Der Benedict Clan - Zwischen Hoffen und Bangen
sind.“
„Niemand zwingt dich weiterzumachen.“
„Aber ich habe doch schon so viel bezahlt!“
„Und er will immer noch mehr. Es ist verrückt, Janna! Es ist kriminell!“
„Es geht um Laineys Leben! Ist dir das egal? Hast du nicht gesehen, dass bei ihr alles – eine Erkältung, ein Schnitt im Finger, zu viel Flüssigkeitszufuhr oder zu wenig, Angst oder Aufregung – eine Sache auf Leben und Tod werden kann?“
„Es gibt andere Wege.“
„Nicht für sie! Sie ist das Kind deines Bruders, Clay. Du bist ihr Onkel. Zählt das nichts?“
Er durchbohrte sie mit seinem Blick. „Natürlich zählt es. Warum, zum Teufel, glaubst du wohl, dass ich so lange mitgespielt habe? Es tut mir jedes Mal in der Seele weh, wenn ich sie anschaue. Ich würde alles tun, um ihr zu helfen. Wenn ich sie ansehe, ist es, als ob ein Teil von Matt zurückgekommen wäre oder als ob ich einen Teil von mir selbst entdecke.“
Er legte das Handy auf seinen Schoß, langte in die Brusttasche seines T-Shirts, zog ein Foto heraus und drehte sich zu Janna. Hastig riss sie es ihm aus der Hand, aber es entglitt ihr und flatterte zu Boden. Sie bückte sich, hob es auf und starrte dann im grünlichen Licht des Armaturenbretts darauf.
Matt. Auf dem Foto, das sie die ganzen Jahre über gehütet hatte wie einen Schatz, war Laineys Vater zu sehen. „Woher hast du das?“
„Von Lainey.“
Ihre Tochter hatte Clay das Foto gegeben. Mit schwacher Stimme sagte Janna: „Sie dachte, das bist du.“
„Sie hat es zumindest in Erwägung gezogen.“
Lainey hatte vermutet, dass Clay ihr Vater sein könnte, doch sie hatte ihre Mutter nicht gefragt und es mit keinem Wort erwähnt. Was hatte ihre Tochter Clay Benedict sonst noch alles erzählt in diesen vielen Stunden, die sie zusammen verbracht hatten? Was hatte sie sich zusammenfantasiert über diesen Mann, der ihrem Vater so ähnlich sah? Und wie würde sie reagieren, wenn er wieder aus ihrem Leben verschwand, nachdem sie in ihm bereits ihren Vater oder zumindest einen Vaterersatz sah?
Aber es steckte noch mehr dahinter. Was bedeutete es, dass Clay geblieben war, nachdem Lainey ihm all das erzählt hatte? Vielleicht hatte er ja noch mehr Informationen gewollt, obwohl es einfacher gewesen wäre, sie, Janna, mit dem, was er erfahren hatte, zu konfrontieren und nach Einzelheiten zu fragen. Wie auch immer, die Benedicts hatten einen starken Familiensinn. Sie hielten zusammen. Angenommen, Clay hatte vor, ihr Lainey wegzunehmen?
„Wenn sie dir so viel bedeutet, sollte man eigentlich denken, dass du unter allen Umständen willst, dass sie am Leben bleibt.“
„Gerade weil sie mir so viel bedeutet, will ich nicht, dass dein von dir so hoch geschätzter Dr. Gower ihr mit einem Skalpell zu nahe kommt. Seine unsauberen Machenschaften werden sie mit genauso großer Sicherheit umbringen wie ihre Krankheit.“
Janna wurde von Zweifeln überschwemmt, die ihr schon von früher vertraut waren, die aber jetzt, nachdem sie am Nachmittag den Bericht über den Jungen im Fernsehen gesehen hatte, fast lähmend wirkten. „Das kannst du nicht wissen. Verstehst du denn nicht, dass ich es wenigstens versuchen muss? Wenn ich nichts tue und sie stirbt, dann ist es meine Schuld.“ Ihre Stimme brach, und sie wandte sich ab, damit er die Tränen nicht sehen konnte, die ihr in die Augen schossen.
Er schwieg so lange, dass sie schon dachte, er würde überhaupt nichts mehr sagen, aber dann ergriff er erneut das Wort: „Du glaubst, diese Nierenkrankheit ist deine Schuld? Das kann nicht sein, Janna. Das ist unmöglich.“
„Leider irrst du. Sie hatte einen Infekt, es war nicht viel mehr als ein Schnupfen. Ich ging davon aus, dass es wieder vergeht, dass es bestimmt nichts Ernstes ist. Ich hatte keine Zeit, mit ihr zum Arzt zu gehen. Ich musste für unseren Lebensunterhalt sorgen und hätte einen ganzen wertvollen Arbeitstag damit vertrödelt, in einem Wartezimmer herumzusitzen. Sie war immer so gesund, und ich dachte …“ Sie unterbrach sich und schluckte heftig, da sich ihr Hals plötzlich wie zugeschnürt anfühlte.
„Jedes Kind hat hin und wieder einen Schnupfen“, wandte er ein. „Dass sich Laineys Infekt zu einem Nierenversagen auswachsen würde, konnte niemand wissen, und selbst ihr Kinderarzt hat bestimmt nicht daran gedacht.“
„Ich bin ihre Mutter. Ich hätte es früher merken müssen und das hätte ich auch, wenn ich nicht tausend andere Probleme gehabt hätte. Aber jetzt habe ich die Chance, es wieder
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