Der Berg der Sehnsucht: Big Sky Mountain (German Edition)
ihrer Schürze putzen konnte. Nachdem sie sie wieder aufgesetzt hatte, musterte sie den Hund gründlich. „Ach, du Ärmster“, murmelte sie. „Dich werden wir erst mal genau unter die Lupe nehmen.“
Mit diesen Worten räumte sie Teetasse und Bibel weg, dann breitete sie einen großen Müllbeutel auf dem Tisch aus. „Hilf ihm mal da rauf“, forderte sie Hutch auf, der sofort gehorchte.
Unschlüssig stand der Hund einen Augenblick später auf dem Tisch und schien zu befürchten, dass ihm Ärger drohte. Wieder zitterte er am ganzen Leib.
„Niemand wird dir etwas tun“, versicherte Opal ihm aufmunternd, während sie ihn genauer untersuchte. „Sieh dir nur an, wie die Rippen hervortreten“, sagte sie und ging einen Schritt zurück. „Wann hast du das letzte Mal etwas zu essen bekommen, Hund?“
Hutch nahm ihn vom Tisch und setzte ihn auf den Boden, dann füllte er einen Napf mit Wasser und stellte ihn dem Hund hin. Binnen Sekunden hatte er geräuschvoll alles ausgetrunken und sah Hutch auf eine Weise an, die jede ausgesprochene Bitte nach mehr überflüssig machte. Hutch füllte den Napf noch einmal.
Nachdem Opal sich die Hände gewaschen hatte, begann sie den Kühlschrank zu durchforsten und nahm zwei Hähnchenteile und eine Packung Hüttenkäse raus. Als würde sie sich jeden Tag um ausgehungerte Fundtiere kümmern, trennte sie die Hühnerknochen ab und schnitt das Fleisch in kleinere Stücke. Sie mischte etwas Hüttenkäse darunter, das Ergebnis stellte sie auf einem Teller dem Hund hin.
Der hatte sich bis gerade eben noch für das Wasser interessiert, aber als er den neuen Teller sah, stürzte er sich darauf und schlang innerhalb weniger Augenblicke alles herunter, als hätte er Angst, das Fressen könnte sich in Luft auflösen, wenn er zu lange zögerte. Hutch nahm den leeren Teller hoch und bat Opal um Nachschlag, aber die lehnte strikt ab. „Sein Magen ist keine großen Portionen mehr gewohnt, das kannst du dem Tier ansehen. Mit dem, was er jetzt gefressen hat, ist seine Verdauung erst einmal eine Weile beschäftigt“, erklärte sie.
Danach ging Hutch mit ihm in die Waschküche, die am besten dazu geeignet war, den Hund zu baden. Anschließend holte er ein paar Handtücher frisch aus dem Trockner und begann den Hund trocken zu rubbeln, bis sein zerzaustes Fell glänzte. Als er mit dem Hund in die Küche zurückkehrte, hatte Opal den Tisch bereits abgeräumt und saß wieder da, um bei einer Tasse Tee weiter in der Bibel zu lesen. Mit dem Zeigefinger tippte sie auf die aufgeschlagene Seite und sagte: „Leviticus. Das ist der perfekte Name für unseren vierbeinigen Freund.“
„Wieso das?“, fragte er und wusch sich die Hände im Spülbecken. Sein frisch gebügeltes und gestärktes Hemd war vom Hundebaden klatschnass und schmutzig, doch das kümmerte ihn im Moment gar nicht.
„Weil ich in dem Moment das Dritte Buch Mose gelesen habe, als du mit dem Hund ins Haus gekommen bist.“
Unwillkürlich musste Hutch lächeln. Er dachte an seine Kindheit zurück, als seine Mom ihm jeden Tag aus der Bibel vorgelesen hatte. Sie hatte immer gesagt, wenn es jemand schaffte, das Dritte Buch Mose bis zum Schluss zu lesen, dann konnte er im Leben alles erreichen.
„Ich nehme an, Bingo war ein voller Erfolg?“, fragte er und beobachtete dabei Leviticus, der auf einen Stapel alter Decken zusteuerte, die Opal dort für ihn hingelegt haben musste. Er nahm darauf Platz, rollte sich mit einem leisen Seufzer zusammen und machte die Augen zu.“
„Ich habe den Jackpot gewonnen“, ließ sie Hutch wissen und lächelte stolz. „Fünfhundert Dollar. Ich bin jetzt also ziemlich gut bei Kasse.“
Hutch schaute den schlafenden Hund an und stellte fest, dass der schon jetzt einen Platz in seinem Herzen erobert hatte. „Wo wir gerade von Geld reden“, erwiderte er. „Ich bin dir was schuldig für die Arbeit, die du hier geleistet hast, und natürlich auch heute drüben bei Boone.“
„Ich will dein Geld nicht, Hutch“, sagte sie und fuchtelte abweisend mit ihrer Hand. „Außerdem habe ich dir doch gerade eben erzählt, dass ich heute Abend fünfhundert Dollar gewonnen habe, oder nicht?“
Leise lachend schüttelte er ungläubig den Kopf. „Du bist wirklich eine starrsinnige Frau.“
„Ein Grund mehr, nicht mit mir zu diskutieren“, konterte sie siegessicher. Dann zog sie die Brauen hoch, und noch bevor sie den Mund aufmachen konnte, sah er die Frage, die ihr ins Gesicht geschrieben stand: „Wie war es
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