Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
das ist ein Palast.“
Tara erwiderte nichts darauf, sie schien wegen irgendeiner Sache in Gedanken versunken zu sein.
„Und? Was macht die Hühnerfarm?“, wollte Kendra wissen, um das Thema wieder zu wechseln.
Bevor sie antwortete, verdrehte Tara die Augen. „Die ist eine einzige Katastrophe“, stöhnte sie, was aber nicht so ernst gemeint war. „Das Stalldach ist eingesunken, die Hennen legen keine Eier, was vermutlich daran liegt, dass alle Hähne schwul sind und sich bloß noch nicht geoutet haben. Und Boone Taylor weigert sich immer noch, ein paar Büsche zu pflanzen, damit mir beim Anblick seines heruntergekommenen Trailers nicht jedes Mal die Tränen in die Augen steigen, wenn ich morgens aus dem Küchenfenster sehe.“
„Bereust du es schon?“, fragte Kendra leise. Madison und Lucy tobten beide nicht mehr ganz so wild herum wie noch vor einer Weile. Nach dem Bad und einer Gutenachtgeschichte würde das Kind sicher bald einschlafen.
„Überhaupt nicht“, antwortete Tara und schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Es ist zwar mühsam, aber ich bin noch weit davon entfernt, die Segel zu streichen.“
„Das ist gut. Ich hätte sonst nämlich ein schlechtes Gewissen, weil ich dir die Farm verkauft habe.“
„Na ja, du hättest mich wenigstens vor den Nachbarn warnen können“, scherzte Tara.
„So schlimm ist Boone gar nicht“, versicherte Kendra ihr. Sie kannte ihn seit ihrer Kindheit, und sie hatte auch seine Ehefrau Corrie gekannt. Nachdem sie vor ein paar Jahren an Brustkrebs gestorben war, hatte er lange Zeit alle Lebenslust verloren. Erst im letzten Jahr hatte er sich wieder in den Griff bekommen und als nächster Sheriff kandidiert - und mit haushohem Vorsprung die Wahl gewonnen. „Er ist ein Sturkopf, so wie die meisten Männer hier. Auf die Weise schaffen sie es, schwierige Zeiten zu überstehen.“
„Gilt das auch für Hutch?“, fragte Tara interessiert.
Kendra stand auf und winkte ihrer müden Tochter zu. „Es wird Zeit fürs Bett“, rief sie, woraufhin Madison sofort zu ihr kam - ein Zeichen dafür, wie sehr sie sich verausgabt hatte. So wie die meisten kleinen Kinder sträubte auch sie sich normalerweise mit aller Macht gegen den Schlaf, weil sie fürchtete, sie könnte irgendwas verpassen.
Die junge Hündin trottete zu Tara und stieß mit dem Kopf gegen ihr Knie. Lachend beugte sie sich vor, um das Tier hinter den Ohren zu kraulen.
„Wenn du glaubst, dass Lucy perfekt ist“, sagte Tara anstelle einer Verabschiedung, „dann warte erst mal, bis du ihre Schwester kennengelernt hast.“
3. KAPITEL
Am nächsten Morgen nach der Kirche gab Kendra dem Druck des Schicksals - und ihrer sehr beharrlichen Tochter - nach und fuhr quer durch die Stadt zu Paws for Reflection, dem privaten Tierheim, das von einer Frau namens Martie Wren geführt wurde - einer Institution in Parable.
Martie - eine stämmige Frau mit freundlichen Augen und einem Wust aus zerzausten grauen Haaren - leitete alles von ihrem kleinen Wohnzimmer aus, das als Büro diente, und war bei ihrer Arbeit vollständig auf Spenden und die tatkräftige Unterstützung freiwilliger Helfer angewiesen. Sie hatte zwei riesige Gewächshäuser im Garten hinter dem Haus in Unterkünfte für Hunde und Katzen umgebaut, aber sie nahm auch Vögel und Kaninchen und manchmal sogar eine Zwergziege bei sich auf. Das Tierheim kannte keine offiziellen Öffnungszeiten, es war nicht einmal an Sonn- oder Feiertagen geschlossen.
Als Kendra und Madison ihr Auto am Bürgersteig parkten, war Martie gerade damit beschäftigt, die Blumenbeete im Garten vor dem Haus zu wässern.
„Tara hatte bereits angedeutet, dass Sie vorbeikommen könnten“, rief Martie ihnen fröhlich zu und eilte winkend zum Haus, um den Wasserhahn zuzudrehen, damit sie den Gartenschlauch aufrollen konnte.
Kendra, die erst noch Madison aus dem Kindersitz holen musste, lächelte und erwiderte gut gelaunt: „Das war ja nicht anders zu erwarten.“
„Wir wollen Lucys Schwester sehen“, verkündete Madison.
Martie öffnete ihnen das Gartentor. „Na, dann komm mal rein, Kleine, und guck sie dir an. Sie wartet schon auf euch. Ich habe sie auch extra fein gemacht.“
Während Madison aus dem Wagen kletterte, unterdrückte Kendra einen Seufzer. Sie wollte genauso gern wie Madison einen Hund haben - und das nicht erst, seit die Kleine danach verrückt war -, aber eigentlich hatte sie gehofft, erst ein Haus für sich und ihre Tochter zu finden, bevor sie sich auf die
Weitere Kostenlose Bücher