Der Bann des Zeitreisenden (German Edition)
nicht fliehen. Er konnte seine Männer nicht im Stich lassen. »Ich muss zurückgehen und Lex, Darian und Mendel holen.«
Rasch drehte sich Marisa um und stemmte die Hände in die Hüften. »Das ist eine schlechte Idee.« Sie hob die Hände und zählte die Gründe, die dagegensprachen, an den Fingern ab. »Erstens hat dieser Schweber viele lose Drähte und funktioniert vielleicht nicht mehr. Zweitens könntest du gefangen genommen werden. Drittens ist dein Leben zu wertvoll, weil du die einzige Hoffnung dieser Welt bist, die Unari loszuwerden.«
»Ich lasse meine Männer aber nicht im Stich.«
Rion warf einen Blick zu dem Schweber hinüber und überlegte sich einen Kompromiss. »Ich werde Lex holen. Dann kann er weiter nach Mendel und Darian suchen.«
»Warum glaubst du, dass diese Blechdose noch einmal fliegen wird? Oder dass die Unari nicht bemerken, dass etwas mit ihr nicht stimmt und sie zur Reparatur oder Vernichtung zurückholen? Und was glaubst du, wie lange es dauern wird, bis ihnen klar wird, dass wir geflohen sind?«
»Vielleicht bemerken sie es gar nicht«, sagte Rion sanft, aber er konnte sich dessen keineswegs sicher sein.
Verschmutzt und müde stand sie zwischen ihm und dem Schweber und versuchte erneut, ihn in Richtung des Tunneleingangs zu ziehen. »Jeder in dieser Grube gehört zu deinem Volk. Du kannst sie ohnehin nicht alle retten. Wenn wir unser Wissen, wie diese Blechdosen zu steuern sind, geheim halten, könnten wir das vielleicht im letzten Gefecht zu unseren Gunsten einsetzen. Wenn sie dich aber fangen, dann wissen sie auch, was wir wissen. Und sie werden die nötigen Vorkehrungen treffen. Dann haben wir unseren Vorteil wieder verloren.«
»Du hast recht.« Dennoch wollte er nicht davonlaufen und seine Männer zurücklassen.
Marisa runzelte die Stirn. »Du willst trotzdem zurückgehen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Gut.« Sie machte einen Schritt nach hinten, dann noch einen. »Ich will dir etwas zeigen.« Wieder betrat sie die Kugel. »Schließ die Luke.«
Er sprang auf die Luke zu, während diese sich schloss.
Rion packte die glatten Ränder. »Marisa!«, brüllte er.
Die Luke schloss sich weiter. Er kämpfte darum, sie offen zu halten.
»Du wirst nicht …« Er stellte den Fuß in die Öffnung. Er würde es nicht zulassen, dass sie in diese Höllengrube zurückkehrte.
»Doch, das werde ich.« Marisa presste den Rücken gegen die Wand des Schwebers, setzte den Fuß gegen Rions Brustkorb und trat zu.
Er verlor das Gleichgewicht, und es gelang ihm gerade noch, sich mit den Fingerspitzen an der Gummidichtung der Luke festzuhalten. »Das schaffst du nicht allein.« Vor Anstrengung schwitzte er, packte die Kanten und versuchte, einen besseren Halt zu bekommen. Seine Muskeln brannten, doch er weigerte sich loszulassen.
Die Luke schloss sich trotzdem weiter. »Marisa!«
Der Schweber drehte sich. Rions Füße schwangen wild über den Boden. Seine Fingerspitzen verloren den Halt und er rutschte ab.
» Nein! « Er würde es einfach nicht zulassen, dass sie ihr Leben für ihn aufs Spiel setzte.
Die Luke schlug zu.
Er fiel auf den Boden. Der Schweber stieg in den Himmel hinauf. Marisa war verschwunden.
Er starrte dem Schweber nach, bis dieser nur noch ein kleiner silberner Punkt am blauen Himmel war. Die schreckliche Angst, die nun wie eine Kralle in seinen Magen griff, war etwas, das er nie zuvor verspürt hatte. Vielleicht kam sie nicht mehr zurück. Vielleicht sah er sie nie wieder.
Er stützte die Hände auf die Knie und beugte sich vor, um Luft zu holen und die Angst zu vertreiben, die ihn so unbarmherzig im Griff hielt. Was zur Hölle war bloß mit ihm los?
Der Gedanke daran, dass sie möglicherweise niemals mehr zurückkam …
Noch einmal atmete er tief durch. Sie musste einfach zurückkommen.
25
Gekleidet in Fetzen, betrug sie sich doch wie eine Königin,
und ihre Tränen der Qualen waren die Tränen der ganzen Menschheit. Die Herrin vom See
Nachdem sich der Schweber geöffnet hatte, warf Marisa einen Blick hinein: mitten ins Chaos. Überall flogen Drachen herum; sie arbeiteten, zogen Lasten und bewegten mit den Schwänzen die gigantischen Steine an ihren Platz.
Wenn die Blechdose wirklich an der richtigen Stelle angehalten hatte, dann hatten die Unari einen Weg gefunden, Lex zum Verwandeln zu zwingen.
Sie hatten ihn versklavt.
Noch hatte Lex keine zerbrochenen Schuppen zu beklagen. Außerdem trug er, im Gegensatz zu den übrigen Drachenwandlern, bisher keine großen
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