Der Ball spielende Hund
allerdings nicht aus Chromstahl, nicht aus Gold oder Platin, sondern aus bescheidener Pappe.»
Ich musste lächeln. Poirot ist ungewöhnlich geschickt. Auf meinem Rockaufschlag prangte eine sehr gelungene Nachahmung der Brosche Theresa Arundells – ein Reifen aus Pappe um meine Initialen: A H.
«Nicht wahr, eine schöne Brosche mit Ihren Initialen?»
«Sehr geschmackvoll», sagte ich.
«Zwar schimmert und glänzt sie nicht, aber Sie werden zugeben, dass sie von Weitem deutlich zu sehen wäre?»
«Habe ich nie bezweifelt.»
«Eben. Zweifeln ist nicht Ihre Seite. Schlichter Glaube liegt Ihnen mehr. Und jetzt lassen Sie mich einmal Ihren Rock anziehen! So! Und jetzt betrachten Sie die Brosche mit Ihren Initialen und sagen Sie mir, ob sie mir gut steht!»
Er wandte sich mir zu. Verständnislos sah ich ihn an. Und dann begriff ich.
«Oh, ich Trottel! Natürlich HA – und nicht AH!»
Strahlend sah er mich an und gab mir meinen Rock zurück. «Sehen Sie nun, was an Miss Lawsons Geschichte nicht stimmte? Sie erklärte, dass sie Theresas Initialen auf der Brosche deutlich gesehen habe. Aber sie sah Theresa im Spiegel. Und wenn sie die Initialen überhaupt sah, muss sie sie verkehrt gesehen haben!»
«Vielleicht sah sie sie verkehrt und begriff, dass sie sie verkehrt sah?»
«Mon cher, haben Sie es denn soeben begriffen? Nein! Und dabei sind Sie wahrscheinlich viel intelligenter als Miss Lawson. Wollen Sie mir einreden, dass eine so einfältige Frau, wenn sie mitten in der Nacht wach wird, im Halbschlaf begreift, dass AT eigentlich T A ist? Nein, das passt nicht zu Miss Lawsons geistigen Fähigkeiten.»
«Sie wollte es wahrhaben, dass es Theresa war», sagte ich.
«Das trifft schon eher zu. Sie erinnern sich, ich machte sie darauf aufmerksam, dass sie im Spiegel das Gesicht nicht gesehen haben kann, und sie – was tat sie prompt?»
«Erinnerte sich an Theresas Brosche – und vergaß, dass schon die Tatsache allein, dass sie diese im Spiegel gesehen hat, sie Lügen straft.»
Das Telefon schrillte.
«Ja?», fragte Poirot. «Ja… gewiss. Gern. Am Nachmittag. Sehr gut – um zwei.»
Er legte den Hörer auf und wandte sich lächelnd zu mir. «Doktor Donaldson wünscht mich zu sprechen. Er kommt morgen Nachmittag um zwei. Wir machen Fortschritte, mon ami – Fortschritte!»
26
«Was machen Sie da, Poirot?», fragte ich am nächsten Morgen. Er steckte mehrere beschriebene Blätter in einen Umschlag und versiegelte ihn sorgfältig.
«Ist das ein Rechenschaftsbericht über die Sache Arundell, für den Fall, dass jemand Sie im Laufe des Tages umbringt?»
«Hastings, das ist nicht so ausgeschlossen, wie Sie glauben», antwortete er ernst.
«Wird der Mörder wirklich gefährlich werden?»
«Ein Mörder ist immer gefährlich.»
«Was gibt es sonst Neues?»
«Doktor Tanios rief an. Noch keine Spur von seiner Frau.»
«Poirot, Sie glauben doch nicht, dass sie getötet wurde?»
Unschlüssig schüttelte er den Kopf. «Ich wüsste gern, wo sie ist.»
«Sie wird bestimmt wieder zum Vorschein kommen.»
«Ihr fröhlicher Optimismus ist immer herzerquickend.»
«Himmel, Poirot, Sie erwarten doch nicht ernstlich, dass sie zerstückelt in einem Koffer gefunden wird?»
«Ich finde Doktor Tanios’ Besorgtheit etwas übertrieben – aber lassen wir das! Zunächst muss ich mit Miss Lawson sprechen.»
«Wollen Sie sie auf den kleinen Irrtum mit der Brosche aufmerksam machen?»
«Natürlich nicht. Das behalte ich für mich bis zum richtigen Augenblick.»
Wir wurden in den überfüllten Salon geführt, und gleich darauf erschien Miss Lawson, womöglich noch fahriger als sonst.
«Oh, Monsieur Poirot, guten Morgen! So viel zu tun – leider alles in Unordnung. Aber heute geht alles drunter und drüber! Seit Bella kam – »
«Wie? Was? Bella?»
«Ja, Bella Tanios. Sie kam vor einer halben Stunde samt den Kindern – ganz erschöpft, die Ärmste! Ich weiß nicht, was ich tun soll. Sie ist von ihrem Mann weggelaufen, wissen Sie. Und ganz mit Recht, finde ich.»
«Hat sie sich Ihnen anvertraut?»
«Das gerade nicht. Es ist nichts aus ihr herauszubringen. Sie sagt immerzu, dass sie ihn verlassen hat und dass nichts sie wieder zu ihm zurückführen könnte!»
«Ein folgenschwerer Schritt!»
«Gewiss. Wenn er Engländer wäre, hätte ich ihr geraten – aber er ist eben keiner… Und sie sieht so – so verstört aus! Was kann er ihr getan haben? Die Türken sind so grausame Menschen.»
«Doktor Tanios ist
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