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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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üben.
    Ei­ne neue Ge­walt durch­drang sei­ne selbst­au­fer­leg­te Ein­sam­keit. Br­ad­ley hör­te den schnel­len, har­ten Schlag von sir­ren­den Hub­schrau­ber­ro­to­ren. Re­si­gniert gab er auf, und mit ei­nem kur­z­en Blick ge­gen die Son­ne er­kann­te er die plum­pe, voll­ge­fres­se­ne Ge­stalt ei­nes He­li­ko­pters, der in ei­ner sich ver­en­gen­den Kreis­bahn her­nie­der­sank.
    Sie hat­ten es al­so nicht las­sen kön­nen, ihn noch ein­mal zu stö­ren, als wä­re das Al­ter nicht schon Fluch ge­nug. Die An­kunft des Hub­schrau­bers galt ihm; des­sen war Br­ad­ley sich si­cher. Mehr als zehn Jah­re wa­ren ver­gan­gen, seit sie das letz­te Mal hier ein­ge­drun­gen wa­ren, aber der Teu­fel war­te­te eben nie zu lan­ge mit neu­en Ver­su­chen.
    Die jün­ge­ren Mön­che hat­ten den He­li­ko­pter eben­falls be­merkt, und ihr auf­ge­reg­tes Ge­schnat­ter er­füll­te die Luft. Aus pu­rem Starr­sinn ver­fiel Br­ad­ley wie­der in sein me­di­ta­ti­ves Schwei­gen. Zu­erst fiel es ihm leicht, die an­de­re, die äu­ße­re Welt zu iso­lie­ren – die mit den Stim­men, den schwir­ren­den Ro­tor­blät­tern, dem wei­chen Fleisch und der jun­gen Haut –, aber als der Hub­schrau­ber sich dem Bo­den nä­her­te, wir­bel­te er den Sand hoch, und die win­zi­gen gel­ben Split­ter sta­chen schmerz­haft in sein brau­nes, ver­wit­ter­tes Ge­sicht. Br­ad­ley ver­zog das Ge­sicht und muß­te plötz­lich an das En­de den­ken, wenn die Er­de des Gra­bes auf sein Ge­sicht her­abrie­seln wür­de. Viel­leicht wür­de ihm erst dies – der kör­per­li­che Tod – je­nes Ver­ges­sen brin­gen, nach dem er sich schon so lan­ge sehn­te.
    Seit fünf­und­drei­ßig Jah­ren schon er­trug Br­ad­ley Reynolds die Ab­ge­schie­den­heit des Klos­ters. Als Jo­na­thon, be­ses­sen von sei­ner Su­che nach Wis­sen, das Son­nen­sys­tem ver­las­sen hat­te, hat­te auch Br­ad­ley be­schlos­sen, die mensch­li­che Welt zu ver­las­sen. War er hier­her­ge­kom­men, um ei­ne Wahr­heit zu fin­den, oder nur, um sich zu ver­ste­cken? Die­se Fra­ge hat­te er nie zu­frie­den­stel­lend be­ant­wor­ten kön­nen, und oft fürch­te­te er, daß dies der Grund da­für sein könn­te, daß die Er­leuch­tung, so nah sie auch ge­le­gent­lich kom­men moch­te, sich sei­nem Zu­griff doch im­mer wie­der ent­zog. Der Sand hat­te sich ge­setzt. Er ent­spann­te sich, und sei­ne me­di­ta­ti­ve Tran­ce ver­schwand. Das Schwir­ren hör­te auf. Der Hub­schrau­ber war ge­lan­det.
    Br­ad­ley er­hob sich und ver­ließ den zer­bro­che­nen Kreis. Zwei der jün­ge­ren Mön­che rann­ten schon eif­rig über den Sand auf den war­ten­den He­li­ko­pter zu. Br­ad­ley be­ob­ach­te­te sie kurz; ih­re dunklen Kut­ten flat­ter­ten wie die Hü­gel mü­der Fle­der­mäu­se. An der Sei­te des Hub­schrau­bers prang­te das blau-grü­ne Em­blem des Ver­ei­nig­ten Kon­gres­ses. Je­mand be­rühr­te sei­nen Arm, als er sich um­wand­te. Ein hüb­sches, flei­schi­ges Mäd­chen von zwan­zig Jah­ren mit kahl­ge­scho­re­nem Schä­del, eben­falls ei­ne Klos­ter­be­woh­ne­rin. Sie war die Toch­ter ei­nes schwe­di­schen Ree­ders. Er scher­te sich nicht um den Na­men, den man ihr ge­ge­ben hat­te; selbst jetzt noch zo­gen zu vie­le Ge­sich­ter an ihm vor­über, als daß er sich ei­nes be­son­ders hät­te mer­ken kön­nen.
    „Was … was ist das?“ Ih­re Angst über­rasch­te ihn.
    „Ein Hub­schrau­ber“, ant­wor­te­te er sanft.
    „Ist es … was glaubst du … ist es ein Zei­chen?“
    Ver­wirrt schüt­tel­te er den Kopf. „Nein. Er ist für mich.“ Er tät­schel­te sanft ih­re Hand. „In ein paar Stun­den sind sie wie­der fort.“
    „Als er kam, dach­te ich … in mei­ner Me­di­ta­ti­on … ich dach­te, es sei das Au­ge Got­tes.“
    Ih­re Of­fen­ba­rung ließ ihn schau­dern. Er wies auf den Hub­schrau­ber. „Nun, es ist nicht Gott.“ Ei­lig schritt er auf die Stein­mau­er zu, die die üp­pi­ge Oa­se des Klos­ters von dem rau­hen Wüs­ten­bo­den trenn­te.
    Mit sei­nen sie­ben­un­dacht­zig Jah­ren be­saß Br­ad­ley Reynolds noch die Spann­kraft ei­nes Man­nes, der ei­ne gan­ze Ge­ne­ra­ti­on jün­ger war. Die­ses Pri­vi­leg

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