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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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oder gleichgültig, den verschmutzten Mantel, die müden Schritte, man sieht gleich, dass einer nichts zu tun hat und nicht weiß, wohin, es ist, als hätte man das Gesicht verloren, hätte einen bösen Ausschlag und wollte trotzdem ins Wasser. Die anderen ekeln sich. Im Schwimmbad hat so einer nichts verloren. Die Leute machen einen Bogen, tun so, als wäre man nicht da, und wenn man auf einer Bank sitzt, dann setzt sich keiner neben einen, als hätte man den Aussatz, hätte sich mit infizierten Wunden ins Schwimmbad eingeschlichen, mit Hautausschlägen oder ungewaschen, was streng verboten ist und nicht geduldet werden kann, ich selbst hatte darauf zu achten.
    Man sitzt ganz still und wartet, achtet nicht auf die Kälte, nicht auf den Schmutz. Ob man Schuld daran hat oder nicht, ist gleichgültig. Sie können mich nicht in einer Wohnung einsperren. Ich bin durch den Flur gelaufen, morgens habe ich mich ans Fenster gestellt, um zu warten, bis es hell wird. Im Winter dauert es lange, man fürchtet, dass es dunkel bleibt, und mit der Morgendämmerung beginnt man schon darauf zu warten, dass Abend wird, dass endlich Zeit zu schlafen ist, und kann nicht schlafen und liegt wach und wartet auf das erste Licht, sieht nur die Fenster, weiß genau, dass man auch morgen nichts sehen wird als Häuserwände und ein Stück Himmel und ein Stück Straße, die Köpfe von Passanten, Autodächer, und endlich möchte man hinunterlaufen und irgendeinen, der vorbeikommt, nach dem eigenen Namen fragen, weil man ihn selbst schon fast vergessen hat. Selbst die Toten haben einen Namen, dachte ich und erschrak, weil meine Mutter als anonyme Urne bestattet war.

    Die Läden waren zu, die Straßen leer, ich hatte vergessen, dass Dezember war und Weihnachten, habe die Feiertage auch nie gemocht, musste an diesen Tagen zu Hause bleiben, weil sie das Schwimmbad schlossen, die bunten Lichter hatte ich zwar bemerkt, aber nicht beachtet, und nur ganz früher, als mein Vater noch lebte, haben wir Weihnachten gefeiert, dann nicht mehr. Vor etwa fünfzehn Jahren, in dem Jahr, in dem ich Cremer und seine Tochter Tanja kennenlernte, ging ich am Feiertag hinaus, weil sie mich eingeladen hatten. Für Tanja hatte ich einen Teddybären gekauft. Drei Jahre später war Tanja tot, und Cremer hielt den Kiosk eine ganze Woche lang geschlossen, als wäre er in Ferien gefahren.
    Seit ich Cremer nicht mehr sehe, ruft keiner mich beim Namen. Guten Morgen, Hugo, hat Cremer jeden Morgen zu mir gesagt und hat mich Hugo genannt, weil Tanja mich so rief.
    Dass ich zu Cremer gehen würde, dachte ich am dritten Tag, der Kiosk müsste wieder offen sein, ich würde hinausgehen und nicht weiter als zu Cremer, würde nicht den ganzen Tag herumlaufen, die Straßenschuhe waren kaputt, die rechte Sohle löste sich vom Schuh, die Absätze waren abgelaufen, dass ich zum Schuster gehen muss, dachte ich, dass Cremer mir helfen würde. Man will irgendetwas tun und weiß, dass es vergeblich ist. Ich würde nicht wieder tagelang durch die Straßen laufen, man kann das nicht von mir verlangen, und auch nicht, dass ich in der Wohnung bleibe, ich war niemals krankgeschrieben. Dass ich zu Cremer gehen wollte, dachte ich und wollte mich zuvor noch kämmen, und als ich mein Gesicht sah, dachte ich, nicht einmal Cremer würde mich erkennen.

    Früher habe ich abends gegessen, was meine Mutter mittags gekocht hat. Auf dem Herd stand ein Topf, und ich habe mir das Essen aufgewärmt, bevor ich zu Bett gegangen bin, und wenn sie nichts gekocht hatte, aß ich Brot und Käse, und jeden Morgen holte ich bei Cremer zwei belegte Brötchen, die ich mittags im Schwimmbad aß, wenn möglich in der kleinen Ecke der Auskleidekabine der Männer, die für den Bademeister abgeteilt war und in der ich meine Kleider tagsüber aufbewahrte, denn neben dem Wasserbecken soll man nichts essen, damit keine Krümel hineinfallen, und Badegästen ist es streng verboten, Esswaren mitzubringen.
    Das Gesicht im Spiegel wollte ich nicht sehen. An der Wand des Gangs zwischen Eingangs- und Schwimmhalle ist ein Spiegel angebracht, täglich bin ich daran vorbeigegangen, ich habe bemerkt, dass ich älter werde, habe nicht viel anders ausgesehen als zuvor, ein schmales Gesicht und starke Augenbrauen, so dunkel wie das Haar, und wenn ich ernst wirkte, war das nur von Vorteil, denn die Badegäste sollten meinen Anweisungen folgen. Mit meinem Gesicht habe ich mich nie aufgehalten, und war ich auch nie besonders kräftig, so zweifelte

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