Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
- und ging nach draußen, um im Schatten der Bäume zu Mittag zu essen.
Opal saß am Tisch mitten in Boones auf Hochglanz polierter Küche, Boone und Hutch setzten sich zu ihr. „Du kannst wirklich Wunder vollbringen“, sagte Boone zu ihr, als er sich umsah. Natürlich war deutlich zu erkennen, dass die Möbel alt und abgestoßen waren, doch alle Oberflächen glänzten und waren wieder sauber.
„Du lebst eben schon zu lange ohne eine Frau hier“, gab Opal auf ihre ganz besondere Weise zurück, die einen Vorwurf mit liebevollem Verständnis kombinierte.
Boone schaufelte Kartoffelsalat auf seinen Teller - die selbst gemachte Variante hatte er vermutlich seit dem Tag nicht mehr zu essen bekommen, an dem Corrie krank geworden war - und legte mehrere Stücke panierte Hähnchenbrust dazu. „Mich überrascht, was du da sagst, Opal“, zog er sie auf. „Wenn man dich so hört, klingt das, als seien Frauen dazu da, hinter den Männern aufzuräumen. Wenn das rauskommt, werden die militanten Feministinnen dich auf dem Scheiterhaufen verbrennen.“
Sie atmete schnaubend aus und tat seine Bemerkung als groben Unfug ab, aber dann wurde sie ernst und musterte Boone durch die Gläser ihrer altmodischen Brille, als hätte sie ihn noch nie zuvor gesehen. „So was wie das hier hätte Corrie nicht gewollt“, sagte sie leise. „Nicht für dich und ganz sicher nicht für deine beiden Jungs.“
Boone legte die Gabel hin, auf der sich Kartoffelsalat türmte, und sah schweigend auf seinen Teller. Dabei sah er so todtraurig aus, dass Hutch den Wunsch verspürte, seinem Freund zur Seite zu stehen. Doch er hielt sich zurück, da er wusste, dass Opal recht hatte. Vielleicht würde es ihr ja gelingen, zu Boone durchzudringen, was er, Slade und andere Leute bislang vergeblich versucht hatten.
„Wir wollten nicht ewig in diesem Trailer leben“, redete er tonlos vor sich hin. „Es war nur eine Zwischenlösung, bis wir unser Haus gebaut hätten.“
„Ich weiß“, entgegnete Opal in sanftem Tonfall. „Aber meinst du nicht, es wird Zeit, die Vergangenheit hinter dir zu lassen und nach vorn zu schauen? Zeit, dieses Haus endlich zu bauen, deine Jungs zu dir zu holen, wo sie hingehören, und vielleicht wieder eine Frau zu finden?“
Jetzt erst hob Boone den Kopf. Dabei schaute er so unendlich traurig in die Runde, dass Hutch mit den Tränen kämpfen musste.
„Ich kann keine Frau heiraten, die ich nicht liebe“, erklärte er heiser. „Und ich werde niemals eine andere Frau als Corrie lieben.“
Schweigen machte sich breit.
Nach einer Weile hob Boone die Gabel, um demonstrativ etwas zu essen, doch sein Appetit hatte ihn längst verlassen.
„Was du durchmachen musstest, war wirklich schlimm“, sagte Opal schließlich verständnisvoll. „Aber Corrie kommt nicht mehr zurück, Boone. Du dagegen lebst noch, und das trifft auch auf deine Söhne zu. Die beiden brauchen ihren Daddy.“
„Meine Schwester …“
„Ich weiß, Molly liebt die Jungs“, sagte sie, als Boone nach diesen zwei Worten gleich wieder verstummte. „Aber sie sind deine Jungs, sie sind dein Fleisch und Blut. Sie gehören zu dir! “
Boone schob seinen Stuhl zurück und machte den Eindruck, als wollte er im nächsten Augenblick aufspringen und weglaufen, doch letztlich blieb er sitzen. „Ich weiß deinen Einsatz hier zu schätzen, Opal“, sagte er, ohne dabei sie oder Hutch anzusehen. „Ich will auch nicht respektlos erscheinen, aber du weißt nicht, was du da redest. Du hast keine Ahnung, wie gut es Griff und Fletch bei ihrer Tante und ihrem Onkel mit all ihren Cousins haben.“
„Es tut mir leid, Boone“, erwiderte Opal. „Du hast mich nicht nach meiner Meinung gefragt, und ich hätte den Mund halten sollen.“
Daraufhin stand Boone auf, verließ wortlos die Küche und ging nach draußen. Die Fliegengittertür, die schief in ihren Scharnieren hing, fiel hinter ihm laut zu.
„Es ist ein Fortschritt, Opal“, sagte Hutch zu der Frau, die sichtlich mit den Tränen kämpfte. „Dass Boone die Jungs an einem Feiertag übers Wochenende nach Parable kommen lässt, das ist schon ein enormer Schritt nach vorn. Zu Weihnachten ist er noch nach Missoula gefahren, um sich da mit ihnen zu treffen. Jetzt macht er hier sauber und lässt sich von uns helfen, also genau das, wogegen er sich lange Zeit gesträubt hat.“
Opal schniefte leise und winkte ab. Während Hutch weiteraß, nahm sie Boones Teller weg. „Seit wann bist du so scharfsinnig?“, fragte sie.
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