Der Babylon Code
Sophia Antipolis, passierten die Autobahnauffahrt und fuhren Richtung Cannes.
Jasmin und Anna saßen im Heck des Transporters. Anna war in ein brütendes Schweigen verfallen, seit Dufour ihre Hoffnung in die Testreihe so endgültig zertrümmert hatte.
»Was haben Sie mit dem Mönch zu tun? Diesem Hieronymus?«, fragte Chris den Wissenschaftler, der auf dem Beifahrersitz hockte und ihm immer wieder den Weg wies.
Dufour schwieg lange. »Ich kenne ihn aus meiner Jugend. Er war mein Beichtvater«, sagte er endlich.
»Er sagte, Gott hätte Sie auserwählt, seinen Willen umzusetzen. Eine schwere Prüfung. War die Vernichtung der Proben diese Prüfung?«
Dufour schwieg wieder. Endlich räusperte sich der Wissenschaftler verlegen.
»Hieronymus hat das gesagt, ja. Ich war bei ihm, nachdem diese Monsterfrau die Idee hatte, die Wirkung des Chromosoms an dem Jungen auszuprobieren.«
»Sie haben Skrupel?«
»Ich bin Wissenschaftler und Arzt, kein Hasardeur. Ich achte das Leben.«
»Sie? Sie haben zwei Menschen getötet!«
»Das war ein Unfall! Ich war verzweifelt und habe mich gewehrt! Ich weiß nicht mehr, was richtig ist. Hieronymus wollte, dass ich die Proben vernichte! Ich zweifle an allem, was mir bisher richtig erschien… Das kann mir niemand anlasten!«, schrie Dufour. Er drosch mit der Faust gegen die Seitenscheibe. Dann wurde er still.
»Sie macht der Tote in der anderen Testreihe so fertig, dass Sie ausgerechnet bei dieser wissenschaftlichen Sensation kalte Füße haben? Worum ging es dabei?« Chris sah immer wieder in die Außenspiegel, hielt nach Verfolgern Ausschau.
»Ein neuer klinischer Ansatz bei Leberschäden. Schon lange in der Diskussion. Unsere Tests waren nicht die ersten, aber wir hatten einen besonderen Ansatz.«
»Das ist alles?«, provozierte ihn Chris. »Es ging nicht alles mit rechten Dingen zu – stimmt’s?«
Dufour zögerte mit der Antwort.
»Wir haben es vorher an Mäusen getestet«, sagte er dann doch. »Das übliche Verfahren. Mäuse sind die bevorzugten Testobjekte in Laboren.«
»Was ist schiefgegangen?«
»Unsere Mäuse sind gestorben. Lange nach den Tests. Wir haben einfach unterstellt, dass es nichts mit der Testreihe zu tun hatte… «
»Und als dann dieser junge Mann starb…«
»Ich frage mich Tag und Nacht, wie es dazu kommen konnte. Ich kenne die Ursache für den Tod von Mike Gelfort bis heute nicht und…«
»Und Sie wollen nicht noch einmal schuldig werden. Ich verstehe.« Chris starrte immer wieder kurz zu Dufour hinüber, der nervös an seinen Fingernägeln kaute. »Was treibt diesen Mönch?«
Dufour dachte an die hysterische Reaktion von Hieronymus in der Kirche. Er sah ihn auf dem Boden, wie er auf das Kreuz zurobbte, schrie, weinte und um Erlass der Prüfung bettelte. Und dann hatte er ihm die Prüfung aufgeladen.
»Mir kam es so vor, als wisse er um das, was in den Knochenproben gefunden wurde.«
»Wie das?«
»Ich weiß es nicht. Er stellte mir Fragen und drehte bei meinen Antworten fast durch. Und er fragte mich nach Namen.«
»Was meinen Sie?«
Dufour überlegte.
»Er fragte mich, ob ein Mann…«
»Marvin. Henry Marvin.« Chris kam der Name von ganz allein über die Lippen.
Dufour krallte die Finger in Chris’ rechten Arm.
»Genau das ist der Name, nach dem Hieronymus fragte!«
Chris lachte höhnisch auf.
»Der Kreis schließt sich. Jacques Dufour, wo können wir ein paar Stunden verschnaufen? Ich muss planen, vorbereiten.«
»Sie wollen wirklich weiterkämpfen? Allein, ohne Hilfe – gegen diese Übermacht?«
»Ich muss. Und vielleicht hilft es Ihnen auch… Wo?«
»Ich wohne in Valbonne, das ist der Ort gleich neben dem Forschungsgebiet.«
»Zu nah. Da suchen sie zuerst.«
Dufour überlegte.
»Das Haus meiner Eltern in meinem Heimatort steht leer…«
»Wo ist das?«
»In Collobrières. Knapp zwei Stunden von hier. Je nachdem, wie man fährt. Ein kleiner Ort im Massif des Maures.«
»Gibt es größere Städte in der Nähe? Mit einem Flughafen?«
»Toulon ist nicht weit. Marseille ist etwas weiter.«
»Wie kommen wir dorthin?«
»Wir müssen nach Süden. Wir kehren am besten um, fahren über die Autobahn bis zur Abfahrt…«
»Nein.« Chris schüttelte den Kopf. »Die Autobahn ist zwar schnell, aber man kommt so schlecht wieder runter. Überall Leitplanken, an den Ausfahrten Mautstellen mit Sperranlagen. Da ist die Küstenstraße doch ein wahres Paradies. Ständig Abzweigungen, Feldwege, Ausweichmöglichkeiten, Verstecke… Wo
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