Der Bär
sprechen.«
»Zu denen gehe ich, wenn ich das will.« Er machte mich langsam sauer.
»Vom ärztlichen Standpunkt aus ... «
»Sie stempeln mich hier zum Schläger und wollen mir überdies noch Vorträge halten. Sind Sie heute schlecht gelaunt? Haben Sie irgendeinen Krach mit Ihrem Kantinenkoch? Schicken Sie mir die Rechnung.« Damit verließ ich das Sprechzimmer. Erst dann fiel mir auf, dass ich auf Strümpfen herumlief. In der Umkleidekabine vom Röntgenraum, wo ich sie vermutete, stand eine spindeldürre, splitterfasernackte Achtzehnjährige, die entsetzt aufschrie, als ich meine Schuhe erobern wollte, die zu ihren Füßen standen.
»Bitte, schieben Sie die Schuhe durch die Tür«, sagte ich dumpf.
»Also, so was!«, sagte sie empört. Aber meine Schuhe bekam ich trotzdem.
Der Pförtner, der eine Nonne war, rief mir ein Taxi, und ich ließ mich zu meinem Auto bringen, das immer noch vor Schmitzens Haus stand und eine Gluthölle war. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt von Gerolstein und Umgebung gründlich die Nase voll. Also rauschte ich mit Vollgas über Pelm, Essingen und Dockweiler nach Hause. Ich wollte mich hinlegen, an die Decke starren, einschlafen - irgendetwas in dieser Art. Stattdessen empfing mich Emma mit den Worten: »Wieso hast du dich denn auf eine Prügelei eingelassen?«
»Irgendjemand im Ersten Weltkrieg hat mal gesagt, dass das Vaterland niemandem dankt, der seine Knochen hinhält. Ich glaube, das war Erich Maria Remarque in Im Westen nichts Neues. Woher hast du denn deine Informationen?«
»Von den Polizisten. Die riefen hier an und äußerten, du seist wütend gewesen oder irgend so etwas. Rodenstock hat sich richtig Sorgen gemacht. Also, du brauchst eine Frau. Frauen wirken ausgleichend, besänftigend, sie machen deine Gedanken klarer ... «
»Das hält doch kein Pferd aus. Wo ist denn Rodenstock?«
»Der ist zur Autobahn. Es ist nämlich so, dass Esther eben anrief und sagte, sie hätte leider meinen Wagen eine Böschung runtergefahren. Wie sie das geschafft hat, ist ein Rätsel, das Auto hat einen Totalschaden, aber immerhin kommt sie mit neuen Nachrichten. Das ist ja auch schon mal was.«
Ich starrte sie an und musste lachen. Das tat weh. »Ach, du lieber Gott!«
Dann gewann meine gereizte Stimmung Oberhand. »Wie kommst du eigentlich auf die Idee zu glauben, dass ich mich absichtlich in die Walachei begebe, um mich dort zu prügeln? Bin ich ein germanischer Schlägertyp?«
»Ich bin so durcheinander«, sagte sie zittrig.
»Ach, scheiße«, sagte ich wütend und stapfte an ihr vorbei. »Sie haben Ingbert zu Frikassee verarbeitet und wollten mit mir dasselbe machen. Wahrscheinlich wurden sie bezahlt. Du solltest mal mit den Bullen telefonieren und horchen, was die erfahren haben. Ich lege mich erst einmal hin.«
Wahrscheinlich war die Idee zu schlafen einfach verrückt. Ich lag nach einer halben Stunde immer noch wach auf dem Bett, war aufgeregt und konnte meine Gedanken nicht ordnen. Also rief ich Rodenstock auf seinem Handy an. Er meldete sich sofort. »Was ist da los?«
»Der Volvo ist im Eimer, Esther aber wohlauf, wir kommen jetzt heim.«
»Na, das ist doch schon was.«
»Und du hast dich rumgeprügelt?«
»Richtig. Das mache ich jetzt einmal pro Tag, das ist gut für den Kreislauf.«
»Bist du sauer?«, fragte er erstaunt.
»Nicht, dass ich wüsste«, konterte ich. »Ich mache eine Karate-Schule auf und züchte Kampfhamster.«
»Oh weia«, murmelte er nur und unterbrach die Verbindung.
Ich schlich in den Garten, ich hatte echte Probleme, alles tat weh. Plötzlich fiel mir der Schamane ein, und da Emma gerade am Fenster meines Schlafzimmers herumfuhrwerkte, fragte ich nach ihm.
»Rodenstock hat ihm einen Platz im Wittlicher Krankenhaus besorgt«, sagte sie. »Er hat in Daun einen Bus genommen. Ich habe ihm versprochen, dass wir ihn besuchen.«
»Und wer zahlt das?«
»Genau weiß ich das nicht. Irgendein Sozialamt. Nehme ich einmal an. Und Baumeister ...?«
»Ja, bitte?«
»Ich entschuldige mich. Ich war nicht gut drauf, mir geht es irgendwie nicht gut. Wahrscheinlich rausche ich zum siebten Mal ins Klimakterium oder irgend so etwas.«
»Das ist schon okay. Pass auf dich auf. Ich brauche dich noch.«
Ich fütterte meine Goldfische und Koikarpfen und versuchte dann, Paul, Willi und Satchmo das Fischfutter anzudrehen. Sie nahmen es sofort an, sie gierten förmlich danach und strichen mir widerlich geifernd um die Beine.
Dann kam Rodenstock mit Esther auf den Hof
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