Der Baron und die widerspenstige Schöne
entfuhr ihm. Wenn er nur daran dachte, wie kurz er davor gestanden hatte, dieser Frau einen Antrag zu machen. Dem Schicksal sei Dank, dass es nicht mehr dazu gekommen war! Er konnte von Glück sagen, dass er ihren Fängen entkommen war, denn er hegte gewiss nicht den Wunsch, mit einer solch oberflächlichen, geldgierigen Frau vermählt zu sein.
Abrupt brachte er sein Pferd zum Stehen. Da gab es nur ein Problem. Allein der Gedanke, sie könne einen anderen heiraten, war ihm schier unerträglich.
Es ließ sich nicht vermeiden, dass Carlotta und Luke sich in den folgenden Wochen des Öfteren begegneten, doch mehr als ein distanziertes Nicken hatten sie nicht füreinander übrig.
„Es überrascht mich, dass Darvell dir nicht mehr Aufmerksamkeit schenkt“, meinte Lady Broxted eines Abends, als sie auf einer Gesellschaft von Mrs. Price weilten, bei der Luke ebenfalls zugegen war. „Normalerweise schätzt er die Gesellschaft von jungen hübschen Damen sehr, manchmal widmet er ihnen gar ein wenig zu viel Aufmerksamkeit“, fügte sie nachdenklich hinzu. „Er ist ein unverbesserlicher Charmeur.“
Carlotta schaute zu Luke hinüber, der in ein lebhaftes Gespräch mit einer hübschen blonden Dame verstrickt war. Rasch wandte sie den Blick wieder ab.
„Vermutlich genüge ich nicht den Ansprüchen Seiner Lordschaft, Tante. Wahrscheinlich bin ich ihm nicht hübsch genug.“
„Unfug, alle sagen mir, wie bezaubernd du bist, meine Liebe“, erwiderte Lady Broxted. „Vermutlich sollten wir aber bezüglich Darvells mangelnden Interesses eher dankbar sein. Dein Onkel hat dir eine großzügige Mitgift ausgesetzt, und er hofft, du gehst eine Verbindung mit einem wohlhabenden Gentleman ein.“
Carlotta hob das Kinn. „Du musst dich nicht sorgen, Tante. An einen solch verarmten Glücksritter wie den Sündhaften Baron werde ich mich ganz bestimmt nicht vergeuden.“
Lady Broxted bedachte sie mit einem forschenden Blick. „Du meine Güte, was hat Lord Darvell denn getan, dass er eine solch vehemente Abneigung bei dir hervorruft? Vielleicht ärgerst du dich ja über seine fehlenden Avancen. Immerhin lässt sich nicht leugnen, welch attraktiver Mann er ist. Falls du jedoch ein Faible für ihn hegen solltest, bin ich sicher, Broxted würde das nicht …“
„Liebe Tante, ich hege keineswegs ein Faible für ihn!“, fiel Carlotta ihr ins Wort. Zornesröte überzog ihre Wangen. „Im Gegenteil, ich bin dankbar dafür, dass er mich nicht beachtet.“
„Nun dann ist ja zu diesem Thema alles gesagt“, meinte Lady Broxted beschwichtigend. „Du bist ein sehr vernünftiges Mädchen, Carlotta. Zweifellos werden wir eine ausgesprochen vorteilhafte Partie für dich arrangieren können. Fairbridge ist offensichtlich an dir interessiert.“
Carlotta folgte dem Blick ihrer Tante und sah den großen, hellblonden jungen Mann auf der anderen Seite des Saales stehen.
„Ich denke, Viscount Fairbridge hegt eher Interesse an der Tochter unserer Gastgeberin, Tante. Siehst du nicht, wie er ständig die Nähe von Miss Price sucht und wie sie errötet, wenn er mit ihr spricht?“
„Nun, womöglich hast du recht.“ Lady Broxted seufzte. „Zu schade, er wäre der ideale Gatte für dich. Seine Mutter ist dir ebenfalls wohlgesinnt. Ihr verstorbener Gemahl war ein guter Freund von Broxted, und ich glaube, es würde ihr gefallen, wenn unsere Familien auf diese Weise enger miteinander verbunden wären.“
„Meine liebe Tante, ist es nicht ein wenig zu früh, Heiratspläne zu schmieden?“
„Es ist niemals zu früh dafür“, erwiderte ihre Tante mit Nachdruck. „Ich bin fest entschlossen, dir einen wohlangesehenen Gemahl mit solidem Vermögen zu verschaffen, der gut für dich sorgt. Wir müssen jedoch nichts übereilen, du hast noch genügend Zeit.“
„Das hoffe ich, Tante“, antwortete Carlotta schmunzelnd. „Wir sind erst seit etwas über einem Monat in der Stadt!“
In diesem Augenblick näherte sich ihnen ein junger Gentleman und bat Carlotta um den nächsten Tanz. Immer noch schmunzelnd schritt sie mit ihm zur Tanzfläche.
Im Verlauf des Abends wurde es im Ballsaal immer wärmer und voller. Deshalb war Carlotta froh, in der Tanzpause einen Platz in der Nähe eines offenen Fensters zu ergattern, um ihre heißen Wangen zu kühlen. Wehmütig dachte sie an das Cottage ihrer Eltern in Malberry. In ihrem letzten Brief erzählte ihre Mutter von vielerlei Kleinigkeiten aus ihrem Alltag, der erfolgreichen Anlage eines Kräutergartens und
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