Der Barbar aus den Highlands
mitbekommen. Entweder sie konnte sich ausgesprochen verstohlen bewegen, oder er war gefährlich tief in seine Gedanken versunken gewesen.
»Und wer seid Ihr, wenn ich so kühn sein darf, das zu fragen?«
»Man nennt mich die alte Meg. Ich war Cecilys Kindermädchen und vieles andere, bis Anabel, dieses Miststück, mich aus Dunburn hinausgeworfen hat.«
»Ihr wart offenkundig nicht sehr weit weg.«
»Als ich hörte, dass mein kleines Mädchen heiraten soll, bin ich zurückgekommen. Ich verstehe mich recht gut darauf, ungesehen in dieses Haus und wieder hinaus zu gelangen.«
»Warum hat Lady Anabel Euch hinausgeworfen?«
»Ich habe sie dabei erwischt, wie sie das Mädchen bis aufs Blut geprügelt hat. Das Miststück hat rasch bewiesen, dass sie den Stock schwingen kann, es aber nicht erträgt, wenn der Stock gegen sie gerichtet ist.« Sie nickte zustimmend, als sich auf dem hübschen Gesicht des jungen Mannes die Wut abzeichnete. »Es heißt, der alte Angus MacReith hat Euch geschickt.«
»Aye, das stimmt.«
»Warum? Seit der Ermordung ihres Vaters und ihres Bruders hatte er mit dem armen Mädchen nichts mehr zu tun.«
»Nun, das ist in der Tat sehr merkwürdig. Er behauptet, dass er ihr oft geschrieben und sie gebeten hat, zu ihm nach Glascreag zu kommen.«
Auf das Gesicht der Frau trat eine leichte Verwirrung, die jedoch rasch der Wut wich.
»Wenn Ihr jetzt so freundlich wärt, Euch einen Moment lang umzudrehen, dann könnte ich aus dem Zuber klettern, mich abtrocknen und mich anziehen. Und dann können wir uns ausgiebig unterhalten.«
Während Artan sich ankleidete, klopfte die alte Meg ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden. Er beeilte sich, ihnen etwas Wein einzuschenken, und reichte ihr einen Kelch. Dann berichtete er ihr ausführlich von seinem Verdacht, von den Angriffen auf ihn und was am Bach passiert war. Von den Küssen und dem Handel, den Angus ihm angeboten hatte, erzählte er ihr allerdings nichts. Solche Dinge hatten nichts zu tun mit Cecilys Ärger, und abgesehen davon fand er, dass sie nur ihn und Cecily etwas angingen. Die Spur von Argwohn in ihren dunklen Augen sagte ihm zwar, dass ihr klar war, dass er ihr etwas vorenthielt, doch zu seiner großen Erleichterung bedrängte sie ihn nicht weiter.
»Offenbar wollen sie hier keinen Gesandten von Angus«, murmelte die Alte. »Und offenbar haben sie auch nach Kräften versucht, dafür zu sorgen, dass der alte Angus nichts mit dem Kind zu tun hat. Ihr habt recht, wenn Ihr davon ausgeht, dass sie etwas verbergen. Das habe ich selbst auch immer gedacht. Ich habe nie geglaubt, dass Cecilys Vater sie völlig mittellos zurückgelassen hat. Er war jemand, der immer sorgfältige Vorkehrungen traf; er hat bestimmt dafür gesorgt, dass niemand aus seiner Familie der Gnade von anderen anheimfiel. Und außerdem hat er Anabel und Edmund weder gemocht noch ihnen vertraut. Was habt Ihr vor?«
»Ich will ihre Geheimnisse aufdecken.«
»Aber sie wollen sie mit diesem Wurm verheiraten, und Ihr nehmt an, dass auch er seine Finger im Spiel hat.«
Artan nickte. »Cecily wird ihn nicht heiraten.«
»Wie wollt Ihr es verhindern? Ihr seid völlig allein.«
»Wenn es sein muss, fessle und kneble ich das Mädchen und entführe sie nach Glascreag.«
Die alte Meg musterte in eindringlich, dann nickte sie. »Wenn sie nicht anders gerettet werden kann, bin ich bereit, Euch zu helfen.«
Artan hob lächelnd seinen Kelch, um seine neue Verbündete willkommen zu heißen.
6
D er Mann will einfach nicht gehen!«
Das Schrillen von Anabels Stimme, das durch die angelehnte Saaltür drang, ließ Artan stehenbleiben. Seit vier Tagen war er kaum von Cecilys Seite gewichen und hatte sich nach Kräften bemüht, um sie zu freien und gleichzeitig so viel wie möglich über ihre Pflegeeltern herauszufinden. Nun sah es endlich so aus, als ob das Glück ihm gewogen sei. Leise schlich er näher zu der Tür und lauschte in der Hoffnung, dass Anabel ein paar der Geheimnisse enthüllen würde, die sie so sorgfältig hütete. Würde ihr offenkundiger Zorn sie dazu verleiten, sorglos zu sein?
»Ich habe versucht, ihn dazu zu bewegen, Anabel.«
Artan wunderte sich nicht, als er Sir Fergus’ Stimme erkannte. Er hatte ja vermutet, dass der Mann ein Teil der Ränke war, die in Dunburn geschmiedet wurden.
»Er versucht es doch erst seit vier Tagen, Anabel«, sagte Sir Edmund. »Du bist zu ungeduldig.«
»Der Kerl stellt zu viele Fragen, Edmund«, fauchte sie.
»Und bekommt keine
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