Der Baron und die widerspenstige Schöne
zu unserem Besten geschieht. Vielleicht findet sich noch eine Lösung. Falls nicht, haben Sie nach der Heirat mit Mr. Woollatt zumindest reichlich Nadelgeld zum Ausgeben!“
Carlotta fand zwar keinen Trost in dieser Aussicht, dennoch nickte sie. Inzwischen hatten sie das Wäldchen hinter sich gelassen und fuhren an sattgrünem Weideland vorbei dem Gipfel des Hügels entgegen. Immer steiler und holpriger wurde die Straße.
„Von dort oben hat man einen wunderbaren Ausblick“, sagte sie. „Er wird Sie ihre Sorgen vergessen …“
Den Satz konnte sie nicht mehr beenden, denn unvermittelt war ein scheußliches Knirschen zu hören. Carlotta schloss unwillkürlich die Finger fester um die Stange der Sitzbank. Gleich darauf geriet das Gig ins Schwanken, sie wurde zur Seite geschleudert und stieß gegen etwas Hartes. Den Schmerz in ihrem Arm ignorierend hielt sie sich krampfhaft fest. Dann kippte das Gig plötzlich zur Seite und Adele fiel über sie hinweg.
14. KAPITEL
Carlotta bemühte sich auf der schräg liegenden Sitzbank Halt zu finden, als es einen Ruck gab und das Gig erneut ins Schwanken geriet. Sie sah nach vorn und erkannte, dass sich das Pferd verzweifelt aus der Deichsel zu befreien suchte, zwischen deren Stangen es eingeklemmt war. Sie überlegte, ob sie es wagen sollte, vom Kutschbock zu springen, da hörte sie plötzlich Stimmen und eilige Schritte. Sie wandte den Kopf und erblickte einen Mann mit Schäferstab, der auf das Pferd zulief, um es zu beruhigen. Ein anderer packte nach ihr.
„Alles in Ordnung, Miss, ich halte Sie!“ Starke Arme umfassten sie und hoben sie nach unten.
„Adele!“, keuchte sie. „Wo ist Mrs. Ainslowe?“
„Erst mal schau ich nach Ihnen, Miss, ob Sie unverletzt sind“, sagte ihr Retter in breitem Dialekt. „Können Se alleine stehen? Gut. Jetzt woll’n wir nach Ihrer Freundin sehen.“
„Adele!“ Auf wackligen Beinen lief Carlotta zu der wenige Schritte entfernt liegenden reglosen Gestalt im Gras und sank neben ihr nieder. Adele hatte ihren Hut verloren und lag auf dem Rücken, eine Hand über den Kopf gestreckt. Ihr Gesicht war kreidebleich, wie Carlotta voller Entsetzen wahrnahm.
„Sie ist ohnmächtig, Miss. Hat ’nen schlimmen Sturz hinter sich, möcht’ ich meinen.“ Der Mann kratzte sich am Kopf. „Sie braucht den Doktor. Sind Sie vom Herrenhaus?“
„Ja, das sind wir“, antwortete Carlotta und zog ihre Jacke aus, um sie Adele als Kissen unter den Kopf zu schieben.
„Ich lauf ins Dorf und hole Hilfe. Es ist nicht weit, wenn ich durch’n Wald geh. Abel wird bei Ihnen bleib’n.“
„Ja.“ Der Mann, der das Pferd hielt, nickte bedächtig. „Und ich werd auch versuchen, den armen Gaul aus dem Wirrwarr zu befreien.“
Carlotta schaute ihre Retter dankbar an. „Ja, bitte holen Sie so schnell wie möglich Hilfe.“
„Machen Se sich keine Sorgen, Miss. Bin gleich wieder zurück.“
Carlotta sah, wie er schwerfällig den Hügel hinunter lief und schon bald darauf im Wald verschwand. Der Mann, den er Abel genannt hatte, sprach beruhigend auf das Pferd ein, während er gleichzeitig die Schnallen am Geschirr öffnete. Mühsam stand Carlotta auf, um die Decke zu holen, die durch ihren Unfall auf den Boden gefallen war. Nachdem sie ihre Freundin zugedeckt hatte, setzte sie sich neben sie ins Gras, denn ihr war ein wenig schwindelig.
„Carlotta?“ Adele schlug die Augen auf.
„Ja, ich bin hier. Bleiben Sie ganz ruhig liegen.“ Carlotta legte ihr die Hand auf die Schulter, um zu verhindern, dass sie versuchte, aufzustehen. „Hilfe ist schon unterwegs.“
„Was ist nur geschehen?“
„Sie haben ein Rad verloren, Madam“, rief Abel.
Erst da bemerkte Carlotta, dass eines der Räder einige Meter entfernt lag.
„Oh, gut“, murmelte Adele. „Dann kann mich James wenigstens nicht wegen meiner Fahrweise schelten.“
„Die Miss ist bestimmt froh, Sie reden zu hören, Madam“, fuhr der Schäfer fort. „Sie hatte Angst, es wäre aus mit Ihnen.“
Adele hob eine Hand, und Carlotta ergriff sie.
„Nein“, sagte Adele schwach lächelnd. „Noch ist es nicht aus mit mir.“
Noch während Carlotta ihre Hand drückte, schloss Adele wieder die Augen und sank zurück in eine tiefe Bewusstlosigkeit.
Carlotta wusste nicht, wie lange sie bereits neben ihrer Freundin im Gras saß. Inzwischen war es Abel gelungen, das Pferd aus der Deichsel zu befreien. Nachdem er es an einem Baum festgebunden hatte, blieb er, an einem Strohhalm kauend, in
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