Der Barbar aus den Highlands
den Sattel zu springen, um jemanden zu verfolgen. Ihr gegenüber hatte er mit Sicherheit nie die Aufmerksamkeit oder das Interesse gezeigt, die einen Mann zu so etwas veranlassen würden. Ganz kurz kam ihr in den Sinn, dass der Mann nicht sie, sondern ein Vermögen verfolgte, doch diesen Gedanken verdrängte sie rasch.
»Ich habe einen Entschluss gefasst«, sagte sie.
»Ach so? Hast du beschlossen, mir zu glauben?«
»Nay, nicht so ganz.«
»Was dann?«
»Dass ich mit dir nach Glascreag reite. Ich werde nicht mehr versuchen wegzulaufen, viele Gelegenheiten dazu werde ich ohnehin nicht haben. Nay, ich reite freiwillig mit dir nach Glascreag, in dieser Hinsicht brauchst du dir also keine Sorgen mehr zu machen.«
Er drehte sich auf die Seite, stützte den Kopf auf die Hand und musterte sie. »Aber das tust du nicht, weil du glaubst, was ich dir gesagt habe.«
»Nay, das tue ich, weil ich nicht einsehe, dass du sterben sollst, nur, weil du tust, worum mein Onkel dich gebeten hat. Es besteht kein Zweifel, dass die Männer, die uns verfolgen, dir schaden wollen und nicht zögern würden, dich zu töten, wenn sie die Chance dazu haben.«
»Du willst also mein Schutzschild sein?«
Sie seufzte über die Spur von Spott, die sie in seiner Stimme bemerkte. »So in etwa. Ich weiß, dass ich wenig zu deinem Schutz beitragen kann, aber solange ich bei dir bin, werden sie immerhin nicht wild drauflos schießen. Wenn das, was du von Sir Fergus behauptet hast, nicht stimmt, hat er nichts davon, wenn ich tot bin. Und selbst wenn es stimmt, hat er nichts davon – noch nicht.«
Artan wollte ihr die Vorstellung ausreden, dass sie ihn beschützen müsste, doch dann verkniff er sich den Einspruch. Sie hatte sich bereit erklärt, nach Glasreag mitzukommen. Er wollte auf keinen Fall riskieren, dass sie ihre Meinung änderte. Wenn sie freiwillig mitkam, würde das die Reise für sie beide sehr viel leichter und auch weniger gefährlich machen.
Er stand auf und holte ihnen etwas zu essen. Ihre Vorräte würden ein paar Tage reichen, aber dann musste er neue besorgen. Auf die Jagd zu gehen war zwar möglich, doch dafür brauchte man Zeit, und diese Zeit hatten sie nicht. Er musste Sir Fergus und seine Leute abschütteln, damit er in ein Dorf oder einen kleinen Weiler reiten und dort ihre Vorräte auffüllen konnte. Doch das war wahrscheinlich nicht allzu schwer. Sir Fergus wusste zwar, wohin er Cecily bringen wollte, doch er wusste nicht, welchen Weg Artan wählen würde.
»Glaubst du, wir schaffen es nach Glascreag, ohne uns in einen Kampf mit Sir Fergus und seinen Männer zu verwickeln?«, fragte Cecily, während sie etwas Brot und Käse aßen.
»Das kann gut sein. Ich kenne mich hier sehr gut aus, Sir Fergus hingegen sicher nicht.«
Cecily runzelte die Stirn. »Wahrscheinlich nicht. Aber mittlerweile ist mir klar geworden, dass ich über den Mann, den ich heiraten soll, sehr wenig weiß.«
»Keine Sorge, du wirst ihn nicht heiraten.«
»Wenn das stimmt, was du mir über ihn erzählt hast, dann werde ich es nicht tun. Doch erst muss ich zu dem Schluss gelangen, dass du die Wahrheit gesagt hast.«
»Du bist ganz schön stur«, murrte er und ertränkte seinen Ärger in einem großen Schluck Wein.
»Ich kann dir doch nicht etwas glauben, nur weil du mir sagst, dass es so ist.«
»Warum nicht? Du kannst mir vertrauen.«
»So wie neulich, als ich zum Bach gekommen bin?« Sie hob die Hand gegen seinen zornigen Einspruch. »Mir ist klar, dass du glaubst, du hilfst mir. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass du wirklich alles glaubst, was du sagst. Aber ich habe mit diesen Menschen zwölf Jahre zusammengelebt, und obwohl ich nicht behaupten kann, dass es angenehm war, fällt mir doch auch nichts ein, was darauf hingewiesen hätte, dass sie mir den Tod wünschen.«
»Man hat dich vor der Wahrheit sorgfältig abgeschirmt.«
Das musste Cecily seufzend zugeben. »Das kann gut sein. Ich durfte mich nicht mit den Bediensteten unterhalten und auch nicht allein herumstreifen. Das Fest bei deiner Ankunft war eines der wenigen, an denen ich teilnehmen durfte.«
»Hast du dich nie gefragt, warum du so abgeschirmt worden bist, wie ein Geheimnis, von dem niemand erfahren sollte?«
»Anfangs dachte ich, sie täten es, weil ich noch ein Kind war, und später, weil ich schlechte Manieren hatte. Das hat mir Anabel zumindest ständig vorgeworfen. Jedenfalls war es nicht mein erster Gedanke, dass sie beim Tod meines Vaters und meines Bruders die
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