Der Bedrohung so nah (German Edition)
bin wirklich viel zu früh“, sagte sie. „Ich kann gerne warten, wenn Sie gerade beschäftigt sind.“
Großartig, er hatte sie schon wieder angestarrt. Er benahm sich wie ein pickelgesichtiger Teenager, der seinem Lieblingsplaymate begegnete. Erin McNeal war eine Polizistin – und eine schlechte dazu. Vermutlich war sie genauso wie all die anderen Frauen, mit denen er damals in Chicago zusammengearbeitet hatte.
Als er bemerkte, dass Hector beinah die Augen aus dem Kopf fielen, zeigte er auf sein Büro. „Dort drinnen können wir reden, Ms McNeal.“
Mit großen, selbstbewussten Schritten ging sie zu der Tür. Er folgte ihr, wobei er es tunlichst vermied, ihren Hintern zu inspizieren, auch wenn er instinktiv wusste, dass ihm der Anblick gefallen würde. Am besten nahm er gar nicht erst zur Kenntnis, dass diese Frau eine Figur hatte, die ihm gefiel. Je weniger er an ihr mochte, desto besser.
Er setzte sich hinter den Schreibtisch in seinem Büro und sah zu, wie sie auf dem Stuhl ihm gegenüber Platz nahm. Ihr Blazer öffnete sich ein kleines Stück, als sie ihre Beine überkreuzte, und gab für einen kurzen Augenblick den Blick auf etwas Spitze und den Ansatz ihrer Brüste unter ihrer Bluse frei. Fest entschlossen, sich auf das Interview zu konzentrieren, heftete er seinen Blick auf die Unterlagen, die vor ihm lagen. „Ihre Referenzen sind wirklich beeindruckend“, sagte er. „Frank hat Sie sehr empfohlen.“
„Frank war ein guter Commander.“
„Es hilft sicherlich, dass er Ihr Onkel ist.“
Nick sah auf seine Unterlagen. Ob sie wusste, dass Frank ihm von der Schießerei erzählte hatte? „Sie haben Ihre Abschlussprüfung zum Detective mit sehr gutem Ergebnis bestanden. Nach nur zwei Jahren haben Sie sich von der Zivilfahndung versetzen lassen, um Detective zu werden. Hier steht‚ weil Sie die ‚geistige Herausforderung suchen‘. Ihre Aufklärungsrate ist hoch. Und Ihre Treffsicherheit ausgezeichnet.“ Er sah sie an. „Ziemlich beeindruckend, wenn man bedenkt, dass in Chicago über dreizehntausend Polizisten im Dienst sind.“
Sie sah ihm direkt in die Augen. „Ich liebe meinen Beruf.“
Eine Antwort, die ihm trotz seiner Vorbehalte ihr gegenüber gefiel. Bestimmt hatte sie einige Hürden auf dem Weg zum Detective überwinden müssen. Er kannte etliche Männer, die nicht einmal halb so gut waren wie sie. Und ebenso viele, die bis zum Äußersten gehen würden, sie am Aufstieg zu hindern, weil sie dem falschen Geschlecht angehörte. Trotzdem hatte sie es geschafft. Nick bewunderte Beharrlichkeit fast ebenso wie Mut. Er fragte sich, ob sie mutig genug war, das Thema anzuschneiden, über das offenbar keiner von ihnen reden wollte.
„Hier in Logan Falls ist es recht ruhig“, sagte er. „Ein paar straffällige Jugendliche. Häusliche Auseinandersetzungen. Letzten Freitag wurde der Brass Rail Saloon ausgeraubt, aber so was kommt nur sehr selten vor. Meinen Sie, dass Sie mit so viel Aufregung zurechtkommen?“
„Wenn ich in Chicago mit einem Stadtteil wie der South Side fertig geworden bin, dann wird Logan Falls wohl kaum ein Problem für mich darstellen.“
Natürlich hatte er die Frage nicht ernst gemeint, doch anscheinend hatte er sie damit provoziert. Stolz war sie also auch. Verärgert darüber, wie wenig sie seinen Erwartungen entsprach, studierte er erneut ihre Unterlagen. Frank hätte ihn wenigstens vorwarnen können, wie gut sie aussah. Aber am meisten ärgerte er sich darüber, dass es ihm überhaupt auffiel.
„Ich sehe, Sie hatten persönliche Probleme“, sagte er.
„Nichts Großes …“
„Es ist meine Pflicht, Sie danach zu fragen.“ Er blätterte eine Seite um. „Sie haben sich einer dienstlichen Anordnung widersetzt.“
Sie betrachtete ihn argwöhnisch, während sie ihr Gewicht auf dem Stuhl verlagerte. „Ich hatte ein Problem mit einer Anweisung, was ich meinem Lieutenant auch mitgeteilt habe.“
„Worum ging es dabei?“
„Ein paar unliebsame Fälle, die zugunsten vermeintlich wichtiger Dinge zurückgestellt wurden. Die Opfer waren hauptsächlich Prostituierte, für die sich niemand interessierte. Ich fand das nicht fair.“
Nick bestätigte das Gesagte mit einem unverbindlichen Nicken. Es gefiel ihm gar nicht, dass er ihrer Meinung war, aber er vermisste die Arbeit in der Großstadt und die politische Dimension, die diese mit sich brachte, nicht im Geringsten. „Macht die Schulter noch Probleme?“ Ihre Augen weiteten sich. Offenbar war sie auf diese Fragen
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