Der Berg Der Abenteuer
er nicht einmal bemerkt, daß kein Weg mehr da ist.«
Philipp pfiff leise durch die Zähne. »Sage den Mädels nichts davon. Sie erschrecken sich nur unnötig. Natürlich, du hast recht. Von einem Weg ist keine Spur mehr zu sehen. David hat sich verirrt.«
»Ich werde mal mit ihm reden.« Jack ritt zur Spitze des kleinen Zuges. »Ist dies der richtige Weg?« fragte er langsam, damit David ihn auch verstand. »Wo ist der Weg?«
Er deutete mit der Hand auf den Boden.
David machte ein bekümmertes Gesicht. Er hob hilflos die Schultern und murmelte etwas Unverständliches.
Jack ritt zu Philipp zurück. »Ich glaube, er weiß, daß er den Weg verloren hat, hofft aber, ihn später wiederzufin-den. Jedenfalls will er offenbar weder anhalten noch zu-rückreiten.«
»Er ist schließlich unser Führer«, sagte Philipp nach kurzem Überlegen. »Wir müssen ihm vertrauen, er kennt das Gebirge besser als wir.«
»Ja, das stimmt. Aber viel Grips scheint er nicht zu haben. Der bringt es fertig, uns ohne Weg und Steg immer tiefer in das Gebirge zu führen, nur weil ihm nichts anderes einfällt.«
»Das ist ja nicht auszudenken!« rief Philipp. »Nur gut, daß wir so viel zu essen haben.«
Nach einer Weile kamen sie an eine hohe Felsengrup-pe, die ein wenig Schutz vor dem kalten und feuchten Wind bot. »Wir wollen hier absteigen und essen«, schlug Philipp vor. »Etwas Heißes zu trinken wäre auch nicht schlecht. Hat Frau Evans eigentlich einen Kessel eingepackt?«
Jack sprang aus dem Sattel. »Ja, einen Kessel habe ich gesehen. Wenn hier ein Bach in der Nähe ist, könnten wir uns Kakao kochen.«
Aber zu ihrer großen Enttäuschung fanden die Kinder kein Wasser. »Dabei sind wir den ganzen Morgen über durch unzählige Bäche gewatet«, klagte Dina. »Was für ein Pech, daß gerade hier keiner ist! Ich habe schrecklichen Durst.«
Sie mußten ihre Mahlzeit also trocken einnehmen.
Hungrig machten sie sich über das Essen her, das sie ein wenig erwärmte. Um wieder ganz warm zu werden, spielten die Kinder hinterher Greifen. Schneelein beteiligte sich begeistert daran, so daß sie dauernd über das kleine Ding stolperten. Kiki flog hoch in die Luft und kreischte. Nur David stand still abseits und verfolgte das wilde Treiben mit verwunderten Augen.
»Seht nur, was David für ein Gesicht macht! Er hält uns sicher für vollkommen verrückt.« Lucy sank lachend auf einen Felsbrocken. »Ach, ich kann einfach nicht mehr laufen. Ich hab einen Stich in der Seite.«
»Stichinnerseite«, sang Kiki. »Stichinnerseite. Weg ist das Wiesel.«
»Es klärt sich auf!« schrie Jack plötzlich jubelnd und zeigte zum Himmel.
Tatsächlich, endlich war es der Sonne gelungen, sich durch den dichten Nebel zu kämpfen. Die Kinder strahlten. Sogar David sah ein wenig zuversichtlicher drein.
»Wir wollen versuchen, heute zum Schmetterlingstal zu kommen«, sagte Jack zu ihm und schlug mit den Armen, um sich besser verständlich zu machen.
David nickte. Die kleine Gesellschaft bestieg die Esel und ritt weiter. Allmählich tauchte ein Berg nach dem anderen auf, die Welt wurde wieder größer. Schließlich hatte sich der Nebel vollkommen verzogen, und es wurde rasch heiß. Die Kinder zogen die Mäntel aus. Wie gut tat die warme Sonne nach der feuchten Nebelkälte!
»Wo mag denn nun das Schmetterlingstal sein?« Lucy hielt eifrig Ausschau. »David hat doch gesagt, wir würden heute noch hinkommen. Sieh mal, Philipp, da ist ein Schmetterling.«
Philipp warf einen kurzen Blick auf den Schmetterling.
»Ach, das ist doch nur ein Pfauenauge. Davon habe ich heute schon Dutzende gesehen.« Er nahm das Fernglas an die Augen und suchte das Gelände ab. »Da ist ein Tal zu sehen. He, David, ist dort das Schmetterlingstal?«
David sah in die angegebene Richtung und hob die Schultern. »Je — ne.«
»Ja, nein. Was soll das heißen?« fragte Philipp verzweifelt. »Ich glaube, er hat keine blasse Ahnung.
Na, wir wollen einmal darauf zureiten, vielleicht haben wir Glück. Das Tal liegt jedenfalls sehr geschützt. Es könnte dort warm genug für Blumen und Insekten sein.«
Die Fantasie gaukelte den Kindern ein paradiesisches Bild bunter Blumen und prächtiger Schmetterlinge vor.
Erwartungsvoll ritten sie auf das Tal zu. Es war jedoch viel weiter entfernt, als sie gedacht hatten. Das ist immer so in den Bergen, alles ist doppelt so weit entfernt, als man anfangs glaubt. Immer wieder fällt man auf diese Täuschung herein.
Als sie ihr Ziel erreicht
Weitere Kostenlose Bücher