Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)

Titel: Der Bann des Zeitreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Kearney
Vom Netzwerk:
mit größeren Gruppen und stärkerer Autorität nur sprechen, wenn ich mich selbst in einen Drachen verwandle.«
    Er schüttelte den Kopf. »In Drachengestalt ist der Schmerz unerträglich.« Er sprach ganz ohne Betonung. »Du kannst dich erst dann verwandeln, wenn wir den Tyrannisierer gefunden und vernichtet haben.«
    »Bist du sicher?«, fragte sie, während Erleichterung sie durchfuhr.
    Mit sanftem Griff nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände. »Um so etwas würde ich weder dich noch sonst jemanden bitten. Es ist unmöglich. Niemand kann solche Schmerzen aushalten.«
    Hoch droben stieß Merlin einen schrillen Schrei aus; offensichtlich verlor er allmählich die Geduld mit seinen langsamen Gefährten. Marisa blickte tief in Rions Augen und erkannte seine Angst. Um sie? Oder hatte er Angst, dass sie sein Volk im Stich lassen könnte? Oder war es vielleicht sogar beides?
    Ihre Zweifel jedenfalls blieben. Sie fragte sich immer wieder, ob sie ihm je ganz vertrauen konnte. Nach ihrer gescheiterten Ehe hatte sie lange gebraucht, bis sie eine neue Liebe überhaupt wieder für möglich gehalten hatte. Zuvor hatte sie den Glauben an sich selbst und an ihr Urteilsvermögen für eine lange Zeit verloren.
    Im Augenblick steckte sie bis zum Hals in Unentschlossenheit. Doch ihre Gefühle für Rion konnte sie auch nicht verleugnen.
    Er war einfallsreich, fürsorglich und sanft. Er war genau die Art eines Mannes, die sie bewunderte. Schon der Gedanke, ob sie ihm noch einmal trauen sollte, war gefährlich – besonders nachdem er ihr gesagt hatte, dass sie keine dauerhafte Liebesbeziehung miteinander haben konnten. Seit ihrem Absturz und dem Wissen darum, wie sehr sein Volk litt, schien er ihr eher noch verantwortungsbewusster und entschlossener als zuvor: Er wollte es befreien – was ihn für Marisa sogar noch attraktiver machte.
    Vielleicht hatte der Schlag gegen den Kopf ihre Wahrnehmung verzerrt. Nach ihrer Erfahrung veränderte sich der Charakter der Menschen eigentlich nicht. Doch wer hätte zum Beispiel jemals gedacht, dass ihr abenteuerlustiger Bruder eines Tages heiraten und sich häuslich niederlassen würde? Lucans Zähmung hatte ihr nicht zuletzt bewiesen, dass alles möglich war.
    »Wo ist eigentlich Merlin?«, unterbrach Rion ihre Gedanken.
    Sie hatte sich ganz darauf konzentriert, einen Fuß vor den anderen zu setzen und den Dornbüschen aus dem Weg zu gehen. So aber hatte sie der Eule keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Sie spähte zwischen den Bäumen hindurch, da wurden ihre Hoffnungen plötzlich genährt. »Ist das da hinten eine Mauer?«
    Tatsächlich schlängelte sich ein etwa hüfthoher Steinwall zwischen dem dichten Unterholz und hoch aufragenden Bäumen den steilen Berghang entlang.
    »Das muss die Grenze von Winnhaven sein. Wir haben es also wirklich gefunden. Merlin hat uns geradewegs hierhergeführt, aber jetzt ist er verschwunden.« Rion verlangsamte seine Schritte. »Warum ruhst du dich nicht eine Weile aus, während ich nachsehe, ob …«
    »Nein.« Sie erinnerte sich daran, wie er sie im Raumfahrtmuseum zurückgelassen und sie sich so große Sorgen gemacht hatte. Sie wollte jetzt nicht allein bleiben. »Wir gehen zusammen.«
    »Keine Bewegung!«, rief in diesem Augenblick eine Stimme. Eine Gruppe von Männern in abgerissener Tarnkleidung trat hinter den Bäumen hervor und hielt die Waffen auf Marisa und Rion gerichtet.
    Rion trat vor Marisa. Sie hielt den Atem an und spähte an seinen breiten Schultern vorbei.
    Die Männer hatten scharfe Gesichtszüge, wie nur ein hartes und entbehrungsreiches Leben sie verlieh. Rion konnte nicht gegen sie alle kämpfen, und überdies hielten sie ja auch ihre Strahlengewehre auf ihn und Marisa gerichtet.
    Marisa erstarrte in eisiger Angst. Sie blickte auf die Ansammlung massiger Brustkörbe, kräftiger Arme und langer, schmaler Hüften und wartete zunächst einfach ab. Wenn diese Kerle zu den Unari gehörten, dann begriff sie allmählich, wie es ihnen gelungen war, die Gesellschaft von innen zu unterwandern.
    »Wer ist Merlin?« Der stämmige Anführer, dessen blaue Augen geradezu glitzerten, machte einen Schritt nach vorn; seine Stimme klang befehlsgewohnt. Er sah sie über den Lauf seiner Waffe hinweg an, und Misstrauen und Feindseligkeit lagen in seinem Blick.
    Bevor Rion die Möglichkeit hatte, etwas darauf zu antworten, brüllte der Anführer mit den blauen Augen seinen Männern mit tiefer und dröhnender Stimme Befehle zu. »Findet ihren Freund Merlin.

Weitere Kostenlose Bücher