Der Bann (German Edition)
Flecken auf die Wand. Vass wischte sich den Schweiß von der Stirn und drehte sich zu seinem
Signeur
um. «Krempeln Sie Ihren Ärmel hoch.»
Károly runzelte die Stirn. «Ich habe keine Lust, dein Versuchskaninchen zu spielen, Benjámin. Teste es zuerst bei der Frau.»
«Wie Sie wünschen.» Vass drehte sich zu Hannah um.
Gabriel stemmte sich gegen seine Fesseln. «Sie sind ein Narr!»
«Bitte unterbrechen Sie mich nicht», erwiderte Vass ungerührt.
«Sie sind wahnsinnig, wenn Sie glauben, dass es so einfach ist! Sie können doch nicht im Ernst erwarten –»
Vass zog verärgert den Revolver aus dem Hosenbund, zielte auf Gabriels rechten Fuß und drückte ab. Das Krachen des Schusses rollte durch das Haus. Gabriel bäumte sich auf, und Hannah hörte seine Zähne knirschen, als er versuchte, den Schmerz zu kontrollieren. Die Arterien an seinem Hals pulsierten wütend.
«Lassen Sie ihn in Ruhe!», kreischte Hannah.
Vass zielte ungerührt auf Gabriels linken Fuß und feuerte ein zweites Mal. Der Stiefel des
hosszú élet
platzte in einem Schwall aus Blut und Leder auseinander. Diesmal schrie er auf. Hannah hörte einen antwortenden Schrei von oben.
O Leah, meine arme Kleine. Sie weiß nicht, was hier unten passiert. Zwei Schüsse – sie wird das Schlimmste annehmen. Eine Kugel für Gabriel, eine für mich.
«Ich weiß, das wird Sie nicht umbringen», sagte Vass. «Aber ich weiß auch, dass es wehtut. Ich hatte Sie gebeten, mich nicht zu unterbrechen. Bitte tun Sie das nicht wieder.»
Hannah vernahm einen weiteren dumpfen Schlag oben. Sie hob den Blick zur Decke, versuchte sich das Zimmer über der Küche vorzustellen, versuchte sich vorzustellen, was passiert sein könnte. Sie spürte, wie sie anfing zu zittern. Spürte, wie ihr plötzlich die Luft wegblieb.
Im Rollstuhl runzelte Károly die Stirn. «Das gefällt mir nicht, Benjámin.»
«Dann gehen Sie», flüsterte Vass. Schweigend legte er die volle Spritze auf den Tresen. Er hob den Kopf, und seine verschleierten Augen bewegten sich über die Decke.
In der Nähe der Tür zum Flur drehte sich einer der Vizslas im Kreis. Seine Ohren zuckten.
Der Kühlschrank in der Ecke brummte. Kühlmittel zischte leise durch die Rohre. Gabriels Stuhl knarrte unter seinem Gewicht.
Ein Knarren von oben. Hannah erkannte das lose Dielenbrett einen knappen Meter vor dem Treppenabsatz. Vass drehte sich um und verharrte mitten in der Bewegung, als etwas Großes, Schweres die Treppe herunterpolterte und dabei in einer Kakophonie von splitterndem Holz und Glas Bilder von der Wand riss. Sie hörte Leah erneut schreien, während das Objekt seinen Weg fortsetzte. Der Lärm kulminierte in einem schweren dumpfen Schlag, als es am Fuß der Treppe zur Ruhe kam.
Beide Vizslas drehten sich jetzt leise jaulend im Kreis.
«Vielleicht solltest du nachsehen, Benjámin», schlug Sebastien vor.
Vass musterte den Ex-
Signeur
mit einem harten Blick, dann bedeutete er dem alten Mann mit einem Wink, zur Tür zu gehen.
Sebastien sah Hannah in die Augen. Sie spürte, dass er ihr etwas Wichtiges mitzuteilen versuchte. All ihre Sinne schrien, dass es eine wirklich schlechte Idee war, die Tür zu öffnen. Dass er ein Monster zu ihnen ins Zimmer lassen würde.
Sebastien durchquerte die Küche, legte die Hand auf den Knauf, drehte daran und öffnete die Tür einen Spaltbreit.
Er spähte nach draußen und stieß die Luft aus. Dann drehte er sich zu Vass um und schüttelte den Kopf. «Du hast geglaubt, du bist so schlau, nicht wahr? Du hast geglaubt, du schickst Jakab eine Einladung, bietest ihm Hannah als Köder an, und dann müsstest du nur noch herkommen und auf ihn warten, wie? Deine Arroganz ist atemberaubend, Benjámin. Es bleibt nur abzuwarten, wie viele Leben deine Arroganz kostet. Du hast Jakab nicht hierher eingeladen. Du hast ihm keine Falle gestellt.
Du hast ihn mitgebracht.
»
Sebastien riss die Tür zum Flur ganz auf. Der Mann, den Vass nach oben geschickt hatte, um Leah und Éva einzusperren, lag im Flur auf dem Boden, die Beine noch auf der Treppe. Sein Gesicht war ihnen zugewandt. Beide Augen waren voller Blut. Dunkles Blut leckte aus seinem Schädel, wo er beim Aufprall auf den Boden geborsten war.
Der Druck in Hannahs Kopf war unerträglich. Ein Band aus Schmerz, das von einem Ohr zum anderen verlief.
Er ist hier
.
Jakab ist hier.
Und während sie in der Küche festsaß, war Leah oben allein. «Zeigen Sie ein wenig Mitgefühl!», stöhnte sie, an Vass gewandt. Tränen
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