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Der Bastard von Tolosa / Roman

Der Bastard von Tolosa / Roman

Titel: Der Bastard von Tolosa / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Schiewe
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siehst«, scherzte ich, »vielleicht ist so eine Entführung doch keine so gute Sache,
petite domna!
«
    Adela ließ sich zurückfallen, um das Gehörte ausgiebig mit Cortesa zu besprechen.
    »War das alles wahr?«, fragte Hamid.
    »Natürlich! Odo hat es oft genug erzählt.«
    »Mich wundert, wie unbekümmert ihr Franken mit Dingen wie Ehebruch umgeht. Und Entführungen sollen sogar üblich sein, sagst du. Bei uns wäre die ganze Sippe entehrt und könnte sich von der Schmach nur durch den Tod der Übeltäter reinwaschen.«
    »Es ist auch bei uns eine schlimme Sache«, erklärte ich. »Einer Ehebrecherin, wenn arm, schert man das Haupt kahl und kettet sie zur Belustigung des Volkes mit nackten Brüsten an den Pranger, wenn das Urteil nicht schlimmer ausfällt. Mit Sicherheit verliert sie Ehemann und Kinder und muss hoffen, dass ihre Familie sie wieder aufnimmt. Ist sie reich, werden oft Mitgift und andere Besitztümer gepfändet. Auch Männer, wenn überführt, werden zu Geldbußen und Wallfahrten verurteilt.«
    »Da sei froh, dass du ein Mann bist«, sagte er trocken. »Dabei fordert ihr es geradezu heraus. Sind nicht die meisten eurer Liebeslieder versteckte Einladungen zum Ehebruch?«
    »Nein, die Lieder schmeicheln eher dem Burgherrn als seiner Gemahlin. Die jungen Heißsporne bei Hofe ehren ihn, indem sie seine Gemahlin bewundern.« Hamid sah mich verständnislos an. »Vom
dominus
wird Großzügigkeit erwartet. Deshalb zeigt er gern seinen Reichtum. Und das liebste Juwel ist oft eine schöne Gemahlin von edler Gesinnung, die von allen bewundert wird. Natürlich nur aus sicherer Entfernung, denn eine untreue Frau verliert jede Achtung.«
    »Ein Spiel mit dem Feuer.«
    »Macht das Leben spannend, oder?«
    Er schien wenig überzeugt von dieser Erklärung. »Anscheinend finden es alle sehr vergnüglich, wenn das Weib dem Mann Hörner aufsetzt, wie ihr es nennt. Wie viele Geschichten habe ich nicht schon bei euch gehört, in denen ein gerissenes Weib ihren Mann übertölpelt. Immer voller Schadenfreude, als sei ihr Fehltritt die gerechte Strafe für seine eigene Unachtsamkeit.«
    Ich musste lachen. »Der Betrogene macht immer eine komische Figur.«
    »Und doch mögt ihr keine unterwürfigen Weiber.« Er schüttelte den Kopf.
    »Nein. Die wären langweilig!«
    »Nun, vielleicht ist eure Art besser, als Köpfe abzuschlagen oder Frauen zu steinigen. Aber ich muss mich an diese Leichtigkeit noch gewöhnen.«
    ***
    Wenn zu Anfang noch viele Reisende unterwegs gewesen waren, so wurden es nun merklich weniger. Händler waren stets von Waffenknechten begleitet. Mönche und Pilger, die uns begegneten, grüßten freundlich, Bauern hingegen beäugten uns misstrauisch und blieben wortkarg und verschlossen, wenn ich sie ansprach. So kannte ich meine Landsleute gar nicht. Es waren gewiss die unsicheren Zeiten und das gefährliche Pack, das sich im Land herumtrieb, wie mein Freund Alfons erzählt hatte. Die Bauern fürchteten sich vor Fremden.
    Als wir eine Anhöhe hinaufritten, empfing uns ein Anblick, der dies auf schreckliche Weise verdeutlichte. Schon von weitem hatte sich ein Schwarm von Vögeln bemerkbar gemacht, die lärmend über der Hügelkuppe kreisten. Als wir uns näherten, erkannten wir Raben und Krähen und ein paar Geier, die sich um das verfaulte Fleisch von fünf Erhängten stritten, deren stinkende und zerfetzte Leichen von den Ästen einer Eiche hingen. Es mussten Diebe oder Wegelagerer gewesen sein, denn vor der Hinrichtung hatte man ihnen Nasen und Hände abgeschnitten. Aus schaurigen, von den Vögeln leergepickten Augenhöhlen starrten sie uns an. Ein Windstoß ließ die Leichen an ihren Stricken schaukeln, so dass die Äste knarrten. Adela war bleich geworden. Uns allen war nicht wohl bei diesem Anblick, und wir ritten eilig weiter, nicht ohne uns zu bekreuzigen.
    Bald darauf kamen wir durch eine wilde Gegend ohne ein Zeichen menschlicher Behausung. Auch auf der Straße fand sich keine Menschenseele. Der Himmel hatte sich merklich eingetrübt, und graue Wolken waren aufgezogen. Dichter Wald auf beiden Seiten verdunkelte den Weg noch mehr, und wir mussten häufig tiefhängenden Zweigen ausweichen. Da warnte uns Brun vor einem sich nähernden Reitertrupp.
    Eilig zogen wir uns in den Wald zurück, denn es war besser, vorsichtig zu sein.
    Wir saßen ab und beobachteten die Straße durch die dichten Büsche. Hamids Bogen lag schussbereit in seiner Hand. Bald kamen sie in Sicht, etwa ein Dutzend berittener

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