Der Barbar aus den Highlands
Stehen gekommen war, dann grummelte er: »Der hat ja überhaupt kein Kinn. Welcher Narr wollte eine MacReith mit einem Mann verheiraten, dessen Hals am Mund anfängt?«
Artan fiel ein, dass Cecily etwas ganz Ähnliches gesagt hatte, und er lachte leise. Angus war zwar mit Cecilys Erziehung nicht betraut gewesen, doch sie hatte viel von ihm geerbt. Vermutlich hatte auch Angus den starken Einfluss der MacReiths in ihr entdeckt und freute sich von Herzen darüber.
Und auch Artan war froh. Cecily war zwar von einem diebischen, mordlustigen Gesindel großgezogen worden, doch ihrem Wesen nach war sie eine echte Highlanderin. Die völlige Gewissenlosigkeit, Selbstsucht und Grausamkeit ihrer Pflegeeltern hatte überhaupt nicht auf sie abgefärbt. Mit ihrer Isolierung von Familie und Freunden hatten die Donaldsons Cecily in Wahrheit einen großen Dienst erwiesen. Doch als Artan die Narben auf Cecilys schlankem Rücken einfielen, konnte er es wieder einmal kaum erwarten, dieses Pack an den Galgen zu bringen.
»Ich bin gekommen, um meine Verlobte zu holen«, rief Sir Fergus ihnen zu.
»Ich vermute, dass wir ihn nicht einfach töten und die Sache auf diese Weise hinter uns bringen können«, murrte Angus.
»Führe mich nicht in Versuchung.« Artan starrte den Mann, den er nur zu gern erschlagen hätte, wütend an. »Ihr habt hier keine Verlobte. Ich schlage vor, Ihr macht kehrt und reitet heim, bevor Euch etwas zustößt.«
»Cecily Donaldson ist mir versprochen worden, und Ihr habt sie mir gestohlen, am Vorabend unserer Hochzeit.«
»Ich glaube, es waren noch zehn Tage. Aber lasst uns nicht darüber streiten, und auch nicht darüber, ob Ihr der brünstige Eber seid, der auf Eurem Banner prangt. Es gibt nur eines, was von Belang ist: Cecily ist meine Gemahlin. Ihr habt selbst gehört, wie wir uns die Treue gelobt haben.«
»Ich habe nichts dergleichen gehört.«
»Ich habe schon befürchtet, dass Ihr das behaupten würdet. Deshalb vermählten wir uns vor drei Zeugen in einem kleinen Dorf ein weiteres Mal, und die Zeugen haben ein Dokument unterzeichnet. Also trocknet Eure Tränen und kehrt um.«
»Nay! Cecily Donaldson war mir versprochen, und ich habe nicht die Absicht, sie aufzugeben. Wenn Ihr nicht genügend Verstand und Ehre besitzt, sie mir, ihrem verlobten Gemahl, zu übergeben, dann werden wir die Tore stürmen und sie uns mit Gewalt holen.«
»Nur zu!«, rief Angus.
»Ist das wirklich ein brünstiger Eber auf diesem Banner?«, fragte Bennet, als er zu Artan trat und zusah, wie ein offenkundig erzürnter Sir Fergus davonritt.
»Eigentlich ein wütender Eber«, erwiderte Artan. Er überlegte, ob es nun zum Kampf kommen würde oder ob sie sich tagelang nur anstarren und gelegentlich ein paar Schmähungen austauschen würden.
Ein plötzliches Grunzen holte ihn aus seinen düsteren Gedanken über die Lästigkeit einer Belagerung. Er brauchte einen Moment, bis er merkte, dass die Geräusche von den Männern aus Glascreag stammten, die auf den Mauern Position bezogen hatten. Bennet musste ihnen erzählt haben, was sich auf Sir Fergus’ Banner befand. Artan beschloss, dass das Grunzen ein passender Spott war.
Wie passend er tatsächlich war, zeigte sich kurz darauf. Ein erboster Sir Fergus beschloss, sich direkt in den Kampf zu stürzen, oder vielmehr seinen Männern zu befehlen, sich in den Kampf zu stürzen, während er in sicherer Entfernung auf seinem großen Schimmel saß und ihnen lautstark Befehle erteilte. Bald zeigte sich auch, dass Laird MacIvor nichts von diesem plötzlichen Angriff hielt und seinen Männern freistellte, selbst zu entscheiden, ob sie kämpfen oder sich zurückhalten wollten. Nur wenige beschlossen, sich an dem schlecht geplanten Angriff auf gut verteidigte Mauern zu beteiligen. Während sich Artan anschickte, Schutz vor dem Pfeilhagel zu suchen und Glascreags Mauern zu verteidigen, fragte er sich, wie lange es wohl dauern würde, bis Sir Fergus’ Männer begriffen, dass es keine Ehre war, für einen feigen Narren zu sterben, der rücksichtslos ihr Leben aufs Spiel setzte.
»M’lady, die krumme Cat hat gesagt, Ihr sollt ihr zeigen, wie gut Ihr Euch auf die Heilkunst versteht«, rief ein junges Mädchen an der Schwelle zur Küche.
Bevor Cecily etwas darauf erwidern konnte, war das Mädchen schon wieder weg. Sie legte die Kräuter beiseite, die sie gerade zerkleinert hatte, und eilte in die große Halle, in der bereits Vorkehrungen zur Versorgung der Verwundeten getroffen worden
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