Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
Stich durchs Herz. Es gab Dinge, die waren so wunderschön, dass sie wehtaten.
Hutch richtete sich auf und schob seinen Hut gerade. „Gut, damit hätten wir das geklärt. Dann sollten wir uns jetzt mal umsehen, was es so alles gibt.“
Als Erstes begaben sie sich in die Halle, in der die Händler ihre Verkaufsstände hatten, wo von handgearbeitetem Schmuck aus Silber und Türkis bis hin zu maßgefertigten Sätteln alles angeboten wurde. Natürlich gab es dort auch Hüte und Stiefel in allen nur denkbaren Farben, Formen und Größen.
Madison war sofort von einem Paar begeistert, das mit dem Muster einer Pfauenfeder bestickt und mit Strass besetzt war. „Die sind schön, oder?“, fragte sie und sah Hutch an, was der dazu meinte.
Es tat schon ein bisschen weh, dass sie von ihrer Tochter nicht nach ihrer Meinung gefragt und genau genommen in diesem Moment von ihr nicht mal zur Kenntnis genommen wurde. „Aber die sind zu …“, begann Kendra, doch Hutch griff nach ihrer Hand und drückte sie leicht.
„Die sind wirklich toll“, stimmte er Madison zu, wandte dann jedoch ein: „Aber du darfst nicht vergessen, dass es in Ställen und Scheunen jede Menge Dreck gibt, und beim Reiten wird viel Staub aufgewirbelt. Und wenn es mal durchs Wasser geht, dann werden Stiefel auch richtig nass.“
Madison legte den Kopf schräg und dachte gründlich darüber nach. Kendra schien nach wie vor unsichtbar zu sein. Einzig Hutchs Meinung zählte.
„Dann dürfen Stiefel nicht schön aussehen?“, fragte Madison und schaute ein wenig enttäuscht drein. Sie war nun mal ein Mädchen, das rosa Tutus, funkelnden Modeschmuck und hohe Plastikabsätze über alles liebte.
Als Hutch sie daraufhin angrinste, war das wie das Aufblitzen der Sonne an einem wolkenlosen Tag. „Doch“, versicherte er ihr. „Schön dürfen sie sein. Aber als richtiges Cowgirl musst du dich fragen, ob so ein Stiefel auf lange Sicht was taugt.“
Da Madison ihn etwas ratlos ansah, übersetzte Kendra: „Du brauchst Stiefel, die robust sind und die du lange Zeit tragen kannst.“ Sie war froh, dass sie zumindest ein wenig behilflich sein konnte, auch wenn sie sich weiterhin irgendwo ganz am Rand der Wahrnehmung durch ihre Tochter bewegte.
Wieder überlegte Madison, dann erklärte sie schließlich: „Okay, dann gucken wir jetzt nach Stiefeln, die lange halten und schön aussehen.“
„Gute Idee“, fand Hutch und warf einen Seitenblick zu Kendra, gefolgt von einem Grinsen, als hätte sich ihre gesamte Kleidung eben in Luft aufgelöst. „Wir suchen einfach weiter, bis wir das richtige Paar gefunden haben.“
Schließlich fanden sie das richtige Paar: dunkelbraune, robuste Stiefel mit einer winzigen gestickten Rose am Schaft.
Kendra bezahlte mit Kreditkarte und schüttelte den Kopf, als der Händler ihr den Schuhkarton mitgeben wollte.
„Sie behält sie gleich an“, sagte sie. „Trotzdem vielen Dank fürs Angebot.“
Madison stolzierte in ihren neuen Stiefeln umher wie ein Pony, das einen Preis gewinnen wollte. Ihre Sneakers, die sie bis vor wenigen Minuten noch getragen hatte, waren vergessen. Sie strahlte über das ganze Gesicht und ließ sich von ihren Stiefeln von Hutch bewundern, der nur lobende Worte für sie fand.
Während er mit diesem Lob beschäftigt war, musterte Kendra ihn lange und eindringlich.
Vorsicht, meldete sich die Stimme ihrer schwierigen Kindheit ebenso zu Wort wie ihr schon einmal gebrochenes und gerade erst verheiltes Herz. Gefahr voraus .
Aber jetzt erwachte noch eine Stimme in ihrem Kopf und wiederholte, was Hutch vor ein paar Minuten gesagt hatte: Angst ist für mich kein Grund, das Leben an mir vorbeiziehen zu lassen.
„Du brauchst auch Stiefel, Mommy“, rief Madison und holte Kendra aus ihren Gedankengängen in die Wirklichkeit zurück. „Dann kannst du mit Mr Hutch und mir reiten.“
„Wo sie recht hat, hat sie recht“, meinte Hutch mit einem Funkeln in den Augen. „Stiefel sind auf jeden Fall vorgeschrieben, wenn man weiter als bis zum Bachlauf reiten möchte.“
Der Bach.
Der Kuss .
Und schon steckte sie in dem gleichen alten Dilemma fest wie zuvor. Wenn Madison tatsächlich reiten lernen wollte, und danach sah es im Moment aus, dann musste Kendra dabei natürlich mitmachen, jedenfalls so lange, bis ihre Tochter ein deutliches Stück älter war. Das wiederum hieß, dass sie für sich auch ein Paar Stiefel brauchte. Es war nicht so, als hätte sie sich das nicht leisten können. Ihr Problem war ein ganz
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