Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Bann (German Edition)

Der Bann (German Edition)

Titel: Der Bann (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen L. Jones
Vom Netzwerk:
ihn darauf vorbereitet. Was ihn verwirrte, was ihn
interessierte
, war die Erregung, die er gespürt hatte, als er seine Finger in ihr Fleisch gesenkt hatte.
     
    Wie viele Stunden waren vergangen? Wie viel hatte er getrunken? Lukács blinzelte den Humpen auf dem zerschrammten Holztisch vor sich an. Die Uhr, das Geschenk seines Vaters, ruhte in seiner Westentasche, doch trotz seines alkoholisierten Zustands wusste er, wie unklug es gewesen wäre, ein so wertvolles Objekt an einem Ort wie diesem herauszunehmen. Die Taverne war brechend voll mit Gästen, es war laut und stank nach Menschen und Tabak.
    Auf der anderen Seite des Tisches saßen seine beiden Saufkumpane. Márkus hieß der eine. Frech und von sich selbst überzeugt und mit einem lasterhaften Humor hatte er Lukács seit mehr als einer Stunde zum Lachen gebracht. Márkus’ Freundin Krisztina hockte neben ihm. Sie ist hübsch, dachte Lukács. Nein,
sinnlich
ist ein treffenderer Ausdruck. Sie war locker und anzüglich, und der Schnitt ihres Kleides betonte ihre schlanken Hüften und die vollen Brüste. Ihr dichtes blondes Haar steckte unter einer weißen Haube.
    Nachdem er den Palast hinter sich gelassen hatte, um die verschriebene frische Luft zu schnappen, war er einer Eingebung folgend hinunter zum Fluss gewandert. Dort hatte er Márkus und Krisztina vorgefunden, die am Ufer herumalberten. Sie hatten beide in der Taverne getrunken, bis sie kein Geld mehr gehabt hatten. Lukács war zum ersten Mal in seinem Leben betrunken und wollte unbedingt weitertrinken. Er war außerdem im Besitz einer Börse voller Geld. Márkus und Krisztina hatten keine große Aufmunterung benötigt, ihm beim Ausgeben desselben behilflich zu sein. Sie waren zwar anfänglich überrascht, dass ein offensichtlich so hochwohlgeborener junger Herr ihre Gesellschaft suchte, doch ihre Entschlossenheit, sich zu betrinken, überwog jegliche anderen Vorbehalte.
    Lukács musste bei diesen beiden nicht auf Etikette oder dergleichen achten. Die Unterhaltung war ebenso flach wie amüsant, naiv wie lustig. Er wusste, dass sie ein bizarres Trio abgaben – doch genau das war der Geist der
Végzet
-Nacht, sagte er sich trocken. Soziale Interaktion ohne die üblichen Klassenschranken. Seine neuen Freunde mochten tagsüber im Dreck wühlen, doch Lukács hatte den besten Abend, an den er sich erinnern konnte.
    Márkus trank einen tiefen Schluck von seinem Bier und gestikulierte. «Du hast uns kein Wort erzählt – was ist los da oben im Palast? Du kommst doch von dort, oder? Du hattest eine von diesen Masken, genau wie all die anderen, die wir gesehen haben.»
    «Ein Maskenball, wie?», sagte Krisztina mit blitzenden Augen. «Sehr vornehm.»
    «Und sehr langweilig obendrein.» Lukács leerte seinen Humpen und knallte ihn auf den Tisch. «Mehr zu trinken!»
    «Das lobe ich mir!», rief Márkus. «Aber ich habe eine noch bessere Idee! Kris, bist du dabei?»
    Sie grinste Márkus an, dann sah sie Lukács in die Augen. Ihr Blick enthielt eine Herausforderung. «Ich bin dabei, wenn er dabei ist.»
    «Worüber redet ihr?»
    Márkus schlug ihm mit der Hand auf die Schulter. «Lukács, alter Freund. Hast du schon mal Opium ausprobiert?»
    Eine Minute später führten sie ihn durch eine Seitentür und eine Treppe hoch. Es ging durch einen schmutzigen Korridor und einen fleckigen Vorhang, und schließlich standen sie in einem langen Raum. Einige wenige Kerzen erzeugten ein schwaches rötliches Licht, und in der Luft hing ein beißender Geruch, den Lukács nicht einordnen konnte. Matratzen reihten sich an den Wänden, einige besetzt von Gruppen von Männern, andere von Paaren, einige wenige von einzelnen Individuen. Márkus fand einen freien Platz, und sie ließen sich auf eine Matratze fallen. Langsam gewöhnten sich Lukács’ Augen an das Dämmerlicht. Auf dem Boden vor sich bemerkte er eine kleine Öllampe auf einem Tablett.
    Ein Mann kam herbei und sah auf sie herunter. «Wie viele?»
    «Drei Pfeifen», sagte Márkus zu ihm. Und dann: «Nun, Lukács,
bezahle
den Mann!»
    Lukács gab ihm Münzen aus seiner Börse, und der Mann brachte die Pfeifen. In jedem der Köpfe lag eine kleine weiße Tablette. Lukács sah zu, wie Márkus die Öllampe anzündete und seine Pfeife über der Flamme erwärmte. Dann hob er den Stiel an den Mund und inhalierte die Dämpfe. Er behielt den Dampf in der Lunge, solange er konnte, bevor er langsam ausatmete und sich auf den Ellbogen zurücklehnte.
    «Du bist dran.»
    Lukács ahmte

Weitere Kostenlose Bücher