Der Barbar aus den Highlands
verging, und konnte so gut küssen, dass sie alles andere vergaß. Er hatte ihr keine süßen Lügen aufgetischt und sie nicht mit Schmeicheleien oder verführerischen Worten betört. Sie wusste nicht einmal, ob er zu solchen Dingen überhaupt fähig war, und das gehörte zu den Dingen, die sie so anziehend an ihm fand: An ihm schien kein Arg zu sein.
Und sie sehnte sich nach ihm so sehr wie nach nichts anderem in ihrem bisherigen Leben. In zehn Tagen würde sie vor einem Priester knien und sich für immer an einen Mann binden, für den sie rein gar nichts empfand außer einer deutlichen Abneigung. Jetzt bot sich ihr die Gelegenheit auf ein paar süße Momente, an die sie sich in den langen, kalten Jahren, die vor ihr lagen, erinnern konnte. Diese Gelegenheit wollte sie sich nicht nehmen lassen. Wenigstens ein Weilchen wollte sie es genießen, mit einem Mann zusammen zu sein, den sie wirklich haben wollte. Es war unrecht, und sie würde zweifellos teuer dafür bezahlen müssen, aber das war ihr egal.
Am Ende des Ganges stellte sie den Beutel mit den Vorräten ab, die sie mitgenommen hatte, und stemmte vorsichtig die Einstiegsluke hoch. Sie verzog das Gesicht, als Blätter, Ästchen und Erde auf sie herabrieselten. Wachsam und angespannt in Befürchtung eines Schreis, dass man sie entdeckt hatte, steckte sie den Kopf durch die Öffnung und sah sich um. Ihr wurde fast schwindlig vor Erleichterung, als niemand zu sehen oder zu hören war.
Sie hob den Beutel mit den Lebensmitteln auf und kletterte ins Freie. Dann schloss sie die Luke und bedeckte sie wieder mit Laub und Erde. Nachdem sie sich die Örtlichkeit eingeprägt hatte, eilte sie Richtung Bach. Sie wollte Dunburn so schnell wie möglich hinter sich lassen. Wenn man sie jetzt erwischte, würde sie die Tage bis zu ihrer Hochzeit zweifellos in einem Verließ erleben.
Ihr Mut verließ sie kurz, als sie den Bach und Artan entdeckte. Er stand am Ufer und warf Steinchen ins Wasser. Der Vollmond schien so hell, dass er in seiner ganzen Größe und Stärke und mit seinen breiten Schultern unschwer zu erkennen war. Cecily schoss der Gedanke durch den Kopf, dass dieser Mann sie mit nur einem Handgriff umbringen könnte.
Doch dann schob sie ihre Angst rasch beiseite. Nicht ein einziges Mal in den vier Tagen, die sie ihn nun kannte, hatte er ihr auch nur ansatzweise weh getan. Selbst wenn er sie in seinen starken Armen hielt und küsste, spürte sie, wie behutsam er dabei war. Trotzdem konnte sie ein leichtes Unbehagen nicht abschütteln, als sie sich ihm näherte. Dieser Mann war ein Krieger, und solche Männer konnten gefährlich sein. Aber vielleicht gehörte auch das zu seiner starken Anziehungskraft?
Artan hörte etwas im Gras hinter ihm rascheln. Mit der Hand auf dem Schwertknauf drehte er sich langsam um, entspannte sich jedoch sogleich, als er Cecily sah, die schüchtern näher kam. Von ihr ging keine Gefahr aus – zumindest jetzt noch nicht, dachte er. Wenn sie merkte, was er vorhatte, konnte sich das natürlich ändern.
Hastig unterdrückte er den Anflug von Gewissensbissen. Sie rechnete mit einem amourösen Stelldichein, nicht mit einer Entführung und einem anstrengenden Ritt nach Glascreag. Aber er hatte keine andere Wahl. Es würde vielleicht eine Weile dauern, bis er sie dazu gebracht hatte, einzusehen, dass ihre Verwandten und Sir Fergus ihr Böses wollten, aber wenn sie es begriffen hatte, würde sie ihm bestimmt verzeihen. Und sie war bestimmt auch so klug zu verstehen, dass er nicht hatte warten können, bis sie die Wahrheit alleine herausgefunden hatte.
Der Gedanke an die andere Wahrheit, die er ihr bislang vorenthalten hatte – sein Handel mit Angus –, bereitete ihm schlimmere Qualen. Das könnte sich noch als weit größeres Problem erweisen als ihre Entführung aus Dunburn und die nachfolgende Erklärung. Irgendwann auf dem Weg nach Glascreag würde er ihr davon erzählen müssen. Die Schwierigkeit lag darin, es ihr so zu erklären, dass sie ihm nicht den Vorwurf der Habgier machen konnte. Noch wusste er nicht, wie er dem vorbeugen konnte, und verfluchte Angus für sein Angebot. Doch jetzt hatte er keine Zeit, dieses Problem zu lösen. Er kam Cecily entgegen und nahm ihr den Beutel mit den Nahrungsmitteln ab.
»Ich glaube, Ihr habt für ein richtiges Festmahl gesorgt«, sagte er, als er den Beutel ablegte.
»Nun, ich habe daran gedacht, dass Ihr mit einem herzhaften Appetit gesegnet seid.« Cecily errötete ein wenig. Sie hatte Angst, dass
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