod von Mike Gelfort schwanden seine Körperreserven wie Schnee in der Sonne. Er schüttelte verzweifelt den Kopf. Hieronymus verlangte zu viel von ihm. Was er auch tat - er würde zum Verräter werden.
Dufour begann zu zittern. Seine Oberschenkelmuskeln zuckten, und er starrte ungläubig auf die Nervenreizung, die selbst durch den Stoff der Hose zu sehen war.
»Es ist Gottes Wille!« Mit seiner klaren, unnachgiebigen Stimme zertrümmerte der Mönch Dufours Widerstand immer mehr. Hieronymus schwieg einen Moment, ehe er mit sanfter, aber fester Stimme weitersprach. »Durch Gottes Gnade sind wir, was wir sind. Du - und auch ich. Jacques Dufour, denke immer daran, was Gott für die Menschen bestimmt hat. Für dich und mich.
›Ich bin nicht gekommen, meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat.‹
So sprach Jesus der Herr. Und diesen Gehorsam fordert der heilige Benedikt in seinen Regeln auch von uns Mönchen. Du glaubst an Gott, also folge auch du seinem Willen. Niemand kann Gottes Prüfung entgehen. Auch ich bin geflohen, und doch lenkt Gott die Dinge so, dass ich nicht entkommen kann. Du bist jetzt Gottes Werkzeug, dein Handeln ist sein Wille. Begreife, Jacques Dufour, ER hat dich auserwählt. Gehorche! Diese Prüfung ist dir auferlegt.«
Dufour ließ erschöpft den Hörer sinken. Er wusste nicht, was richtig war, aber Hieronymus. Dankbar klammerte sich Dufour an dessen unerschütterliches Vertrauen.
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