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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Pfüat di — Wiedersehen — mach’s
gut, Oma — sag Oma schön auf Wiedersehn — gebt Küßchen, Küßchen, hab’ ich
gesagt!!
    Und vielen Dank auch.
    Martha Guthmann war fix und fertig. Rückblickend
kam ihr der Tag wie ein turbulenter Alptraum vor.
    »Da siehst du mal, wie das ist, wenn all die
kommen, die du im Laufe eines Jahres einlädst«, sagte Bastian. »Und das waren
noch nicht mal alle, sondern nur ein Bruchteil.«
    »Ja«, nickte Großmutter. »O ja-.«
    Sie schlief bereits in ihrem Sessel, als
Katharina Freude wenig später vor der Tür stand, um ihre Glückwünsche und
Blumen abzugeben.
    »Na, wie war’s?«
    »Wie auf einer Breughelschen Bauernhochzeit. So
schnell wird meine Großmutter nicht wieder siebzig«, sagte Bastian. »Komm
rein.«
    Ihren Streit erwähnten beide nicht mehr.
    Sie standen im Wohnzimmer und tranken auf das
Wohl der leise schnarchenden Jubilarin.
    Auf daß sie noch lange leben möge!
     
     
     

Zuckerwatte
     
    »Sag mal, Bastian?«
    »Mein Liebling?«
    »Hast du noch gar nichts von der PH gekriegt?«
    »Nein.«
    »Komisch. Die Schwester einer Freundin von mir
hat zur selben Zeit wie du ihr Examen gemacht und bereits am 11. August die
Mitteilung erhalten, daß sie durchgefallen ist.«
    »Die Arme. Wie heißt sie denn?«
    »Guggenmoser.«
    »Ach, die Guggi. Und ist durchgefallen? Tut mir
das leid.«
    »Heut haben wir den Fünfundzwanzigsten.«
    »Was? Schon?«
    »Und du hast noch nichts gehört? Das gibt’s doch
gar nicht, Bastian!«
    »Wenn ich’s dir sage!«
    »Aber du solltest dich wirklich darum kümmern.«
    »Ja.«
    »Du sagst immer ja und tust nichts.«
    »Warum sollte ich? Ich kann’s abwarten.«
    Dieser Dialog war die Ouvertüre zu ihrem ersten
ernsthaften Krach, in dessen Verlauf Katharina Freude dem Bastian Guthmann
folgendes vorwarf:
    1. Außerhalb der Realität zu leben.
    2. Die Dinge immer laufen zu lassen.
    3. Ein Tagträumer zu sein. (Begründung dieses
Vorwurfes: Für »Taugenichtse« im Eichendorffschen Sinne gäbe es in den
siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts keinen Platz mehr. Bastians Gegenfrage
»Warum nicht?« blieb unbeantwortet.)
    4. Keinen Ehrgeiz zu haben.
    5. Es am nötigen Ernst fehlen zu lassen.
    6. Überhaupt nicht an die Zukunft zu denken.
    7. Eine Schlampe zu sein.
    Bastian konterte darauf mit Gegenvorwürfen.
    »Ständig reibst du mir deine Tüchtigkeit und
dein Pflichtbewußtsein unter die Nase. Und wann hast du schon mal Zeit für
mich? Na gut, das ist nicht deine Schuld. Aber daß du nie abschalten kannst,
Kathinka. Daß du nicht begreifst, wie mir der Appetit vergeht, wenn du beim
Abendbrot von Totaloperationen und Brustkrebs und Frühgeburten erzählst.«
    »Du hast eben kein Interesse an meinem Beruf!«
    »Ich hab’ vor allem nicht die Nerven dafür.
Sonst wär’ ich vielleicht selber Arzt geworden. Aber ich kann kein Blut sehen,
und schon gar nicht das anderer...«
    »Dann tu was gegen deine Zimperlichkeit.«
    Der Ausdruck »Zimperlichkeit« ärgerte ihn sehr.
    »Ist das vielleicht ein Verbrechen, wenn einer
kein Blut sehen kann? Ich bin dir nicht abgebrüht genug, wie? Da hast du
allerdings recht. Ich nehme anderer Leute Leiden viel zu persönlich. Und wenn
ich jemals einen zusammenschlagen würde, dann nur, weil er einen andern zu
Unrecht schikaniert.«
    »Du Gerechtigkeitsapostel, du edler Mensch!«
    »Ich bin kein edler Mensch!« schrie er.
    »Edel und unsachlich!« schrie sie zurück.
    Ach, was wirft man sich im Verlaufe solch eines
Kraches alles an den Kopf! Und dann scheidet man mit Türenknallen und in der
Hoffnung, daß der andere zuerst einrenken wird.
    Es renkte aber keiner. Bastian hatte sein
Telefon seit zwei Tagen auf Auftragsdienst gestellt, damit ihm während seiner
Abwesenheit kein Anruf entging. Kathinka fragte fünfmal am Tag, ob kein Anruf
für sie gewesen wäre.
    Beide hatten eine große Wut aufeinander und eine
große Sehnsuch nacheinander, und beide hatten ihren blöden Stolz.
    Und überhaupt ist es gar nicht so einfach, wenn
man erkennt, daß man nicht zueinander paßt, und sich dennoch sehr, sehr lieb
hat.
     
    Bastian kostete dieser Ausnahmezustand seinen
Job als Taxifahrer.
    Und das kam so: Da war ein Fahrgast aus Berlin,
der war gesprächig auf der Fahrt vom Flughafen zum Bayerischen Hof. Er fragte
zuviel. Ob Bastian Student sei und was er studiere. Und als er hörte, daß
Bastian Student an der PH sei, meinte er, das wären doch bloß sechs Semester,
und dafür sei er eigentlich zu alt.
    Da fuhr

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