Der Bastian
etwa aus Tierliebe, sondern um die
Jäger zu ärgern«, sagte Karli. »Es fehlt ihm jeglicher Sportsgeist.«
»Das mag sein«, sagte Großmutter. »Davon verstehe
ich nichts.«
Ihr war nur eins wichtig — daß der Bub anständig
angezogen zu Dr. Freudes Eltern fuhr. Und das hatte sie geschafft.
Der Verlust der Hose kränkte Bastian nicht. Er
wehrte sich nur energisch gegen den Verdacht, sie absichtlich verloren zu haben.
Wie sollte er denn, wo er sie nicht einen
Augenblick lang hatte tragen dürfen?
»Aber vielleicht hast du gesehen, wo ich sie
stehenließ, und nichts gesagt«, überlegte Katharina, nicht bereit, die Schuld
allein zu tragen, sie wollte ihm zumindest einen Verdacht um den Bauch binden —
statt der Hose.
Am nächsten Tag war Samstag.
Kathinka fuhr nachmittags zu ihren Eltern nach
Großgmain. Bastian wollte am Sonntag nachkommen.
Er meinte, ein Tag Familie Freude wäre für den
Anfang genug.
Ein Herr Guthmann wird erwartet
Er war gerade beim Packen seines Koffers, als
Martha Guthmann vor der Tür stand.
Sie sagte, sie wäre »zufällig« in dieser Gegend
gewesen, und da hätte sie sich gedacht, wo du nun schon hier bist, Martha,
kannst du rasch mal nach dem Bastian schaun und Abschied von ihm nehmen.
»Abschied?« Er grinste. »Für einen Tag? Das
glaubst du doch wohl selbst nicht.«
Nein, das glaubte sie auch nicht und lenkte
darum ab: »Für einen Tag so einen großen Koffer?« Sie hob seinen Deckel an. In
dem großen schwarzen Gepäckstück fürchteten sich ein paar Socken, ein Hemd und
eine Unterhose vor einer großen Papierschere.
»Ich hab’ keinen kleineren«, sagte Bastian und
warf noch das hinein, was man unter dem Begriff »Kulturbeutel« zu kaufen pflegt
und was bei ihm immer voll Zahnpastafleckchen war. Großmutter betrachtete ihn
prüfend. »Ich vermisse die schöne neue Hose an dir?«
»Ach ja, das dachte ich mir, daß du das sagen
wirst«, er hatte nicht die Kraft, ihr den schweren Verlust mitzuteilen —
zumindest jetzt nicht. Später einmal. Schonend. Es würde sie zu arg treffen,
daß alle Nervenkraft, aller Ärger und das gute Geld umsonst verschwendet worden
waren.
»Katharina hat die Hose schon mitgenommen. Damit
ich sie nicht vergesse.«
Das beruhigte Großmutter. Einer Ärztin konnte
man vertrauen.
»Aber zum Friseur hättest du noch gehen müssen.«
»Ja«, sagte Bastian.
»Du sagst immer ja«, sagte Großmutter ärgerlich.
»Ja«, sagte Bastian und verschloß seinen Koffer.
»Und dann wollte ich dich bitten, wenn du bei
den Freudes bist — red nicht über Politik, nein?«
»Warum nicht?«
»Vielleicht haben sie eine andere Einstellung
als du.«
»Und wenn?«
»Ich mein’ ja nur, schließlich bist du ihr
Gast.«
»Und wenn einer Gast ist, muß er die Klappe
halten, ja?«
»Bitte, halt sie, Bub, und trink dir keinen an.
Wenn du einen sitzen hast...«
»Am besten, du kommst mit und paßt auf mich
auf.«
Bastian nahm seinen Koffer und drückte einen Kuß
auf Oma. »Wenn du noch bleiben willst, schließ bitte ab.«
Er sah sich um, ob er auch nichts vergessen
hatte. Großmutter sah indessen ihren Enkel an.
»Bastian«, sagte sie zart. Und als er
mißtrauisch guckte: »Ach, schon gut. Ich sag’ lieber nichts mehr.«
»Dein Glück, Martha.«
»Trotzdem hast du fürchterliche Socken an!«
Nachdem sie ihren Enkel verabschiedet hatte,
fuhr Martha Guthmann wie jeden Sonntagvormittag zum Friedhof, um ihren
Verschiedenen zu gießen. Es war um dieselbe Zeit, zu der er einstmals in die
Wirtschaft zu gehen pflegte.
Postum verwöhnte sie ihn mit all den kleinen
Freuden, die sie ihm zu Lebzeiten schwer verübelt hatte. Sie war ihm nicht oft
eine verständnisvolle Frau gewesen. Aber sie war ihm eine gute Witwe. Doch, das
war sie. Sie hatte ihm ein schönes Liegen gekauft, mit Sonne, damit ihm die
Füße nicht froren. Sie goß ihn zur Frühschoppenzeit und ließ kein Unkraut auf
ihm zu.
Von all ihren Kindern und Enkeln war Bastian
ihrem Verstorbenen am ähnlichsten. Darum hatte sie ihre despotische Liebe auf
ihn übertragen, aber mit mehr Verständnis für seine Schwächen. Er war ja auch
nur ihr Enkel und nicht ihr Mann. Martha Guthmann putzte das Grab und erzählte
dabei von Bastians Wochenendfahrt und daß sie nächsten Monat Telefon kriegen
würde. Susi Schulz wollte sich an den Kosten beteiligen.
Bei Susi Schulz fiel ihr das Mittagessen ein.
Sie verstaute Harke und Gießkanne hinter dem
Grabstein, versprach, in Anbetracht der
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