Der Bastian
unerschütterlich die Fußgängerzone durchschritt.
»Wie schaut denn das aus!«
»Trödel nicht!«
»Ein erwachsener Mensch, der an Omas Hand Hosen
kaufen geht. Bleib wenigstens draußen.«
»Ich komm’ mit hinein.«
»Du kommst nicht.«
»Ich komme. Nachher kaufst du wieder solche mit
Beulen.«
»Aber du! Du kaufst die richtigen für mich«,
rief er aufgebracht.
»Das tu’ ich.«
»Hast du Großvater auch modisch beraten, ja?«
»Wieso?«
»Wenn ich an seine Hosen denke! Die hatten immer
Flatterhintern!«
»Großvater trug die Hosen deines Vaters
auf. Der war eben stärker um die Hüfte.«
»Sag nichts gegen meinen Vater!«
»Wie werd’ ich was sagen gegen meinen Maxi. Gott
hab’ ihn selig!«
»Ja«, sagte Bastian, »er war der einzig
Vernünftige in dieser Familie.«
»Stell dir vor, er hätte deine Hosen
auftragen müssen!« Bastian langte es. Er ging immer schneller. Sie keuchte
hinter ihm her, gab aber nicht auf.
»Dein Bruder Karli ist so ein eleganter Mensch —
und du?«
»Trotzdem kannst du ihn nicht so gut leiden.«
»Seine Hosen schon.«
»Wenn du noch einmal Hosen sagst!!!«
»Ja?«
»Dann weiß ich nicht, was ich tu’.«
Sie lächelte unter Atemnot: »Eine Hose kaufen.«
Frauen mit dem Beharrungsvermögen der Martha
Guthmann wurden meistens eines Tages in Notwehr erschlagen.
»...damit sie endlich mal stille war, Herr Rat!«
Bastian drehte sich auf dem Hacken um und ging
Richtung Marienplatz, woher sie gekommen waren.
Martha sah ihre Pläne, so kurz vorm Ziel,
davonlaufen und rief energisch »Bastian!« hinter ihm her. »Bastian!! Bleibst du
wohl —! Hierher!!!«
»Ja, bei dem Gewurle — da laßt man doch keinen
Hund ohne Leine laufen!« belehrte sie eine Passantin im Vorübergehen.
Großmutter sah sie verständnislos an.
Der Abstand zwischen ihr und dem störrischen
dreizehnten Enkel hatte sich verdoppelt, sie verlor ihn in dem Gewühle
zeitweise aus den Augen, war den Tränen nahe vor Enttäuschung...
...da tauchte als reichlich abgehetzter Deus ex
machina Katharina Freude auf.
Sie sah zuerst Bastian und winkte ihm zu.
»Hallo — du — ich hab’ mich so beeilt — aber ich
bin nicht vor drei weggekommen — und eh ich einen Parkplatz gefunden hab’...«
Er legte den Arm um sie und zog sie fort. »Komm
rasch — meine Großmutter verfolgt mich!«
Martha Guthmanns aufgeregte Stimme und ihre Arme
mit der schlenkernden Handtasche hoch über ihrem Kopf alarmierten die Passanten
im Umkreis.
»Fräulein Doktor! Hallo, Fräulein Doktor! Halten
Sie ihn auf! Das Luder will türmen!«
Es blieb Bastian und Kathinka nichts anderes
übrig, als stehenzubleiben und zu warten, bis sie herangekommen war, im
Gesamtbild auffallend derangiert.
»Guten Tag, Frau Guthmann«, sagte Kathinka,
»fein, Sie mal wiederzusehen.«
»Aber der Anlaß«, keuchte Martha Guthmann
tragisch, »der Anlaß!«
Plötzlich hatte Bastian einen Verdacht. »Sagt
bloß, ihr habt euch verabredet!«
Katharina lachte freimütig. »Ja.«
»Warum?«
»Falls der Laden, wo wir die Hose kaufen werden,
zwei Ausgänge hat«, sagte Großmutter.
Beide Frauen hakten ihn ein und zogen ihn mit
sich fort, auf ein Herrenbekleidungsgeschäft zu.
In den Auslagen standen Puppen in verkrampft
ungezwungener Haltung herum. Sie hatten gelbe und braune Perücken auf und einen
Gesichtsausdruck, über den sich Martha Guthmann gar nicht beruhigen konnte.
»Lauter Deppen in Freizeitkluft! Ja, wer sagt’s
denn-!«
Es war ein kleines Herrengeschäft, in das sie
schließlich hineingingen. Großmutter blieb sicherheitshalber an der Tür stehen.
Nach Bastians Geschmack zu großkarierte und zu taillierte Jünglinge hingen
beschäftigungslos an der Kasse herum und unterhielten sich. Einer kam
schließlich auf ihn zu, einen anderen stupste er an und zeigte auf die alte
Frau, die an der Ladentür stand.
Der Angestupste fragte Großmutter: »Sie
wünschen?«
»Ich? Nichts. Ich steh’ hier nur auf
Wachtposten.«
Er schaute sie abschätzend an und näselte: »Ach
so — Zeugen Jehovas.«
»Nein«, sagte Oma, »katholisch. Warum?«
»Wir geben nichts«, sagte er und ließ sie
stehen.
Inzwischen hatte der andere Verkäufer Bastian
nach seinen Wünschen gefragt.
Bastian blickte verzweifelt die Wände hinauf und
hinunter. Wo er hinblickte: Hosen.
»Ich brauch’ angeblich ‘ne Hose. Haben Sie
eine?«
»Haben Sie einen bestimmten Wunsch?« fragte der
Verkäufer.
»Na, eben ‘ne Hose, die nicht beult.« Bastian
sah sich
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