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Der Bastian

Der Bastian

Titel: Der Bastian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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Hier blieb Susi
plötzlich stehen und sah ihn unschlüssig an.
    »Bastian?«
    Er war nach dem Streit mit Kathinka viel zu
abgestumpft für zarte Zwischentöne.
    »Ist was?«
    »Ach nichts«, sagte Susi auf der Höhe eines
Seufzers und lief davon.
    Und gab die Hoffnung auf Bastian endgültig auf.
     
    Er fand einen alten Kanten Brot, einen Rest
Butter im Eisschrank und Großmutters selbstgemachte Vierfruchtmarmelade,
stellte alles auf ein Tablett, dazu den Teetopf, eine Tasse und ein Messer.
Umrühren konnte er mit einem Bleistift und essen vom Tablett — sparte er einen
Löffel, eine Untertasse und einen Teller ein.
    Bastian frühstückte beim Telefonieren.
    Zuerst rief er seine Schwestern an. Wie
erwartet, hatte keine die Absicht gehabt, zu Großmutters Siebzigstem zu kommen.
»Typisch«, kaute er vorwurfsvoll, »wenn sie eure Kinder hüten soll, erinnert
ihr euch an sie. Wenn ihr Geld braucht, soll sie ‘ne Hypothek auf ihre Wiese
aufnehmen, aber wenn sie ihren Siebzigsten feiert, habt ihr keine Zeit. — Dann
verschieb doch den Zahnarzt! Na und? Na und? Die anderthalb Stunden Bahnfahrt!
— Warum bringst du deinen Wurf nicht einfach mit? Schließlich ist sie die
Uromi. Nun stell dich nicht so an. Morgen bist du hier, verstanden?«
    Bastian rief im Laufe des Vormittags alle
Verwandten an, die telefonisch zu erreichen waren.
    Zwischen zwei Gesprächen klingelte es bei ihm.
Katharina war am Apparat.
    »Ach du, Kathinka.« Er hatte völlig ihren
morgendlichen Streit vergessen. »Dich wollte ich auch gerad anrufen. Meine
Großmutter backt und kocht, als ob die Gäste morgen mit Sonderbussen anreisen.
Jetzt haben wir Angst, daß sie eine fürchterliche Enttäuschung erleben wird.
Kathinka, du mußt mir einen Gefallen tun. Lad deine ganze Unterleibsstation zu
Omas Festtag ein. Wenn bloß fünf davon kommen, bin ich schon froh.«
    Sie japste hörbar nach Luft vor Zorn.
    »Hast du keine anderen Sorgen? Weißt du
eigentlich, was du angestellt hast? Nein? — Dann faß mal in deine Hosentasche.«
Bastian faßte hinein und holte ihren Autoschlüssel hervor. »Au Backe!« sagte
er.
    »Das ist alles, was du dazu zu sagen hast? Ich
bin eine halbe Stunde zu spät zum Dienst gekommen. Der Chef hat mich
angebrüllt. Das hat er noch nie getan. Und du sagst >au Backe<. Du bist
ein hoffnungsloser...« Sie brach mitten im Satz ab, weil jemand ins Zimmer
gekommen war. Bastian hörte das Klappen der Tür, eine Männerstimme und dann ein
Klicken. Katharina hatte eingehängt.
    Er holte darauf ihren Wagen ab und fuhr ihn auf
den Parkplatz des Krankenhauses.
    Ehe er ihn abschloß und den Schlüssel bei der
Empfangsschwester abgab, schmückte er den Fahrersitz mit Blüten von den
spitaleigenen Blumenrabatten.
    Und war fest überzeugt, daß so viel Aufwand die
Kathinka wieder aussöhnen würde.
     
     
     

Wer sich in ein Interview begibt...
     
    In seinem guten Anzug, mit Schlips, Gitarre und
Blumenstrauß, stand er um acht Uhr vor Martha Guthmanns Wohnungstür.
    Susi öffnete ihm und freute sich nicht wie
sonst, wenn er zu Besuch kam. Sie sagte nur »Ach du«, und das so, als ob sie
jemand anderen erwartet hätte.
    Bastian küßte sie auf die Wange. »Ja, was ist?
Staunst du nicht, daß ich schon um acht Uhr da bin?«
    »Wenn du erst Lehrer bist, mußt du jeden Morgen
um acht Uhr da sein.«
    »Und über meinen Schlips und den Anzug sagst du
gar nichts? Hast du mich je mit einem Schlips gesehen?«
    Susi sah Bastian-mit-Schlips an und meinte, er
wäre auch danach gebunden. »Komm rein. Sie ist total geklatscht.« Martha
Guthmann saß in einem lila Kleid am Küchentisch, vor sich eine aufgeschlagene
Zeitung. Sie hatte hektische Flecken im Gesicht und nahm Bastians Eintritt kaum
wahr.
    Bastian legte seinen Strauß ab, stimmte seine
Gitarre und sang:
     
    »Ich mag dich so, ich hab’ kein Geld,
    und du magst rosa Rosen.
    Was glaubst du, was ich angestellt
    für deine rosa Rosen?
    Der Gärtner hat sie angebaut,
    die Nacht war schwarz,
    der Hund war laut.
    Ich habe sie dennoch geklaut
    für dich — die rosa Rosen.«
     
    Er stellte seine Gitarre ab und wickelte den
Strauß aus. Es handelte sich um bunte Astern. Mit den rosa Rosen hatte es nicht
geklappt, und zum Umdichten war ihm keine Zeit mehr geblieben — außerdem: Was
reimte sich schon auf Astern?
    »Da, Omi, zu deinem Siebzigsten. Außerdem
schenke ich dir noch den Griff an einer Tiefkühltruhe, die Susi und Karli dir
schenken.« Er küßte sie auf beide glühenden Wangen. »Alles

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