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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Bastian das Taxi an den Straßenrand und
bat seinen Fahrgast auszusteigen. Samt Koffern. Denn er habe zwar ein Recht,
seine Fahrweise zu kritisieren, nicht aber sein Privatleben.
    Der Fahrgast beschwerte sich beim
Taxiunternehmer. Bastian wurde noch am gleichen Tag gefeuert.
    Immer rauf aufs Schlimme.
    Schadete Katharina gar nichts, wenn er seinen
Job verlor. Was stritt sie mit ihm wegen seines Examenbriefes. Warum warf sie
ihm vor, zimperlich zu sein und ein Taugenichts. Sie hatte kein Recht dazu...
     
    ...da ging sein Telefon. Er hob sofort ab, in
der Hoffnung, Katharina rufe an.
    Aber es war Martha Guthmann am Apparat. Martha
Guthmann aus der Telefonzelle.
    »Dein Onkel Alois ist heut den letzten Tag in
Bayern. Da möcht’ er gerne zu seiner Schwester Rosa nach Tutzing. Und da dachte
ich, du fährst uns. Es ist ein schönes Verdienen für dich, Bastian.«
    »Ich fahr’ aber nicht«, sagte Bastian.
    »Typisch, typisch«, sagte Großmutter. »Eine
Großmutter kriegt spielend dreizehn Enkel groß, aber dreizehn Enkel können
nicht eine Großmutter zu Tante Rosa nach Tutzing fahren!«
    »Ich kann euch nicht fahren, weil ich kein Taxi
mehr habe«, schrie Bastian in den Hörer. »Ich bin gefeuert, verstehst du? Warum
nehmt ihr nicht den Zug? Habt ihr noch nie was von der S-Bahn gehört, nein? Die
fährt auch zu Tante Rosa nach Tutzing, ach, scheiß auf Tante Rosa. Laßt mich
doch alle in Ruh!«
    Er knallte den Hörer auf.
    Martha Guthmann in ihrer Telefonzelle war im
Druck.
    Denn vor der Zelle wartete Schwager Alois in
Seemannskleidung und in Erwartung des Ausfluges an den Starnberger See. »Sein
Wagen ist kaputt. Wir müssen die S-Bahn nehmen.« Tante Rosa und Großmutter
hatten sich schon als junge Frauen nicht ausstehen können.
    Während sie ihre Himbeertorte mit Schlagrahm
aßen (backen konnte die Rosa ja, das mußte man ihr lassen), dachte Martha
Guthmann immerzu an Bastian. Irgendwas stimmte nicht mit ihm. Sonst hätte er
sich nicht so am Telefon benommen. Nicht ihr gegenüber. Nein, nicht der
Bastian. Was war bloß mit dem Bastian?
    Auf der Rückkehr nach München fing ihr Schwager
Alois plötzlich zu reden an. Sagte vielleicht Sachen —!
    »Schau mal, Martha«, sagte er zwischen Starnberg
und Mühltal, »unsere Kinder sind versorgt. Wir sind beide allein. Es ist nicht
gut, allein zu sein. Ich hab’ Gespartes, du hast deine Pension und die
Dreizimmerwohnung. Schweden ist ein schönes Land, aber in der Heimat möchte ich
sterben. Martha, laß uns unseren Lebensabend zusammentun!«
    Martha Guthmann hatte aus dem Fenster geschaut
und anfangs nicht zugehört. Nachträglich erschrak sie sehr.
    »Du meinst, ich soll die Restpflege bei dir
übernehmen, ja?«
    »Aber Martha, so habe ich das doch nicht
gemeint. Ich bin rüstiger, als du glaubst.«
    »Ja, Alois«, sie tätschelte bekümmert seine Hand
mit dem viel zu großen Siegelring. »Aber glaub mir, das ginge nie gut mit uns.
Das gäb’ Mord und Totschlag, glaub mir.«
    »Warum denn, Martha?«
    Sie wollte ihm nicht die Wahrheit sagen. Die
Wahrheit hieß: Ich bin zu jung für dich. Ich bin erst siebzig und du schon
Sechsundsechzig, aber ich hatte immer Kinder um mich und junge Leute, was soll
ich auf meine geschäftigen Tage mit einem Pensionär!?
    Sie schieden herzlich vor ihrer Haustür.
    Da es zu keiner Verlobung gekommen war, wollte
Alois Guthmann nicht die für den letzten Abend seines München-Aufenthaltes
vorgesehene Theatervorstellung versäumen. Schließlich hatte er sie bereits bezahlt.
    Großmutter winkte seinem Taxi nach und schoß
darauf in ihre Bäckerei — zwei Minuten vor Geschäftsschluß.
    Sie sagte über den Ladentisch: »Ein halbes
Mischbrot, Frau Hufnagel, und stellen Sie sich vor, mein Besuch aus Schweden
hat mir einen Antrag gemacht, einen ernsthaften. Aber bin ich blöd? Werd’ ich
mich binden? Meine schöne Freiheit aufgeben? Ich bitt’ Sie, Frau Hufnagel. Und
dann noch zwei Brezen.«
     
     
    Bastian war seinen Taxijob los. War zerstritten
mit sich und der Umwelt. Und vor allem mit Kathinka.
    Er tigerte ziellos durch die Isarauen und kam
zwischen drei und vier Uhr nachmittags auf der Flußböschung nieder.
    Schaute der Isar beim Fließen zu und zählte an
den Fingern ab, mit wem er alles zerstritten war. Es waren nicht viele, aber
entscheidende Persönlichkeiten. Katharina Freude. Der Taxiunternehmer. Martha
Guthmann.
    Und dann war zufällig Biggy vorbeigekommen,
Biggy mit einem degenerierten Langhaardackel an der Leine.
    Biggy. Ein

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