Der Benedict Clan 03 - Die Millionenerbin
Ironie.
Diesmal hatte sie ihn überrascht, zumindest schien es so.
Der Blick, den er ihr zuwarf, war abschätzend, als ob er versuche, seine Gedanken zu ordnen. Schließlich sagte er: „Unter normalen Umständen schieße ich nicht auf Frauen, aber es ging alles so schnell, dass ich Sie nicht richtig erkennen konnte, außerdem hielten Sie Ihre Waffe so, als ob Sie sehr genau wüssten, wie man damit umgeht."
„Kann sein", sagte sie, „aber das stempelt mich noch lange nicht zur Verbrecherin. Ich bezweifle, dass ich klar denken konnte, sonst hätte ich nicht auf Sie gezielt. Ich wollte einfach nur weg."
„Sie hatten trotzdem sehr viel Glück. Ich hätte Sie töten können."
„Ja, ich weiß."
„Ich bin froh, dass ich es nicht getan habe."
Sie studierte die straffen Konturen seines Gesichts und seine entschlossen zusammengepressten Lippen, während sie überlegte, dass sie wahrscheinlich auch ein bisschen umdenken musste. Sich zu entschuldigen und die Verantwortung für das, was er getan hatte, zu übernehmen, war von seiner Seite ein großes Zugeständnis. War es sein persönlicher Ehrenkodex? Oder hatte es etwas mit einer wie auch immer gearteten Südstaaten- gentleman-Mentalität aus dem vorvergangenen Jahrhundert zu tun, die in diesem entlegenen Teil Louisianas noch lebendig war?
Trotzdem musste sie versuchen, aus seinem kurzen Anfall von Reue einen Vorteil zu ziehen. Sie konnte es sich einfach nicht leisten, darauf zu verzichten.
Ihren inneren Widerstand überwindend, hob sie die Hand, um sich eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen, eine Geste, die ihm mit Sicherheit nicht entgehen würde. „Ich war einfach nur froh, endlich von diesen Dreckskerlen weg zu sein", sagte sie, wobei sie ihrer Stimme erlaubte, heiser zu werden. „Ich dachte, ich wäre frei. Und dann angeschossen zu werden war ... na ja, es war ein Schock."
„Das kann ich mir vorstellen."
„Aber es war eben, wie Sie bereits sagten, so dunkel. Ich mache Ihnen wirklich keinen Vorwurf daraus, dass Sie mich für einen dieser Verbrecher hielten."
Er kniff leicht die Augen zusammen. „Freut mich zu hören. Vor allem, weil ich Sie um etwas bitten möchte."
„Ach ja?" Möglicherweise hatte sie doch ein bisschen zu dick aufgetragen.
„Nichts Schlimmes. Genau gesagt dürfte es Ihnen eigentlich nicht allzu viel ausmachen." Er tippte auf den Plastikkoffer am Fußende des Betts.
Sie schaute auf das unscheinbare Behältnis, dann wieder zu ihm. „Ich verstehe nicht."
Seine Lippen verzogen sich zu einem langsamen Lächeln, das den Ernst aus seinem sonnengebräunten Gesicht verbannte und in seinen Augen silbrige Fünkchen tanzen ließ. „Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie kennen sich aus. Erkennungsdienstliche Behandlung? Sie wissen schon, Fingerabdrücke ..."
Hewlett-Packard
3. KAPITEL
„Ich bin nicht kriminell." In einer Geste unbewusster Abwehr ballte Tory die Hände zu Fäusten.
„Man nimmt den Leuten aus vielerlei Gründen die Fingerabdrücke ab, die nichts mit Verbrechen zu tun haben", erklärte Roan, während er anfing, die benötigten Sachen aus dem Köfferchen zu nehmen. „Bei Jobs mit einem hohen Sicherheitsrisiko gehört es zur Routine, der Staat Louisiana verlangt es außerdem bei Alkohollizenzen und bei Leuten, die etwas mit Glücksspiel zu tun haben. Viele Männer und Frauen werden aus Sicherheitsgründen erkennungsdienstlich behandelt, und wir gehen jedes Jahr in die Schulen, um Kindern und Jugendlichen aus denselben Gründen die Fingerabdrücke zu nehmen."
„Nichts davon trifft auf mich zu."
„Sind Sie sicher?"
Sie schaute weg. „Ich denke. Aber wer weiß?"
„Eben. Wenn wir Ihre Fingerabdrücke mit den im Computer gespeicherten abgleichen und etwas finden, müssen wir uns nicht mehr den Kopf zerbrechen. Das ist einen Versuch wert."
Er klang so vernünftig und schien so Recht zu haben. Das passte ihr gar nicht. „Es geht ums Prinzip", sagte sie hölzern. „Davon abgesehen machen Computer auch Fehler."
„Wenn Sie sich nichts haben zuschulden kommen lassen, haben Sie nichts zu befürchten."
„Richtig", sagte sie gedehnt, seinen trockenen Tonfall nachäffend. Sie wurde manipuliert, und sie wusste es. Und möglicherweise gab es einen Grund dafür. „Bin ich verhaftet?" fragte sie. „Ist es deshalb?"
„Das würde ich so nicht sagen."
„Und vermutlich sind Sie auch nicht die ganze Nacht hier geblieben, um zu verhindern, dass ich fliehe, oder?"
„Die Chance war nicht sehr groß." Über sein hageres
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