Der Benedict Clan 05 - Fremder Feind
hier?" fragte Chloe, nachdem Wade sie nach oben gelotst hatte.
„Nur Clay und Janna wohnen hier. Ihnen gehört der Teil auf der anderen Seite der Küche. Adam und Lara haben ein Haus in New Orleans, und ich wohne nur zeitweise hier. Wir haben das alte Haus gemeinsam geerbt, und keiner von uns will es verkaufen. Adam bewohnt den Mittelteil des Gebäudes, weil er der Älteste ist, und dieser Flügel ist meiner."
„Glaubst du, dass du hier jemals dauerhaft leben wirst?"
„Wer weiß?"
Das war keine richtige Antwort, allerdings war sich Chloe auch nicht sicher, was sie hatte hören wollen. Sie wusste nicht mal, warum sie überhaupt gefragt hatte.
Sie erreichten den Kopf der Treppe. Vor ihnen erstreckte sich ein langer Flur, ausgelegt mit burgunderfarbenem Teppich, der ein Muster aus goldenen Schnörkeln und Rosen aufwies. Wade öffnete eine Tür auf der linken Seite und schaltete das Licht an. Chloe betrat ein riesiges Schlafzimmer mit einem Bett aus schwerer Eiche und passendem Waschtisch mit Marmorplatte, einschließlich stilechter Kanne und Schüssel.
„Das Bad ist dahinten, es ist moderner als dieser Waschtisch", sagte er und zeigte auf eine weiß gestrichene Tür. „Ich hole gleich deine Sachen aus dem Wagen. Mein Zimmer befindet sich ein Stück weiter den Flur entlang. Nimm dir aus dem Schrank, was immer du brauchst. Wenn du fertig bist, kannst du wieder nach unten kommen. Du musst nicht, wenn du dich lieber ausruhen möchtest."
„Ja, danke." Seine Stimme war so neutral und höflich, dass sie es für das Beste hielt, genauso zu reden wie er. In ihren Ohren klang es so, dass sie ein Gast war, nicht aber, dass sie zur Familie gehörte - und dass er nicht erwartete, sein Zimmer oder sein Bett mit ihr zu teilen. „Schon verstanden."
Er betrachtete sie einen Moment lang, als ringe er damit, noch etwas zu sagen, doch dann nickte er nur kurz und wandte sich zum Gehen.
„Wade?"
Seine Hand lag auf dem Türgriff, als er innehielt und über die Schulter blickte. Seine Miene spiegelte eindeutig Vorsicht wider, während er wartete, dass sie weitersprach.
„Es tut mir wirklich Leid ... die ganzen Probleme, die Gefahr, einfach alles. Mir war bis vorhin nicht klar, wie groß deine Familie ist und wie es auf sie wirken muss, dass ich hier bin. Ich hätte nicht herkommen sollen. Ich wünschte ..."
„Darüber haben wir doch schon längst gesprochen", erwiderte er mit ruhiger Stimme.
„Ja, aber das alles ist doch nur meinetwegen passiert."
„So etwas würde nicht geschehen, wenn die Menschen vernünftig wären, wenn sie nicht anderen die Schuld dafür geben würden, in welche Umstände sie geboren wurden, und wenn sie nicht jemanden nötig hätten, den sie hassen können, damit sie sich selbst besser fühlen. Du hast niemandem etwas getan, du hast niemanden bedroht. Ich sage es dir noch einmal: Du trägst keine Schuld."
„Vielleicht kann ich mit Ahmad reden, ihm das Geld von meinem Vater anbieten..."
„Nein." Dieses „Nein" kam entschieden über seine Lippen und ließ keinen Raum für ein Widerwort. „Die Zeit dafür ist längst verstrichen. Er wird dich töten. Er muss dich töten, und das weißt du ganz genau."
„Und wenn er Mitglieder deiner Familie tötet? Wie soll ich damit weiterleben können?"
„Um an meine Familie zu kommen, muss Ahmad erst einmal an mir und jedem anderen männlichen Benedict vorbei."
„Und du meinst, ich fühle mich jetzt schon besser?"
„Ich sage nur, was Sache ist. Und wenn es passiert..."
„Dann wird Ahmad mich ebenfalls bekommen, und dann macht es auch nichts mehr aus."
„Genau."
Sie wandte sich von ihm ab. „Aber es macht was aus. Ich ertrage das nicht. Ich hätte mich nie mit dir unterhalten sollen, nie auf dich hören sollen. Ich hätte niemals mit dir weggehen dürfen, und ganz bestimmt hätte ich dich nicht um das bitten dürfen, was ich letzte Nacht gemacht habe. Es tut mir alles so entsetzlich Leid."
Sekundenlang sagte er nichts, was ihr wie eine Ewigkeit vorkam. Schließlich erwiderte er: „Mir nicht."
Sie drehte sich zu ihm um, doch die Tür ging gerade zu. Er war gegangen.
Chloe bewegte sich nicht, sondern starrte die Tapete mit ihren Schmuckbändern und sprießenden Rosen an. Hatte er überhaupt eine Vorstellung davon, was der Kriegergeist und die Wildheit eines Mannes wie Ahmad in Wahrheit bedeuteten? Konnte irgendeiner der Benedicts das auch nur erahnen? Sie wünschte, sie wüsste es genauer.
Sie fürchtete, dass der Mut dieser Männer in
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