Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
sagte Kendra und stellte ihre Handtasche auf den Schreibtisch, da sie nur nach den eingegangenen Nachrichten sehen wollte und dann schon wieder aufbrechen würde. Um halb elf hatte sie einen Anwaltstermin, was der Grund dafür war, dass sie Daisy nicht ins Büro mitgebracht hatte.
Madison war außer sich gewesen, als sie gehört hatte, die Hündin sollte allein zu Hause bleiben. „Daisy ist ein Hundebaby“, hatte sie dann sehr erwachsen argumentiert, „und das ist das Gleiche wie ein Baby, und ein Baby braucht auch immer jemanden, der aufpasst, dass ihm nichts passiert.“
Kendra war nichts anderes übrig geblieben, als sich ausnahmsweise dem Argument zu beugen.
„Du solltest doch in Mutterschutz sein, oder hast du das schon wieder vergessen?“, bohrte sie nach, auch wenn sie froh darüber war, ihre Freundin zu sehen.
„Autsch“, rief Joslyn plötzlich und legte eine Hand auf ihren Bauch, wobei sie das Gesicht verzog.
„Übt der kleine Kerl schon wieder fürs Rodeo?“ Kendra lächelte und wünschte, jedes Baby könnte in einer so liebevollen und harmonischen Ehe zur Welt kommen wie der von Joslyn und Slade. Was für eine wunderschöne Welt das wäre …
„Ich habe eher das Gefühl, dass er sich seit Neuestem für Kickboxen interessiert“, gab Joslyn in gespielt gequältem Tonfall zurück. Nachdem sie ein paar Mal tief durchgeatmet hatte, konzentrierte sie sich wieder auf den Monitor. „Komm mal her und sieh dir dieses Angebot an, Kendra. Das ist zwar zur Miete, aber es könnte genau das sein, wonach du suchst.“
Sofort ging Kendra um den Schreibtisch herum und schaute auf den Bildschirm, auf dem ein kleines weißes Haus zu sehen war. Natürlich erkannte sie es wieder, immerhin kannte sie zumindest flüchtig alle Immobilien in Parable County, ob für Wohnzwecke oder für Gewerbe.
Dieses reizende kleine Haus im Kolonialstil mit Schindeln an den Außenwänden, grünen Fensterläden und einer umlaufenden Veranda stand gleich gegenüber vom Stadtpark, nur zwei Häuserblocks von der Stadtbücherei entfernt. Sowohl die Kindertagesstätte als auch ihr Büro konnte sie von dort aus bequem zu Fuß erreichen.
„Wieso wusste ich nichts davon?“, wunderte sie sich, während sie weiter interessiert die Fotos auf dem Bildschirm betrachtete.
Joslyn zuckte kurz die Achseln. „Du warst eine Weile nicht in der Stadt. Außerdem verkaufen wir nur Immobilien, wir verwalten keine Mietobjekte.“
Kendra rief sich die Fakten ins Gedächtnis, die ihr von früher bekannt waren. Das Haus hatte seinerzeit Tante Billie gehört, der Tante der Anwältin Maggie Landers. Dann hatte Maggie das Anwesen geerbt und einige dringende Renovierungsarbeiten durchführen lassen, aber sie selbst war dort nie eingezogen. Stattdessen hatte sie es langfristig an eine Lehrerin vermietet. Und nun stand es offenbar leer - oder zumindest würde das in Kürze der Fall sein.
Sie machte buchstäblich einen Satz zu ihrem Telefon. Auch wenn sie sich gleich mit Maggie treffen würde, um mit ihr über Madisons Treuhandfonds zu reden, konnte sie nicht zulassen, dass ihr in den wenigen Minuten irgendwer das Haus vor der Nase wegschnappte.
Maggies Sekretärin stellte Kendra sofort durch.
„Sag jetzt bitte nicht, dass du deinen Termin absagen willst“, begann Maggie ohne Vorrede. „Du wärst dann heute schon die Dritte.“
Kendras Herz begann zu rasen. „Nein, nein“, sagte sie hastig. „Nein, darum geht es nicht. Ich bin um halb elf da, so wie besprochen …“
„Kendra“, wurde sie von einer besorgt klingenden Maggie unterbrochen. „Was ist denn nur los mit dir? Du hörst dich an, als hättest du gerade einen Triathlon hinter dir.“
„Dein Haus … das du vermietet hast … Joslyn hat es mir gerade im Internet gezeigt …“
Maggie lachte nervös, und Kendra sah vor ihrem geistigen Auge, wie sie mit ihrer kostbaren Perlenkette spielte, die sie immer trug. „Ja, was ist damit?“
„Ist das noch zu haben?“
Maggie klang erleichtert, als sie sagte: „Natürlich. Die Anzeigte ist erst seit heute im Netz.“
„Ich nehme es“, platzte Kendra heraus und schnappte gleich darauf nach Luft. So unüberlegt hatte sie noch nie gehandelt … jedenfalls nicht bei Dingen, die nichts mit Hutch Carmody zu tun hatten.
„Unbesehen?“, fragte Maggie verwundert.
„Es ist für Madison und mich genau richtig“, sagte Kendra und beruhigte sich etwas.
„Willst du nicht mal wissen, wie hoch die Miete ist?“
Kendra verdrehte sich fast den
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