Der Befreier der Halblinge: Roman (German Edition)
angesehenen Familie, der eines der renommiertesten Handelshäuser gehörte. Nachdem sein Vater bei einem Schiffsuntergang ums Leben gekommen war, hatte Benlon bereits in sehr jungen Jahren dem Handelshaus seiner Familie als Admiral vorstehen müssen und den ihm zustehenden Sitz im Admiralsrat eingenommen. Ihn mit dem stellvertretenden Kommando der Stadtwache zu betrauen war eine zusätzliche Ehre– und ein Signal an die anderen Mitglieder des Admiralsrates.
Die Stadtwache selbst bestand zwar aus Söldnern, aber man legte in Carabor großen Wert darauf, dass die Kommandanten und ihre Stellvertreter nach Möglichkeit von Mitgliedern des Admiralsrates gestellt wurden. In Zeiten des Friedens delegierten diese Kommandanten ihre Aufgaben häufig an Söldner aus den Reihen ihrer Untergebenen, da sie selbst lieber auf gewinnbringende Handelsfahrten gingen, als Pflichten im Namen des Rates zu erfüllen.
Aber in Zeiten der Belagerung war es unerlässlich, diesen Pflichten persönlich nachzukommen– schon deswegen, um unter der Bevölkerung das Vertrauen in die Entscheidungskraft des Rates zu erhalten.
Dolgan Jharad legte die Hände auf den Stein des Gemäuers. Er versuchte es nicht so wirken zu lassen, dass er es unbedingt nötig hatte, sich abzustützen. Aber tatsächlich schmerzten ihm die Beine, und er hätte sich liebend gerne jetzt irgendwo niedergelassen. Aber der Fähigkeit, auf eigenen Beinen zu stehen, wurde bei Mitgliedern des Admiralsrates große Bedeutung zugemessen. Niemand konnte in diesem Rat Sitz und Stimme haben, der nicht auf seinen eigenen Füßen stehend an den Versammlungen teilzunehmen vermochte. Und ganz besonders galt dies natürlich für den gewählten Hochadmiral. Dolgan Jharad war sich durchaus der Tatsache bewusst, dass man ihn genau beobachtete, seit er sein Amt vor Kurzem angetreten hatte. Und nicht wenige warteten nur darauf, dass er eine Schwäche zeigte, die vielleicht einen willkommenen Anlass bot, ihn abzusetzen, um jemand anders Platz zu machen.
Aber Dolgan Jharad war klug und stark genug, um das bis auf Weiteres zu vermeiden.
» Sie formieren sich nicht, sie rotten sich zusammen « , stellte der Hochadmiral fest. » Das ist mir schon bei den vorangegangenen Angriffen aufgefallen. Sie scheinen kaum koordiniert zu sein, und mir ist auch unklar, ob es bei diesen angreifenden Horden überhaupt so etwas wie einen Befehlshaber gibt! «
» Gefährlich sind sie trotzdem! « , gab Benlon Rad’jar zu bedenken.
Der Hochadmiral nickte. » Mag sein. Aber sie wären wesentlich gefährlicher, wenn sie ihre Kräfte taktisch klüger einzusetzen wüssten. «
» Vielleicht ist dieser Ghool kein so brillanter Taktiker, wie es der bisherige Kriegsverlauf erscheinen ließ, und er wurde von uns nur überschätzt, mein Hochadmiral. «
Doch das mochte Dolgan Jharad nicht gelten lassen. Der alte Mann schüttelte den Kopf. Nein, dafür muss es einen anderen Grund geben, war er überzeugt.
» Ihr habt recht, Hochadmiral. Man könnte fast meinen, dass die Horden nur die Mauern unserer Stadt bestürmen, um zu rauben und zu plündern. Schließlich hat es auch früher schon Angriffe von Orks gegeben, die sich einfach zusammengefunden hatten, um Raubzüge zu unternehmen. «
» Und wenn es tatsächlich so ist? « , fragte Dolgan Jharad. » Was, wenn Ghool sie tatsächlich nicht mehr auf dieselbe Weise führt, wie es bisher der Fall war? «
» Für uns wird es dadurch leichter, würde ich sagen « , meinte Benlon Rad’jar. » Sie müssten schon sehr koordiniert angreifen, um unsere Mauern zu bezwingen. Und seitdem die Riesenskorpione wohl größtenteils verendet sind, können sie nur darauf setzen, die Mauern mit Wurfhaken und Seilen zu erklettern oder die Hornechsen gegen die Tore stürmen zu lassen. «
Dolgan Jharad dachte daran zurück, wie Orks den Großteil der caraboreanischen Flotte im Hafen durch ein Feuer vernichtet hatten. Da war der Plan eines Strategen zu spüren – jetzt ist nur eine Horde von gierigen Plünderern geblieben. » Es könnte ein Zeichen dafür sein, dass Ghool stark geschwächt oder vernichtet ist « , sagte Dolgan Jharad. » Aber das ist wohl eher Wunschdenken. Ich fürchte, dass er seinen Schergen freien Lauf lässt, weil er derzeit seine Kräfte auf etwas anderes konzentriert. Und es könnte sein, dass uns dies alles noch ein böses Erwachen bereiten wird… «
Die Masse der Angreifer schob sich langsam der Stadt entgegen. Es waren verhältnismäßig wenige Hornechsenreiter
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