Der Bademeister: Roman (German Edition)
anbringen, und am Seiteneingang lasse ich den Schlüssel stecken, damit niemand von draußen aufschließt.
Ich weiß, dass ich es nicht verhindern könnte, wenn man beschließen würde, die Türen mit Gewalt zu öffnen, so wie ich auch den Abriss nicht verhindern kann, aber bis das geschieht, kommt keiner hier herein.
Bevor der zweite Placken aus der Wand brach, hatte ich nicht daran gedacht, dass mich einer hören könnte. Ich habe nichts gesagt. Dass man nicht mit sich selbst spricht, hat mir mein Vater eingebläut. Ich wäre nicht normal. Hört mich hier einer?
Die Halle geräumt, auch die Tribüne, darunter die Löwenfratzen stumm, gelbliche Farbe, die sich von der Wand schält, die Stangen um das Becken und an der Treppe sind grün angelaufen, die Blumen an den Pfeilern blass, und man kann sich kaum noch vorstellen, dass hier täglich Menschen waren, um zu schwimmen, sich ausgezogen haben, ins Wasser sprangen, alles ist so still, dass man noch immer Schritte hört, die leisen Schritte bloßer Füße.
Ich habe meine Schuhe ausgezogen, die Strümpfe auch, bin barfuß um das Becken gelaufen über den kalten Boden, und andere schienen mir nachzufolgen, eine lange Reihe, in Badehosen, Bademänteln oder auch nackt, die Alten nackt, die Toten, und ich an ihrer Spitze.
Gestank von Verwesung drang aus dem Heizungskeller und breitete sich durch den Gang bis in die Schwimmhalle aus. Er hat sich nicht verflüchtigt.
Ich spüre den Geruch noch immer. Manchmal denke ich, sie warten schon, sie sitzen oben auf der Galerie, sie lehnen im Gang, der in die Eingangshalle führt, sie gehen in den Auskleidekabinen hin und her, es werden immer mehr, es ist, als ginge man durch eine Menschenmenge, ohne etwas zu hören. Ich weiß nicht, ob sie auf meiner Seite sind. Lange werde ich nicht mehr warten. Es ist genug; ich weiß noch keine Lösung, aber bald werde ich sie finden.
Täglich habe ich gesehen, wie schnell die Körper müde werden und dass sie nicht zur Ruhe kommen.
Von mir werden Sie nichts hören, was sich verwenden lässt.
Es sind jetzt schon ein paar Tage, dass ich nicht mehr hinausgegangen bin. Die Wohnung ist versiegelt, und vielleicht sucht man mich, vielleicht liegt eine Suchanzeige vor, und wenn jemand mich sieht, muss er es melden. Ich gehe nicht mehr hinaus.
Wie lange ich so dagestanden habe, weiß ich nicht. Der Gestank und die Kälte bereiteten mir Übelkeit, ich war müde.
Die eine Bank hat Frau Karpfe mitgenommen. Ich habe nicht gewagt, die Eingangshalle zu betreten, und bis heute habe ich ihr Büro gemieden.
Schließlich ging ich wieder in den Keller. Ich habe mich vor dem Gestank gefürchtet. Es waren nur die Fische.
Mit Fischen kenne ich mich nicht aus.
Ich wusste nicht, was tun, dachte daran hinauszugehen, alles zu lassen, wie es war, die Kälte und das leere Becken, darin der Fisch, die Halle, die unheimlich war, zusammenstürzen könnte und mich unter sich begraben, es wusste keiner, wo ich bin, niemand würde nach mir suchen. Die Kacheln im Becken waren grau. Das Wasser fehlt, und an der Luft, in der Kälte ziehen die Kacheln sich zusammen, bis sie springen. Ich wollte das nicht hören. Da ging ich m den Keller.
Schließlich habe ich mich zurechtgefunden: vor den großen Kesseln der Tisch, darauf das Aquarium mit den Fischen, die noch lebten, im Werkzeugraum die kleinen toten Fische. Die großen Kessel, der Vorratsraum für Kohle, eine Schubkarre, eine Schaufel, das alles so, als wäre der Heizer gerade erst gegangen, käme wohl gleich zurück, nur der Gestank bewies, dass wochenlang niemand hier gewesen war.
Oben auf dem Wasser trieben die toten Fische, schon halb verwest, das Wasser trübe, schaumig; ich ekelte mich, die Hand hineinzustecken, musste als Erstes die Fische daraus entfernen, suchte ein Gefäß und fand ein leeres Glas, dann suchte ich nach einer Tüte, fand keine, nahm eine Plastikbadetasche aus dem Schrank für Fundsachen, fünf Fischleichen und Kies und Plastikpflanzen, rollte die Badetasche fest zusammen und legte sie an die Tür zum Gang, der hinausführt. Neben der Kammer mit der Pritsche und dem Schrank ist das kleine Bad, dorthin schleppte ich das Aquarium, wollte das Wasser in der Dusche ausleeren, doch das Aquarium, das schwerer war, als ich gedacht hatte, fiel mir aus den Händen und zerschellte.
Das stinkende Wasser stand in einer Pfütze auf dem Boden, dazwischen Scherben, Splitter, ich habe mich daran geschnitten. Wie ich das Blut stillen sollte, wusste ich
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