Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
beiläufig, wie sie nur konnte.
„Das ist gut“, verkündete die Kleine fröhlich.
Sie fragte lieber nicht nach, was daran so gut sein sollte. Stattdessen wechselte sie das Thema. „Warst du schon mal bei einem Rodeo?“
„Was ist ein Rodeo?“, wollte Madison wissen.
Auf der Heimfahrt erklärte Kendra ihr so einfach wie möglich, was es mit dieser Veranstaltung auf sich hatte.
„Oh“, machte Madison, als Kendra fertig war. „Wird der Cowboy-Mann auch da sein?“
Die Retriever-Hündin Lucy entpuppte sich als echte Herzensbrecherin, ihre unkomplizierte Art und dieses schelmische Funkeln in ihren wunderschönen braunen Augen machten einfach nur Spaß. Nach dem Abendessen, das wie geplant auf dem schmiedeeisernen Tisch neben dem Rosengarten angerichtet worden war, tobten Madison und die junge Hündin durch den Garten mit seinen sattgrünen Rasenflächen und den bunten Blumenbeeten. Ein leichter Wind sorgte für etwas Kühle an diesem Sommerabend.
Tara beobachtete lächelnd, wie die beiden herumtollten. „Tut mir leid, wenn ich dich vorhin in Bedrängnis gebracht habe“, sagte sie zu Kendra, nachdem sie einen Schluck Eistee getrunken hatte. „Du weißt schon, wegen Lucys Schwester.“
„So hieß ihre leibliche Mutter“, erwiderte Kendra.
„Was? Lucy?“, fragte Tara erschrocken.
Kendra schüttelte den Kopf. „Nein, nein, ich rede von Lucys Schwester, Emma. Meinst du, Madison kann sich an ihre Mutter erinnern?“
„ Du bist Madisons Mutter“, erwiderte sie.
„Tara“, sagte sie gedehnt.
„Nach allem, was du mir und Joslyn erzählt hast, war Madison bei Pflegeeltern untergebracht, seit sie ein Jahr alt war. Wie sollte sie sich an etwas erinnern können?“
Kendra zuckte kurz mit den Schultern. „Ich weiß nicht, ob ich bei diesem speziellen Namen an einen Zufall glauben soll. Jemand kann ihn in ihrer Gegenwart erwähnt haben, und er ist ihr im Gedächtnis geblieben.“
„Das wäre denkbar.“ Nach einer kurzen Pause sagte Tara: „Kendra, sieh mich an.“
Sie wandte sich von dem Bild ab, das Madison und Lucy vor einer Kulisse aus Blumen in jeder nur denkbaren Farbe zeigte, und betrachtete die sorgenvolle Miene ihrer Freundin.
„Du befürchtest doch nicht etwa, diese Emma könnte wiederkommen und dir Madison wegnehmen wollen, oder?“, fragte Tara im Flüsterton.
Kendra schüttelte den Kopf. Madisons leiblicher Mutter war das Mädchen nicht wichtig genug gewesen, um darum zu kämpfen, was Kendra zwar beruhigte, zugleich aber auch traurig stimmte.
Natürlich hatte die Frau Geld gefordert, aber nachdem Jeffreys amerikanische Anwälte ihr deutlich gemacht hatten, dass es illegal war, Kinder zu kaufen und zu verkaufen, war sie recht schnell bereit gewesen, all ihre Rechte als Mutter abzutreten.
„Sie hat Madison weggegeben“, antwortete sie schließlich. „Unwiderruflich.“
„Manche Leute kann man nur schwer verstehen“, meinte Tara seufzend.
„Und manche kann man gar nicht verstehen“, stimmte Kendra ihr zu. Seltsamerweise dachte sie dabei aber nicht an Madisons Mutter, sondern an Hutch.
Dieser Mann war ein wandelndes Rätsel.
Er brach den Frauen gleich reihenweise das Herz. Irgendwo wartete schon die nächste Kandidatin darauf, von ihm auserkoren zu werden, weil sie sich für die glorreiche Ausnahme hielt, der es nicht so ergehen würde. Kinder, Hunde und Pferde wiederum fanden an ihm nichts, was sie hätten fürchten müssen. Sie alle liebten ihn bedingungslos.
War er in Wahrheit ein guter Mann, der nur nach außen den bösen Buben präsentierte, um sein Image zu wahren?
„Und? Willst du das hier immer noch verkaufen?“, fragte Tara und deutete mit einer Hand auf das Haus und das Grundstück insgesamt.
„Ja, und den Erlös lege ich für Madison an“, erklärte sie. Sie hatte Joslyn und Tara nicht in alle Details eingeweiht, aber sie wussten beide, dass Jeffrey der Vater des Mädchens war. „Von Rechts wegen gehört ihr das Geld.“
Tara hörte sich das schweigend an, dann trank sie wieder einen Schluck Eistee. „Wird dir das Geld nicht fehlen? Oder das Haus? Du hast schließlich im größten und nobelsten Haus der Stadt gewohnt.“
Kendra lächelte ein wenig wehmütig. „Ich bin nicht pleite, Tara“, entgegnete sie. „Seit ich Shepherd Real Estate gegründet habe, ist einiges an Provisionen reingekommen.“ Sie schaute über die Schulter zu dem düsteren Gebäude. „Und was das Haus angeht, das wird mir nicht mal fünf Minuten lang fehlen. Das ist kein Haus,
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