Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
die in den meisten Fällen genügte, um einen anderen verstummen zu lassen.
Auch McQuillan konnte sich der Wirkung dieser Worte nicht entziehen, drehte sich mit seinem Hocker um und verließ zielstrebig das Lokal, ohne nach links und rechts zu sehen.
Amüsierte Kommentare geisterten durch das Café, nachdem die Tür hinter ihm zugefallen war.
„Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Mann nicht doch ein bisschen verrückt ist“, überlegte Essie, während sie ihm nachsah.
Niemand widersprach ihr.
Kendra bestellte den Latte und das Croissant, wartete, bezahlte und verließ mit ihrem Einkauf das Restaurant, wobei sie feststellte, wie ungewöhnlich nervös der Zwischenfall sie gemacht hatte.
Auf dem Weg zum Büro holte sie ihr Handy aus der Tasche und tippte auf die Kurzwahltaste für Joslyns Nummer. Sie hoffte, dass sie ihre Freundin nicht beim Erholungsschlaf oder etwas ähnlich Wichtigem störte.
Joslyn meldete sich aber schon nach dem ersten Klingeln und klang viel zu fröhlich für eine Frau, die erst vor Kurzem ein Kind zur Welt gebracht hatte und jetzt aus dem Schlaf geholt worden war. „Hi, Kendra“, begrüßte sie sie. „Was geht ab?“
„Ich weiß nicht so genau“, musste Kendra ihr eingestehen. Wieso bitte schön hatte sie Joslyn angerufen?
Ihre Freundin wartete einfach ab.
„Ich habe gehört, dass Slade für Boone eingesprungen ist“, sagte sie schließlich, während sie vor ihrem Laden angekommen war und mit ihrem Schlüsselbund hantierte. „Als Sheriff, wollte ich sagen.“ Sie war daran gewöhnt, mit Handtaschen, Aktenkoffern, Handys und Kaffeebechern zu jonglieren, doch heute Morgen wollten ihre Finger nicht richtig zufassen, so als seien sie feucht.
„Ja, Boones Söhne kommen ihn besuchen“, erklärte Joslyn gut gelaunt. „Deshalb muss er zu Hause Ordnung schaffen, und darum hat er freigenommen. Slade hat sich angeboten, für ein paar Tage einzuspringen.“
„Aha“, sagte Kendra, schloss die Tür und flüchtete sich förmlich in ihr Büro. Was sollte sie sagen, wenn sie wissen wollte, wieso sie sich nach einer Sache erkundigte, die sie wirklich in keiner Weise etwas anging?
„Wieso fragst du?“, wollte Joslyn wie auf ein Stichwort hin wissen.
Kendra seufzte, stellte die Handtasche und den Kaffeebecher auf ihrem Schreibtisch ab, dann legte sie die Tüte mit dem Croissant daneben. Aber selbst diese Sekunden, die sie damit herausgeholt hatte, genügten nicht, um sich einen plausiblen Vorwand für ihre Frage auszudenken.
Also konnte sie nur zur Wahrheit greifen. „Deputy McQuillan hat vorhin im Butter Biscuit Theater gemacht. Er sprach davon, dass Walker Parrish ihn gestern Abend attackiert hat und dass er ihn vor Gericht bringen werde.“
„Ja, ich habe davon gehört, dass es im Boot Scoot zu einer kleinen Streiterei gekommen sein soll“, antwortete sie ein wenig zögerlich.
„Und Hutch war auch daran beteiligt.“
„Indirekt“, bestätigte Joslyn.
„Nicht, dass es mich etwas angeht, was Hutch Carmody macht.“ Kendra redete eigentlich mehr mit sich selbst als mit Joslyn.
Die lachte amüsiert. „Außer dass du ein bisschen in Sorge um ihn zu sein scheinst“, stellte sie fest. „Warum gibst du nicht wenigstens deiner vorrangigen besten Freundin gegenüber zu, dass du immer noch was für den Kerl übrig hast?“
„Weil ich nichts für ihn übrig habe.“
„Aber sicher“, gab Joslyn ironisch zurück.
„Ich bin jetzt Mutter“, redete Kendra drauflos und stellte fest, dass sie aus einem unerfindlichen Grund nicht damit aufhören konnte. „Ich habe einen Hund und einen Volvo, und ich muss meinen Lebensunterhalt verdienen.“
Diesmal musste Joslyn sogar laut lachen. „Und was willst du mir damit sagen? Dass du in deinem Leben keine Romanze brauchst? Oder mal ein bisschen Sex?“
„Sex?“ Das Wort kam wie ein schriller Aufschrei über ihre Lippen. „Wer redet denn hier von Sex?“
„Na du“, sagte Joslyn ihr auf den Kopf zu. „Natürlich nicht wörtlich. Aber ein bisschen eifersüchtig bist du schon, nicht wahr? Weil du dir ausmalst, wie Hutch in der Boot Scoot Tavern Brylees Ehre verteidigt hat, stimmt‘s?“
„Als … Eifersucht … würde ich das eigentlich nicht bezeichnen“, erwiderte Kendra nach einer Weile.
„Okay“, meinte Joslyn. „Und als was würdest du es stattdessen bezeichnen?“
„Du bist keine große Hilfe für mich“, hielt Kendra ihr vor und fühlte sich noch mutloser. Dennoch lächelte sie, denn mit Joslyn zu reden tat ihr
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