Der Bedrohung so nah (German Edition)
betrübte ihn zutiefst. Auch wenn er sich geschworen hatte, sie nicht so nah an sich heranzulassen: Es tat ihm leid, dass er von Anfang an so hart zu ihr und strikt dagegen gewesen war, sie einzustellen, obwohl sie über die notwendigen Qualifikationen verfügte.
„Und der Mann, den Sie angeschossen haben, konnte nicht identifiziert werden?“, fragte Nick.
„Wir haben die Krankenhäuser der Umgebung überprüft, aber das hat nichts ergeben. Keine der Notaufnahmen in der Nähe hatte eine Schusswunde gemeldet. Das Blut wurde zur DNA-Analyse ins Labor geschickt, doch es konnten keine Übereinstimmungen in der landesweiten Datenbank gefunden werden.“
Er nickte. Offenbar war die Polizei von Chicago in einer Sackgasse angelangt. Ebenso wie Erin und er. Wenn es tatsächlich eine Verbindung zwischen der Schießerei und dem Vorfall an der Logan Creek Brücke von heute gab, würden sie nicht so bald dahinterkommen.
Verdammt, er hasste Sackgassen.
„Sie wissen, dass es nicht Ihr Fehler war, was Danny passiert ist, oder?“
Ein Lächeln huschte über Erins Gesicht, so sanft und vergänglich wie eine leichte Sommerbrise. „So heißt es jedenfalls.“
„Aber Sie glauben es nicht.“
Unruhig wanderte ihr Blick umher, dann sah sie auf ihre Hände, bemüht, sie stillzuhalten. „Das letzte Mal, als ich Danny besucht habe, hat er nicht mit mir geredet. Er konnte mir noch nicht einmal in die Augen sehen.“
Nick widerstand der Versuchung, zu ihr zu gehen. Sie zu berühren war gefährlich, besonders in einer Situation wie dieser. Es würde ihn unweigerlich ins Verderben stürzen. Er hätte sie gerne getröstet, doch er war sich nicht sicher, ob er dann noch die Kraft aufbringen würde, sich zu beherrschen. Nicht wenn ihr berauschender Duft die Luft des kleinen Raums, in dem sie saßen, erfüllte und er sich lebhaft daran erinnern konnte, wie gut es sich anfühlte, sie im Arm zu halten. Wie weich ihre Haut war, wie gut sie schmeckte. Er würde sich davor hüten, Öl ins Feuer zu gießen.
„Danny hat nicht von Ihnen erwartet, dass Sie Ihr Leben für ihn aufs Spiel setzen“, brummte er. „Kein Cop kann das erwarten.“
„Er hat sich drauf verlassen, dass ich ihm Rückendeckung gebe. Seien wir ehrlich, Nick. Ich habe eine Todsünde begangen.“
„Und jetzt setzen Sie alles daran, sich selbst dafür büßen zu lassen, nicht wahr? Sie bestrafen sich mit der Schuld und stürzen sich in unkalkulierbare Risiken. Haben Sie dabei jemals an die Leute gedacht, denen Sie damit wehtun, wenn Ihnen etwas zustößt?“
Sie presste die Lippen aufeinander. „Sie können sich Ihre wohlmeinenden Worte sparen, Chief.“
„Sie haben Ihr Bestes gegeben. Mehr kann ein Polizist nicht tun.“
„Erzählen Sie das Danny. Oder seiner Frau. Oder noch besser: Erzählen Sie es seinen Kindern, wenn sie ihren Vater fragen, ob er mit ihnen Ball spielt, und er ihnen sagen muss, dass er nie wieder laufen können wird …“
„Hören Sie auf damit“, unterbrach Nick sie barsch.
Die Hände in das Kissen geklammert, saß sie ihm gegenüber und starrte ihn an. „Er hasst mich“, sagte sie mit erstickter Stimme.
„Er hasst, was ihm zugestoßen ist“, sagte Nick. „Das heißt noch lange nicht, dass er Sie hasst. Oder Ihnen die Schuld dafür gibt.“
„Frank hat mich suspendiert …“
„Das war zur Ihrer eigenen Sicherheit und nicht, weil Sie ein schlechter Cop sind. Er wusste, dass Sie Zeit brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.“
Er konnte sehen, wie der emotionale Schutzwall, den sie um sich herum aufgebaut hatte, zu bröckeln begann, während sie wie erwartet versuchte, ihre Haltung zu wahren. Ihre Augen füllten sich mit Tränen, die ihr schon bald über die Wangen liefen. Doch sie gab keinen Laut von sich, noch immer bemüht, nicht die Fassung zu verlieren. Warum ließ sie ihren Gefühlen nicht einfach freien Lauf? Warum war sie so hart zu sich selbst?
Als er sah, wie sehr sie darum kämpfte, stark zu erscheinen, tat sie ihm leid, und er spürte, wie sich auch in seinem Hals ein Kloß bildete. Doch mit dem Mitgefühl kam auch die beängstigende Erkenntnis, wie viel sie ihm inzwischen bedeutete.
Der Gedanke versetzte ihm einen Stich. Er hatte sich geschworen, nie wieder eine Frau so nah an sich heranzulassen. Wie hatte das passieren können? Wie hatte er zulassen können, dass ihm eine Frau wie Erin McNeal so viel bedeutete? Eine Frau, die ihn früher oder später mit ihrem Leichtsinn und ihrer impulsiven Art in den
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