Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
Sekunden verstrichen, während Lainey dastand und mit einer steilen Falte zwischen den Augenbrauen von einem zum anderen blickte.
Clay schaute auf das Mädchen, dann ließ er Janna abrupt los und lehnte sich wieder zurück. Sein Gesichtsausdruck ließ vermuten, dass er beim nächsten Mal nicht so nachgiebig sein würde.
Janna, die den Atem angehalten hatte, stieß erleichtert die Luft wieder aus. Jetzt hatte sie ihre Antwort; Lainey hatte sie gerettet. Wahrscheinlich widerstrebte es Clay Benedict, in Anwesenheit eines Kindes gewalttätig zu werden, oder er hatte Angst gehabt, dass Lainey zwischen die Fronten geraten könnte. Janna wusste diese Rücksicht zu würdigen, aber ihr wäre fast lieber gewesen, er hätte sie nicht gezeigt. Sie wollte ihn nicht sympathisch finden oder womöglich gar schätzen, denn sie wollte wegen dem, was sie ihm antat, keine Sekunde ein schlechtes Gewissen haben müssen.
Mit gespielter Gelassenheit sagte sie: „Für mich ist jetzt Kaffeezeit, sonst bin ich den ganzen restlichen Nachmittag müde. Was ist mit Ihnen, möchten Sie auch eine Tasse?“
„Ich bin eigentlich nicht müde, wie sollte ich auch, da ich den ganzen Tag keinen Finger rühre“, gab er zurück. „Davon abgesehen, stehe ich auch nachts nicht auf, um mich um … irgendwelche Dinge zu kümmern.“
„Sie haben es gehört.“ Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
„Heute Morgen um eins und dann wieder um vier“, erwiderte er ruhig. „Ich habe mich gewundert. Aber jetzt tue ich das nicht mehr.“
Sie wich seinem Blick aus und ging zu Tür. „Tja. Heißt das nun, dass Sie Kaffee möchten oder nicht?“
„Ich weiß nicht so recht, mit Kaffee sollte ich bei Ihnen vorsichtig sein.“
Als sie sich umdrehte, sah sie seinen misstrauischen Gesichtsausdruck. „Sie bekommen ihn diesmal ohne Zusatz, versprochen.“
„Auch nicht aus Bequemlichkeit?“
Wahrscheinlich meinte er, weil es dann leichter war, ihn hier festzuhalten. „Es ist eine große Versuchung, aber vielleicht gelingt es mir ja zu widerstehen.“
„Das sagen sie alle.“
„Würden Sie mir glauben, wenn ich sage, dass Sie mir in wachem Zustand lieber sind?“ Wenn er sich in Zweideutigkeiten flüchten konnte, konnte sie es auch, obwohl sie spürte, dass ihr Gesicht ganz heiß wurde.
Er brummte etwas, das alles hätte bedeuten können, aber sein Blick ließ sie nicht los.
„Nun?“
„Ich trinke meinen Kaffee schwarz.“
„Ich erinnere mich“, entgegnete sie und verließ das Zimmer, um in die Küche zu gehen.
Es beunruhigte sie immer noch, Lainey mit Clay allein zu lassen, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie zuvor. Denn inzwischen war sie zu der Überzeugung gelangt, dass Clay Benedict eine viel hinterhältigere Bedrohung darstellte. Er brachte alles über sie in Erfahrung, was er wissen wollte, und bald hätte er genug in der Hand, um sie fertig zu machen. Die Frage war nur, ob sie vorher noch dazu kam, das zu tun, was sie tun musste.
Janna setzte den Wasserkessel auf und schüttete Kaffeepulver in den Filter, dann lehnte sie sich mit verschränkten Armen gegen den Schrank und wartete, bis das Wasser kochte. Eine Minute später hörte sie auf dem Flur die Schritte ihrer Tochter, dann erschien Lainey in der Küche.
„Clay hat Hunger, Mama“, verkündete sie.
„Er hat Frühstück bekommen.“
„Ich weiß, aber er ist größer als wir. Kann er zu seinem Kaffee eins von meinen Cookies bekommen?“
Laineys strenge Diätvorschriften machten alles Süße in ihrem Leben zu etwas Besonderem. Dass sie sich veranlasst fühlte, ihre Lieblingsplätzchen mit dem Mann im Gästezimmer zu teilen, war ein Ausdruck größter Wertschätzung. Janna lächelte ihre Tochter an. „Ich wüsste nicht, was dagegen spricht. Obwohl ich vermute, dass du auch eins möchtest, stimmt’s?“
„Nur eins“, erwiderte ihre Tochter mit ernstem Gesicht.
Janna öffnete das Glas und angelte zwei Cookies heraus, dann schaute sie Lainey nach, die den Flur hinunterrannte. Wenig später hörte sie, wie die beiden über die jeweiligen Vorzüge von Schokoladenstreuseln, Kokosraspeln und Erdnussbutter als Zutaten für Cookies diskutierten. Das Gemurmel ging weiter, aber jetzt konnte sie nichts mehr verstehen, weil das Wasser im Kessel summte; allerdings hatte sie den Verdacht, dass Clay Laineys Diät zum Anlass nahm, um ihrer Tochter weitergehende Fragen über ihren Zustand zu stellen.
Janna schloss eine Sekunde die Augen, dann brühte sie den Kaffee auf. Nachdem
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