Der Befehl aus dem Dunkel
will ich mich nicht auslassen. Der Feind muß im Besitz zuverlässigster Pläne aller Anlagen gewesen sein, muß über ein fast mathematisch genaues Bild aller unterirdischen Verbindungswege, Kabelleitungen und Kraftzentralen verfügt haben.
Anders ist es nicht zu erklären, daß schon die ersten Geschosse und Bomben Volltreffer auf verteidigungswichtige Punkte waren.
Um Ihnen einen Begriff zu geben, wie ernst die Lage zur Zeit in Singapur ist, möchte ich vorweg bemerken, daß gestern die Befestigungen auf der Insel Blakan Mali, und nach den heutigen Nachrichten wahrscheinlich auch die Werke auf der Insel Brani, aufgegeben werden mußten. Der Kampf wird in der Hauptsache von den Küstenforts geführt. Singapur ist von der Seeseite aus von schweren chinesischen Seestreitkräften vollständig belagert.
Bei der Überlegenheit des Feindes brach der englische Admiral das Gefecht ab und zog sich zurück, wobei jedoch leider zwei unserer Schiffe auf chinesische Streuminen liefen.« »So können wir also bei dem gegenwärtigen Stand der Lage schon bald feindliche Truppenlandungen hier bei uns in Australien erwarten?« fragte Jan.
»Damit ist mit unbedingter Sicherheit zu rechnen, Herr Valverde, es sei denn, daß sich die Lage in Singapur mehr zu unseren Gunsten wendet. Aber …«
»Haben Sie nicht irgendwelche Anhaltspunkte, wo man solche Landungsversuche erwarten könnte?« fragte Georg. »Nein. Es ist uns trotz aller Bemühungen nicht gelungen, hinter die Pläne der Gelben zu kommen. Wir haben ja darüber schon des öfteren gesprochen. Der westliche Teil unseres Landes scheidet aller Wahrscheinlichkeit nach aus. Im Osten …
Doch lassen wir dieses unfruchtbare Herumraten. Mögen sie landen, wo sie wollen. Wir werden an keinem Punkte Widerstand bis zum Äußersten leisten.
General Scott hat es, im Vertrauen auf Ihre Hilfe gegen stärkste Opposition der anderen Kommandanten, durchgesetzt, daß den chinesischen Landungsmanövern nur so lange Widerstand geleistet wird, wie es sich mit der Schonung der Zivilbevölkerung und des privaten Eigentums verträgt. Wir denken nicht daran, unsere großen Küstenstädte nutzlos in Trümmer schießen zu lassen. Je weiter die gelandeten Truppen in das Innere vordringen, desto besser für Sie, Herr Astenryk.«
*
Das Riesenflugzeug des chinesischen Oberbefehlshabers zog in mächtigen Schleifen ruhig seine Bahn über Singapur.
»Ich glaube, es wird nicht mehr lange dauern, dann geht da unten die weiße Flagge hoch«, sagte Turi Chan mit einem etwas höhnischen Unterton zu Admiral Chamura, dem Höchstkommandierenden.
Der gab keine Antwort, schaute in ernstem Nachdenken auf die Festung. Wäre es nicht Jemitsu gewesen, der Turi Chan zu ihm beordert, würde er ihn nicht in sein Flugzeug aufgenommen haben. Chamura wußte sehr genau, welche Rolle Turi Chan spielte und was der alles getan hatte. Da war sehr vieles, was den geraden, tapferen Charakter Chamuras abstieß. Vor allem war es die Versenkung der »Brisbane«, die ihm als schmachvolle Tat für immer in der Seele brannte. Die näheren Umstände dieses Anschlags waren ihm wohlbekannt. Er wußte, daß es Turi Chans Werk war.
Auch das mißfiel Chamura in höchstem Grade an Turi Chan, daß der so unverhüllt einen starken persönlichen Haß gegen den Gouverneur von Singapur zur Schau trug. Er erweckte manchmal den Eindruck, als liege ihm weniger an der Eroberung der Festung als an der Demütigung Sir Reginald Weggs.
»Ich glaube, es würde nichts schaden, wenn jetzt auch die Stadt mit einigen Bomben belegt würde. Das könnte General Wegg nachgiebiger machen.«
»Das wäre gegen meine Instruktion, Turi Chan. Ich habe den ausdrücklichen Befehl, die Zivilbevölkerung nach Möglichkeit zu schonen. Außerdem glaube ich nicht, daß Wegg sich dadurch in seinen Entschlüssen beeinflussen ließe. Er wird so oder so kämpfen, solange Widerstand noch möglich.«
Turi Chan warf Chamura von der Seite her einen schiefen Blick zu. Er fühlte nur zu wohl, wie wenig dieser ihm geneigt war.
»Nun, da können wir vielleicht noch lange warten, ehe Singapur kapituliert.«
»Das ist durchaus denkbar«, sagte Chamura kühl, »aber ich glaube es nicht. Ich halte die aufgefangene Nachricht von einer leichten Verwundung des Gouverneurs für irreführend. Wegg ist nicht der Mann, von einer leichten Verletzung viel Wesens zu machen. Ein anderer wird die Meldung gegeben haben, und das bedeutet für mich, daß der Fall ernster liegen muß. Ohne Wegg ist
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