Der Bastian
gereizt nach Katharina um. »Das ist euch ja wohl das Wichtigste.« Zum
Verkäufer: »Und keinen Hintern darf sie haben, der Gesichter schneidet.«
Der Verkäufer fühlte sich verscheißert. »Unsere
Hosen beulen nicht.«
»Bei mir schon.«
»Wir haben zwei Modelle — wenn Sie mal sehen
möchten. Ein weitgeschnittenes mit Aufschlägen und eins mit tief angesetztem
Hosenbund. Nicht ganz so ausstehend.«
Bastian lachte. Es war ein amüsiertes und
gleichzeitig wütendes Lachen.
»Eine schiefergraue Flanellhose, würde ich
vorschlagen«, sagte Katharina und lachte auch.
Der Verkäufer nahm mit Widerwillen um Bastians
Hüfte Maß, dann angelte er zwei Hosen aus einem oberen Regal und hängte sie ihm
über den Arm. »Dort ist die Kabine.«
Sie befand sich in einer Nische zwischen zwei
Wandschränken und war durch einen beigen Vorhang vom Zuschauer- beziehungsweise
dem Verkaufsraum getrennt.
Martha Guthmann stand nun neben Katharina
Freude. Beide Frauen schauten gebannt auf den beigen Vorhang, der sich unter
zornig ausholenden Bewegungen beulte. Dann plumpste was. »Das waren die
Schuhe«, lächelte Kathinka zärtlich. Eine Minute später trat Bastian in Flanell
auf. Schaute um sich wie ein Mordbube auf Socken.
Kathinka betrachtete ihn kritisch. »Dreh dich
mal-.«
Er drehte sich.
Großmutter betrachtete indessen seine
fadenscheinigen Hacken.
»Neue Socken braucht er auch.«
»Ich würde sagen — « sagte der Verkäufer.
»Sagen Sie lieber nichts«, warnte Bastian.
»Aber im Bund...«
Bastian unterbrach ihn streng. »Sie paßt.«
»Nun ja — im Vergleich zu ihrer eigenen...«
»Packen Sie sie ein«, sagte Bastian.
Es bedurfte mehrerer fragender Blicke und eines
eigenen Nachgedankens, bis er begriff, daß er die Hose zu diesem Zwecke wieder
ausziehen mußte.
Katharina wollte die Tüte mit der Hose tragen.
Großmutter wollte sie tragen.
Bastian fragte, warum.
»Damit du das gute Stück nicht irgendwo
stehenläßt.« Katharina trug die Hose.
Beide Frauen wirkten auffallend heiter und
gelöst. Das wunderte Bastian. Ehrlich. Er hätte nie gedacht, daß eine
unscheinbare graue Hose so viel Freude zu spenden vermochte.
Aber jetzt wollte er ein Bier.
»Du kriegst dein Bier«, versprach Großmutter.
»Du kriegst zwei Biere«, versprach Kathinka.
»Und ich muß was essen, sonst fall’ ich um.«
Bastian, der beide um etliches überragte, hatte
in der entgegenschlendernden Masse den Lockenkopf seines Bruders entdeckt. »Ich
sehe was, was ihr nicht seht. Ich hoffe bloß, er sieht uns nicht.«
»Wer?« fragte Oma.
»Klappzahn. Da kommt er schon, o Gott, da kommt
er auf uns zu. Heut ist ein Unglückstag.«
Karl Guthmann eilte hocherfreut näher. Groß.
Gebräunt. Englisch gekleidet. »Nein, so eine Überraschung!«
»Ganz meinerseits«, sagte Bastian sauer. »Darf
ich vorstellen — Klappzahn Guthmann, dein Enkel. Martha Guthmann — deine Oma.«
»Laß den Blödsinn, wir kennen uns.« Karl küßte
seine Großmutter auf die Wange und Katharina auf die Hand mit der Tüte.
»Liebes Fräulein Doktor Freude...«
Bastian schob sich eifersüchtig zwischen die
beiden. »Bemach dich bloß nicht!«
Sie schlenderten gemeinsam weiter, Karl neben
Großmutter. »Na, Karli, geht’s denn?«
»Lange nicht gesehen, Omama.«
»Das letztemal, wie mein Oberstück gebrochen
war«, sagte sie. »Das war im Juni.«
»Hat’s denn gehalten?«
»Ach danke. Bloß manchmal juckt es unter der
Platte.«
»Das liegt nicht am Oberstück«, sagte Karl und
wandte sich den beiden anderen zu. »Wo geht ihr hin?«
»Bier trinken und was essen«, sagte Katharina.
»Komm doch mit«, sagte Großmutter.
»Wenn ich nicht störe?« Karl sah Kathinka in die
schönen Augen.
Sie lachte. »Mich nicht.«
»Darf ich Ihnen die Tüte abnehmen?« fragte er
und bedachte gleichzeitig Bastian mit einem abwertenden Blick.
Typisch. Hängte die Daumen in seinen Gürtel und
ließ die Dame tragen.
Karl Guthmann nahm Katharina die große
Plastiktüte ab. Bastian grinste: »Jetzt trägt der Klappzahn meine Hose!«
»Wer? Ich?« Karl schaute entsetzt an ihm
herunter. »Deine Hose!!?«
Zwei Stunden später gingen sie vor dem
Restaurant, in das Karl Guthmann sie geführt hatte, auseinander.
»Was der Klappzahn sich ärgert, daß er
Großmutter heimfahren muß und nicht dich«, freute sich Bastian, einen Rülpser
bekämpfend. Katharina antwortete nicht.
»Mir ist gar nicht gut. Die >Genfer
Morgenröte< war entschieden zuviel.«
Sie
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