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Der Bademeister: Roman (German Edition)

Der Bademeister: Roman (German Edition)

Titel: Der Bademeister: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hacker
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Globus flackert. Schwaches Licht, Zwielicht dringt durch die Milchglasscheiben, der Himmel zugezogen, ein schwerer, dunkler Morgen, als wäre es zu Ende mit den Tagen. Und sicher ist es kalt. Kalt ist es, denn noch ist Winter, noch immer Winter. Der Winter hört nicht auf. Wenn es wärmer würde, ließe der Schaden sich begrenzen. Die Feuchtigkeit zieht in die Wände, sie fangen an zu schimmeln. Das Volksbad gehört geschlossen, weil es verfällt, haben sie gesagt. Sie lassen es verfallen. Von Anfang an war das geplant.

    Ein Placken Putz ist aus der Wand gefallen, und, wie beim ersten Mal, gerade über einem Pfeiler. Das hat meinen Verdacht geweckt. Dass einer mir gefolgt sein könnte, argwöhnte ich, dass einer mich beobachtet, belauscht. Kein Zufall, dass nicht ich in der Halle war, als es zum ersten Mal passierte, sondern der Hausmeister, der rasch Schaufel und Besen holte, die groben Brocken aufkehrte, bevor er nach den anderen rief. Er hatte etwas zu verbergen. Ich war im Heizungskeller gewesen, die Schwimmhalle leer. Er hatte den Zeitpunkt abgepasst. Vielleicht wollte er die Mikrophone verbergen. Die Schließung des ganzen Volksbades hat das überflüssig gemacht.
    Als ein zweiter Placken aus der Wand herausbrach, schöpfte ich Verdacht. Über den Pfeilern ist die Wand verfärbt. Ich werde beobachtet, belauscht. Wer weiß, was in der Wand, unter dem Putz verborgen ist. Zwischen dem rostigen Gestänge konnte ich ein Gewirr schwarzer Drähte erkennen. Die Mauern wären aus Stein oder aus Ziegeln, hatte ich geglaubt, das Volksbad ein Gebäude, das keinen Schaden leidet, und wer dort ein und aus geht, wer der Verwalter, Hausmeister, der Bademeister ist, das bleibt sich gleich. Doch war das nichts als Täuschung, die schweren Bögen wie in einer Kirche, das Gewölbe, die hohe Tonne, in der die Stimmen widerhallen. Aber es ist nur Gestänge, Mörtel, darüber Putz, und es ist leicht, dort Mikrophone zu verstecken. Sie waren mir nie wohlgesonnen, der Hausmeister nicht und nicht Frau Karpfe, die anderen haben nichts dazu gesagt, doch manchmal hörte ich, was sie hinter meinem Rücken redeten: Einer, der bei seiner Mutter lebt und freiwillig für zwei arbeitet, zurückgeblieben, sagten sie, ein Dummkopf, ein Verrückter. Ich habe nichts dazu gesagt, habe nie viel gesprochen. Vor Jahren kamen zwei, wollten, dass ich darauf achte, was die Badegäste reden, dass ich sie belausche, ich sollte ihnen zutragen, wer sie sind und wie sie heißen. Ich habe nie viel gesprochen und habe keinem zugehört, ich kannte die Badegäste nicht, wusste nicht ihre Namen. Darauf habe ich sorgfältig geachtet, und nur wenn einer um Hilfe rief, habe ich es gehört. Ich habe nichts in Erfahrung gebracht, nicht über die Badegäste und ebenso wenig über irgendeinen anderen, nicht einmal über meinen Vater. Er hat sich selber aufgehängt. Was auch immer ich hätte sagen können, hätte die Entscheidung nicht beeinflusst. Die Entscheidungen sind schon gefallen. Seien Sie froh, dass wir Sie überhaupt etwas lernen lassen. Ich habe nie viel gesprochen, war erst der Gehilfe des Bademeisters, dann war ich selbst der Bademeister, das ist alles. Es war nicht nötig, dass ich eine Entscheidung treffe, man hat mich nicht gefragt, und später habe ich nichts gesagt. Keiner ist ertrunken.

    Ich bin hierher zurückgekehrt. Auch wenn das unrechtmäßig war, so kann von Einbruch nicht die Rede sein. Den Schlüssel hat der Hausmeister mir gegeben. Seit mehreren Wochen bin ich hier. Erst als vor einer Woche ein zweiter Placken Putz aus der Wand fiel, war mein Verdacht geweckt. Was wollen Sie von mir hören? Schon früher hat man versucht, mich auszuhorchen. Er ist ein Spitzel, hat Klaus gesagt und auf den Hausmeister gedeutet. Ich glaube manchmal, ihn zu sehen, er geht sehr leise und ein wenig hastig, er hat ein rötliches Gesicht, und über seiner breiten Nase sieht man die kleinen blauen Augen kaum. Wenn Frau Karpfe mich zu sich rief, richtete sie das Licht der Schreibtischlampe auf mein Gesicht. Ich habe weggeschaut, hatte niemals etwas zu verbergen, und wenn man mir folgt und mich belauscht, wird man nichts finden, was gegen mich vorzubringen ist.
    Die Fische habe ich gerettet, ich habe den Gestank der toten Fische beseitigt und verhindert, dass die Wasserrohre platzen. Leicht hätte es eine Überschwemmung geben können, bis auf die Straße wäre Wasser gedrungen, das ganze Becken überflutet, der Keller und die engen Gänge, die Schwimmhalle und

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