Der Bademeister: Roman (German Edition)
lange dunkel.
Ich vermeide es, Licht in der Halle anzumachen, schalte nie mehr als die Notbeleuchtung ein; man könnte es sehen, wer aufmerksam ist, kann es von draußen sehen.
Das blaue Licht der Globen dagegen wird mich nicht verraten, und manchmal nehme ich im Keller einen Globus und halte ihn wie eine Leuchte, wenn ich vom Werkzeugraum in die kleine Kammer gehe. Wäre die Schnur nicht zu kurz, dann könnte ich ihn durch den Gang vor mir hertragen, es ist das Licht, das jetzt hierhergehört.
Als die Globen vor den Feuerkesseln auf dem Tisch standen, alle vier nebeneinander, war der ganze Heizraum sichtbar, aber jetzt sind zwei Globen verloschen. Gestern Abend huschte eine Maus über den Tisch, am Aquarium vorbei, zwischen den hölzernen Sockeln hindurch, richtete sich auf, schnupperte an einer der blauen Kugeln, lief weiter, richtete sie wieder auf, es schien, als wollte sie auf den Erdball klettern, ihre Pfoten erreichten Paraguay oder Argentinien, darunter ist das Feuerland, und die Heizkessel sind vier Meter hoch, hinter der Maus und den Globen stand eine Ofenklappe offen, und ich sah die Flammen, ihr rötliches Licht, davor das blaue Licht der Globen, zwei sind verloschen, ein dritter flackert. Die Mäuse vermehren sich, auch Ratten habe ich schon gesehen.
Wäre nicht die Elektroschnur, könnte man einen Globus tragen wie eine Leuchte, mit beiden Händen um den Holzsockel fassen, auf dem der Metallbogen die Glaskugel hält, denn der Gang hinauf zum Schwimmbad ist sehr dunkel nachts, selbst am Tag sehe ich fast nichts bis zu den Treppen, die in die Schwimmhalle münden. Erst am Fuß der Treppen sieht man Licht schimmern, dazwischen ist es so dunkel wie tief unter der Erde, so tief, als könnte keine Treppe jemals herausführen.
Man sieht nichts mehr.
Die Leute laufen ziellos hin und her, als würden sie den Eingang nicht mehr finden. Als man das Volksbad schloss, haben sie nichts gesagt, einige sogar dazu beigetragen: die Wände, das Becken nicht gut genug, das Wasser trübe, das ganze Bad veraltet, und gerne hat der Hausmeister sie zu Frau Karpfe ins Büro geführt, damit sie ihre Beschwerde vorbringen konnten, damit Frau Karpfe Gründe fand, kein neues Chlor und Flockungsmittel zu bestellen, und als die Beauftragten von der Bäderverwaltung kamen, war das Wasser nicht in allerbestem Zustand. Sie haben es so gewollt, die anderen dazu geschwiegen, so wie ich auch. Jetzt laufen sie im Dunkeln durch die Gänge und die Halle, laufen durchs leere Becken, es werden immer mehr, und wenn ich im Keller liege, höre ich ihre Schritte, ihren Atem, und ohne das Licht der Globen wäre es unheimlich.
Ich habe die Globen immer wieder anders angeordnet. Wenn man verhindern will, dass der Kohlenstaub die Farben und das Glas dunkler erscheinen lässt, sie schließlich zum Verschwinden bringt, muss man die Oberfläche jeden Tag mit einem trockenen oder einem feuchten Lappen säubern. Die vier Globen habe ich erst zu einem Quadrat, später in einer Reihe angeordnet. Eine Entscheidung gibt es letztendlich nicht. Eine richtige Entscheidung müsste endgültig sein, so dass es künftig nicht in Frage käme, den vier Globen eine andere Anordnung zu geben. Zuerst hatten sie auf dem Tisch im Werkzeugraum ihren Platz, nun stehen sie im Heizraum vor den Kesseln. Die Verlängerungsschnur führt durch den Werkzeugraum hindurch bis zu dem Tisch, auf dem auch das Aquarium steht. Täglich muss man sie abwischen, mit einem trockenen oder feuchten Lappen, und vielleicht rühren die weißen Lichtpunkte daher, Punkte, die sich durch das Meer oder einen Kontinent hindurchbohren, als wäre das Erdinnere von Würmern befallen, die sich ihren Gang bis an die Oberfläche bahnen.
Täglich wische ich die Globen ab, und manchmal trage ich sie aus dem Heizraum in den Werkzeugraum oder in die kleine Kammer; dann bücke ich mich und lege die Verlängerungsschnur dahin, wo sie liegen muss. Vielleicht wäre das Schwimmbecken für die Globen, die zu zwei Dritteln aus Wasser bestehen, der beste Platz. Aber im Wasser gäbe es einen Kurzschluss, und die Globen trieben wie tote, blau gefärbte Köpfe auf der Wasseroberfläche.
Ich verbringe viel Zeit im Keller. Von Zeit zu Zeit stelle ich mir vor, dass ich der Heizer bin, entweder Klaus oder ein anderer Heizer, dass ich nichts anderes zu tun habe, als Kohle in die Öfen zu schaufeln, Kohle aus dem Vorratsraum in den Hauptkeller zu schaffen. Im Keller gibt es immer etwas zu tun, es ist der wärmste Platz.
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