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Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen

Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen

Titel: Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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halbdunklen Tiefen des Flurs einen flüchtigen Blick auf seine hoch gewachsene Gestalt. Gleich darauf erhellte ein Blitz den Flur, und sie sah, dass er allein war. Mit gepresster Stimme rief sie: „Wo ist Lainey?“
    „Sie ist im Bett und gibt sich große Mühe, für dich tapfer zu sein“, erwiderte er. „Du musst wahrscheinlich erst den Schlauch abmachen, um an die Zündkerzen zu kommen. Nimm sie raus und reibe sie kurz mit Sandpapier ab, dann müsste der Rost eigentlich ab sein.“
    „Denise hat gesagt, dass sie erst kürzlich erneuert wurden“, informierte sie ihn.
    „Dann versuch es mit dem manuellen Anlasser.“
    Es war ein vernünftiger Vorschlag. Mit entschlossen aufeinander gepresstem Kiefer und einen Fuß gegen das Gehäuse des Generators gestemmt, riss sie immer wieder an der Anlasserstrippe. Das Resultat war dasselbe, ein paar brummende Geräusche, gefolgt von Stille.
    „Das hältst du nicht lange durch. Versuch ihn abzuwürgen“, rief Clay über einen Donnerschlag hinweg.
    Er war derjenige, den sie am liebsten abgewürgt hätte. Mit eisiger Stimme fragte sie: „Und wie soll ich das machen?“
    Nachdem er ihr den Vorgang in allen Einzelheiten erklärt hatte, fügte er hinzu: „Und am Schluss verpasst du dem Ding noch einen letzten harten Ruck.“
    Sie versuchte es, zog mit all ihrer Kraft, bis ihr der Arm wehtat und der Magen brannte und der Wind ihr die Tränen der Frustration aus den Augen wischte. Doch es half alles nichts. Die Zeit lief ihr davon, während der Generator weiterhin in schmollendem Schweigen verharrte.
    Sie schaffte es nicht.
    Zusätzlich zu all den anderen Problemen und Fehlern, die sie gemacht hatte, war das die endgültige Kränkung, das letzte abgrundtiefe Versagen. Alles war falsch, so unendlich falsch.
    Die versprochene Niere würde jemand anders bekommen. Dr. Gower würde wegen seiner illegalen Organtransplantationen vor Gericht kommen, oder vielleicht beschuldigte man ihn sogar, für den Tod der beiden Jugendlichen, die man im Sumpf gefunden hatte, verantwortlich zu sein. Sie würde ins Gefängnis kommen, weil sie auf dem Schwarzmarkt eine Niere gekauft und Clay hier in der Hütte festgehalten hatte. Und Lainey würde sterben.
    Ihre Tochter würde an Nierenversagen sterben, wie so viele andere auch, vorausgesetzt natürlich, dass sie nicht vorher an einer Bauchfellentzündung starb, einem gestörten chemischen Gleichgewicht im Körper, einer simplen Erkältung oder an einem von hundert anderen Wehwehchen, die normale Kinder spielend leicht überstanden. Und was auch passierte, es würde immer ihr Fehler sein. Für den Rest ihres Lebens, ob im Gefängnis oder draußen, müsste sie mit der Erinnerung an all die schwierigen und falschen Entscheidungen leben, die sie hierher, an den Ort ihres letzten Versagens gebracht hatten. Falls sie damit überhaupt weiterleben konnte.
    Vor Verzweiflung ging Janna in die Knie, schlug sich die Hände vors Gesicht und presste die Finger gegen die Augen. Um sich zu beruhigen, wiegte sie sich ein wenig hin und her, aber sie weinte nicht. Manche Dinge waren so schlimm, dass es dafür noch nicht einmal Tränen gab.
    „Lass es mich versuchen, Janna. Wenn du mich losbindest, versuche ich mein Glück.“
    Clays tiefe, verführerische Stimme drang aus dem dunklen Haus zu ihr heraus. Er wusste, dass sie versagt hatte, er hatte die ganze Zeit nur auf diesen Moment ihrer Niederlage gewartet. Jetzt stellte er sie auf die Probe, um herauszufinden, ob sie ihn freilassen würde, damit er den Menschen, der ihr am nächsten stand, rettete.
    Was sollte sie tun? Es war vielleicht die letzte schwierige Entscheidung, die sie zu treffen hatte. Sobald sie Clay losgebunden hätte, würde sie auf den Lauf der Dinge keinen Einfluss mehr haben. Aber stimmte das wirklich? Nach dem, was Arty gesagt hatte, war Clay letzte Nacht mit seinem Boot über den See gefahren; er musste sich also selbst befreit haben. Wenn er irgendein heimliches Ziel verfolgte, das die Rückkehr in seine Gefangenschaft erforderte, könnte es sich vielleicht zu ihrem Vorteil auswirken, oder nicht?
    Sie wusste es nicht, doch eines war ihr klar. Sie musste das Risiko eingehen. Wahrscheinlich war dies das gefährlichste Spiel ihres Lebens.
    „Janna?“
    Sie gab keine Antwort, aber sie stand wieder auf, griff nach der Taschenlampe und folgte dem Lichtstrahl ins Haus. Clay blockierte mit seinen breiten Schultern den Flur – eine geisterhafte Gestalt, die in dem kleinen Tunnel aus Licht

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