Der Benedict Clan 01 - Auf immer und ewig
Bedrohung, die er in diesem Moment für sie darstellte, zurückgeschreckt war.
Eine laue Brise wehte durch die geöffneten Flügeltüren herein. Wind war aufgekommen. Er ließ die Zipfel des Tischtuchs flattern und das Geschirr auf der Anrichte leise klirren. Regina war froh über den Luftzug, der ihr heißes Gesicht kühlte.
Konnte Gervis Recht haben? War sie in der Lage, ihre Aversion gegen die Berührung eines Mannes zu überwinden? Sie wusste es nicht. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung. In der vergangenen Nacht hatte sie wach gelegen und an Kane gedacht. Dabei hatte sie sich vorzustellen versucht, wie es sein würde, wenn sie sich näher kämen. Die Vorstellung war beängstigend, aber nicht ohne Faszination gewesen. Zweifellos übte Kane eine gewisse Anziehungskraft auf sie aus. Er ließ sie nicht kalt, so wie alle anderen Männer. Wäre die Situation anders gewesen und sie hätten sich ganz normal und in Ruhe kennen gelernt, hätte es vielleicht mit ihnen funktionieren können. Aber die Zeit dazu war nicht vorhanden.
Sie musste es versuchen. Und wenn sie den Punkt erreichte, wo es sich nicht mehr vermeiden ließ, mit Kane zu schlafen, würde sie ihm eben etwas vorspielen. Oder vielleicht die Augen schließen und an etwas anderes denken, vielleicht an jene exquisiten viktorianischen Schmuckstücke, die von Ladys getragen wurden, die genauso wenig für Sex zu begeistern waren wie sie. Antiker Schmuck hatte schon immer eine beruhigende Wirkung auf sie gehabt und sie alles Unangenehme vergessen lassen.
„Sie sind also doch hier. Ich fürchtete schon, Sie würden nicht kommen."
Die tiefe Männerstimme hinter ihr, direkt an ihrem Ohr, ließ sie zusammenfahren. Erschrocken wirbelte sie herum. Mit weit aufgerissenen Augen blickte sie Luke an. Dabei klopfte ihr das Herz bis zum Hals.
„Gemach, gemach, schöne Lady." Beruhigend legte er ihr die Hand auf den Arm. „Ich wollte Sie nicht erschrecken."
Regina zwang sich zu einem Lächeln. Dabei fragte sie sich, ob man ihr wohl ansah, dass sie sich ertappt vorkam. „Ich glaube, ich bin ein wenig nervös", bekannte sie.
„Dazu besteht keine Veranlassung. Sie sind doch hier unter Freunden." Luke legte ihr den Arm um die Taille. „Kommen Sie, ich werde Sie herumführen und Sie den Leuten vorstellen. Dann fühlen Sie sich gleich wie zu Hause."
Das klang wunderbar, zu schön, um wahr zu sein. Luke versuchte es ihr leicht zu machen, das musste Regina ihm lassen. Und er war der perfekte Gastgeber. Er ging von einer Gruppe zur anderen, schüttelte Hände, flachste mit den Männern und überschüttete die Damen mit Schmeicheleien und Komplimenten. Und jedes Mal sorgte er dafür, dass Regina wie selbstverständlich mit einbezogen wurde. Hin und wieder, wenn es ihm notwendig erschien, erklärte er mit wenigen Worten, was sie nach Turn-Coupe geführt hatte.
Es war alles längst nicht so schlimm, wie Regina befürchtet hatte. Als Luke dann noch im Vorbeigehen ein Glas Wein von der Bar auf der hinteren Veranda nahm und es ihr in die Hand drückte, fiel es ihr nicht mehr schwer, die Leute freundlich anzulächeln, ihnen zuzunicken und mit ihnen ein paar Worte über das Essen oder das Wetter zu wechseln.
Trotzdem machte sie sich nichts vor. Schon nach den ersten paar Minuten hatte sie sich mit der traurigen Gewissheit abgefunden, dass sie immer eine Fremde in dieser Gruppe bleiben würde. Niemals würde sie richtig dazugehören. Zu sehr unterschied sie sich von diesen Leuten. Ihr Akzent, ihre Kleidung, ihre Einstellung, alles war anders. Und noch etwas stand zwischen ihnen: der
Grund, weshalb sie hier war. Ein paar Stunden würde man sie vielleicht akzeptieren, aber nicht länger. Niemals.
Als sie einen Moment allein mit Luke beisammenstand, sagte er zu ihr: „Ich habe gesehen, dass Sie ohne Kane gekommen sind. Wieso hat er Sie nicht begleitet?"
„Wir kennen uns doch kaum. Warum sollte er sich die Mühe machen, mich zu begleiten?"
„Ja, warum, wohl?" Lukes dunkle Augen blitzten belustigt. „Es sieht mir ganz danach aus, als hätte er sich bei Ihnen unbeliebt gemacht."
„Ich weiß nicht, ob ich es so ausdrücken würde", sagte Regina vorsichtig. Ihre Finger, die das Weinglas hielten, waren eiskalt. Ein Windstoß fegte durch die geöffneten Türen, und in der Ferne konnte sie ein dumpfes Grollen hören, das wie Donner klang.
„Vor ein paar Tagen knurrte er wie ein Hund, dem man den Knochen wegnehmen will, und heute Abend hält er Abstand zu Ihnen. Das muss doch
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