Der Bär
besten Montur ins Tal runter und dann auf die Straße zum Gerolsteiner Bahnhof. Das hätte Aufsehen erregt, das ging nicht einfach so. Sie wusste: Wenn ihr Mann sie erwischt, schlägt er sie halbtot und schleppt sie zurück auf den Hof.«
»Da kann ich helfen«, sagte Rodenstock, »muss aber vorher Komplimente verteilen.
Gut recherchiert, Esther, prima nachgedacht, Tessa. Ich habe natürlich in der Zeit, in der Baumeister sich rumprügelte, in den Aufzeichnungen des Medizinalrates Dr. Xaver Manstein gelesen. Ich wollte wissen, wie diese Leute das gedreht haben.
Erinnern wir uns, dass der Stammtisch der angesehensten und wohlhabensten Bürger vorhatte, einen Betriebsausflug nach Hillesheim zu machen. Auf diesem Betriebsausflug wurde erkannt, dass beide Paare, also der Richter Severus Brandscheid und Frau Wesendonker sowie Maria Hansen und der Steuereintreiber Wesendonker, ohne Hilfe nicht aus Gerolstein hinauskommen würden. Wesendonker und die Hansen würden in jedem Fall auf dem Bahnhof gesehen werden - und den gleichen Zug konnten sie unmöglich benutzen.
Teilnehmer dieser Herrenpartie waren: Medizinalrat Dr. Xaver Manstein, der Richter Severus Brandscheid, der Kaufmann Alois Mogge, der Apotheker Toombers, der Sprudelgründer Wilhelm Castendyck, der Steuereintreiber Karl-Heinrich Wesendonker sowie der damals größte Bauer am Ort, ein Mann namens Wilhelm Otto Etten. Es waren also sieben Männer. Sie steuerten die Gastwirtschaft Fasen in Hillesheim an und waren den ganzen Tag unterwegs. Sie entwarfen dabei einen ziemlich raffinierten Plan. Systematisch hatten sie das Gerücht verbreitet, dass Wesendonker ziemlich krank sei und unbedingt zur Kur nach Bad Ems reisen müsse. Frau Wesendonker hatte in jedem Laden der Stadt darüber gejammert, dass sie vier Wochen allein in dem großen Haus sein würde. Niemand konnte sich also überrascht zeigen, wenn Wesendonker abreiste - auf welche Weise auch immer.
Maria Hansen brachte der Stammtisch mit einem ganz einfachen Trick heraus. Sie hatte am Vortag, also am 23. August, bereits ihre schwere, fertig gepackte Tasche unten bei Tutut in dessen Lager gebracht, dazu ihre Reisekleider und Schuhe sowie alle Papiere, die sie benötigte. Sie sollte mittags, ungefähr um zwölf Uhr, in Tututs Lager von dem Bauern Etten aufgenommen werden. Der hatte eine zweispännige Kutsche, der fuhr sie nach Euskirchen. Dort bestieg sie einen Zug, dann ging die Reise über Köln und Aachen weiter nach Amsterdam. Der Kaufmann Mogge hatte ebenfalls eine Kutsche. Die würde Wesendonker zu Hause abholen und dann ebenfalls so schnell wie möglich nach Euskirchen bringen. So war es geplant. Maria Hansen kam gut weg und in Amsterdam an, Wesendonker bekanntlich nicht mehr. Und jetzt Esther, bitte.«
»Also, das wäre geklärt. Maria Hansen kam als Maria Slubik in Amsterdam an. Und es besteht gar kein Zweifel, dass sie einen Pass oder ein passähnliches Papier auf diesen Namen besaß, mit allen notwendigen Stempeln. Wie das gedreht wurde, weiß ich natürlich nicht. Auf jeden Fall tauchte der Familienname Hansen bei ihr überhaupt nicht auf. Ich nehme an, dass ihr Wesendonker über seine Verbindungen zu den höchst einflussreichen Stammtischbrüdern dieses Papier besorgt hat. Solche Leute finden immer einen Weg. Sie musste bei der Reederei ein Passwort, einen Code, angeben. Ohne den hätte sie die Passagekarte nicht bekommen. Das Codewort hieß Rose - sie nannte es und erhielt die Schiffskarte. Sie erreichte den Hafen und ging an Bord ... «
»Moment«, unterbrach Emma, »irgendetwas stimmt da nicht. Ganz zu Anfang ist gesagt worden, dass Tutut am 24. August spätabends erschlagen worden ist. Der Landwirt Berthold Schmitz, der anfänglich von uns verdächtigt wurde, soll vier Tage später mit der Memphis Amsterdam verlassen haben. Und eindeutig wurde gesagt, dass Maria Hansen mit einem späteren Schiff die Passage gemacht hat und nach Berthold Schmitz in der Gegend von Chicago ankam. Richtig?«
»Richtig!«, bestätigte ich. »So ist es gesagt worden.«
»Aber es stimmt nicht!«, trumpfte Esther auf. »Als Berthold Schmitz an seinem Ziel ankam, war Maria Hansen schon da. Das ist ganz eindeutig. Sie fuhr auf einem Schiff namens Mater Maria. Und dieses Schiff kam drei Tage vor der Memphis in New York an, die Unterlagen sind einwandfrei, die Unterschrift von Maria Hansen als Maria Slubik auch. Aber es passierte trotzdem eine große Panne. Ich wage kaum, sie zu schildern. Karl-Heinrich Wesendonker war
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