Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
tat so, als hätte er nichts davon mitbekommen, und ging zum Aufzug.
Die Aufzugtür ging auf, und Kendra, die gerade die Kabine verlassen wollte, sah sich Hutch gegenüber. Obwohl sie einen Großteil des Tages gemeinsam auf dem Pioneer Cemetery verbracht hatte, erschrak sie bei dieser unerwarteten Begegnung, die sie sehr nervös machte.
„Wo ist Madison?“, fragte er, während er ihr Baumwollkleid betrachtete, das sie nach dem Picknick angezogen hatte. Erst dann kehrte sein Blick zurück zu ihrem Gesicht.
Sie ging um ihn herum, während sie sich vor Augen hielt, dass sie ins Krankenhaus gekommen war, um das neugeborene Baby ihrer besten Freundin zum ersten Mal zu sehen. „Unten“, antwortete sie, nachdem sie geschluckt hatte. „Die Empfangsdame passt solange auf sie auf.“
„Auf dem Weg raus werde ich ihr Tag sagen“, erwiderte Hutch und betrat den Aufzug, dann glitten die Türen zu, und Hutch war damit auch schon wieder weg. Kendra stand da und hatte das Gefühl, sich diese Szene, vielleicht sogar den ganzen Tag nur eingebildet zu haben.
Hatte sie tatsächlich mit ihm an diesem Dreibeinlauf teilgenommen … und verloren?
Sie drehte sich um, sah Callie, Shea und Opal beisammenstehen und gesellte sich zu ihnen.
„Wie geht‘s denn der frischgebackenen Mutter?“, wollte sie wissen.
Shea verdrehte die Augen, ihre Wangen glühten rot, und sie strahlte völlige Begeisterung aus. „Joss würde am liebsten sofort wieder nach Hause fahren - das muss man sich mal vorstellen! Dad und Opal haben sie aber überredet, wenigstens bis morgen hierzubleiben und sich auszuruhen.“
„Mit anderen Worten, es geht Joslyn gut“, folgerte Kendra lächelnd.
„Es geht ihr blendend“, entgegnete Callie. „Und dem kleinen Trace ebenfalls. Ach Gott, er sieht aus wie sein Daddy. Wie eine Miniaturausgabe von Slade Barlow.“
„Dad schwebt im siebten Himmel“, warf Shea erfreut ein.
„Hutchs Mama würde sich im Grab rumdrehen, wenn sie wüsste, dass er in aller Öffentlichkeit ein ungebügeltes Hemd trägt“, grummelte Opal und warf einen finsteren Blick in Richtung der geschlossenen Aufzugtüren. „Sie hat auf solche Dinge immer großen Wert gelegt.“
Verständnislos schaute Kendra in die Runde.
„Achte lieber nicht auf Opal“, flüsterte Shea ihr im Verschwörertonfall zu und hakte sich bei Kendra ein. „Sie leidet gerade unter einem Bügeltrauma, aber das geht vorüber.“
„Aha“, murmelte Kendra, die noch immer keine Ahnung hatte, was hier los war, die sich aber widerstandslos in Joslyns Zimmer führen ließ.
Ihre Freundin saß im Bett, ordentlich frisiert, das Gesicht ein wenig gerötet, Augen, die vor Freude zu leuchten schienen. „Hast du ihn schon gesehen?“, wollte sie aufgeregt wissen.
„Noch nicht“, erwiderte Kendra. „Ich bin vor zwei Sekunden hier angekommen.“
Dieses benommene Gefühl, als würde sie immer noch hinter sich herlaufen, ohne sich einholen zu können, hielt weiter an.
Überall standen Blumensträuße, die den kleinen Raum wie einen Garten wirken ließen, allerdings nicht wie ein Krankenzimmer.
Joslyn strahlte. „Ich kann es gar nicht erwarten, noch ein Kind zu kriegen.“
„Langsam, langsam“, protestierte Slade, der an der Tür stand. „Wir haben dich erst vor ein paar Stunden aus dem Kreißsaal gefahren, Frau!“
„Komm lieber her und gib mir einen Kuss“, forderte sie ihren Mann auf.
Shea lachte und verzog das Gesicht, dabei sagte sie mit gespieltem Widerwillen: „Eklig!“
Inzwischen hatte Slade das Zimmer durchquert, er beugte sich über Joslyn und küsste sie auf den Mund. Es war, als wäre die Luft elektrisch geladen.
Kendra, die immer noch etwas durcheinander war, dachte auf einmal an den Strauß aus gelben Nelken, den sie in der Hand hielt. Sie schaute sich um und fand tatsächlich noch einen Platz, an dem sie ihre Blumen in eine Vase stellen konnte.
Gleich darauf betrat eine Krankenschwester das Zimmer und brachte den kleinen Trace mit, den sie behutsam in die erwartungsvoll ausgestreckten Arme seiner Mutter legte. Der Anblick von Vater, Mutter und Kind genügte, um bei Kendra eine Woge der Begeisterung losbrechen zu lassen - aber auch einen Hauch von Neid. Dem folgte sogleich ein schlechtes Gewissen, denn sie liebte Madison so sehr, und sich in diesem Moment zu wünschen, selbst ein Kind zu bekommen … das hatte etwas Raffgieriges an sich.
Über den Kopf des Babys hinweg sah Joslyn zu Kendra. Ihr Blick verriet, dass sie Kendras Gedanken
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