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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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ver­dank­te er den Jah­ren, die er im Welt­raum ver­bracht hat­te. Die Schwe­re­lo­sig­keit hat­te sein In­ne­res lieb­kost und die le­bens­wich­ti­gen Or­ga­ne da­vor be­wahrt, an ih­rem ei­ge­nen Ge­wicht zu er­sti­cken. Den­noch war er nicht mehr jung. Im­mer häu­fi­ger ge­sch­ah es, daß sein Kör­per sich ein­fach wei­ger­te, Be­feh­le zu er­fül­len, de­nen er einst au­to­ma­tisch ge­horcht hat­te. Die­se Un­si­cher­heit des Kör­pers führ­te na­tür­lich zu ei­ner noch tiefe­ren Un­si­cher­heit des Geis­tes. Men­schen star­ben, so glaub­te er, letz­ten En­des aus Grün­den, die sie sich selbst schu­fen, aber Br­ad­ley gab sich nicht auf. Er war die­sem Pro­blem zum ers­ten Mal vor fünf­und­drei­ßig Jah­ren be­geg­net: et­was Sinn­vol­les zu ent­wi­ckeln, um ein strah­len­des Al­ter zu ver­le­ben. Soll­te er sich mit ge­kreuz­ten Bei­nen hin­set­zen und sei­nen Geist zum Glau­ben mes­me­ri­sie­ren, oder soll­te er das Uni­ver­sum durch­su­chen, durch­for­schen und durch­stö­bern nach dem rech­ten Zei­chen, dem einen, kost­ba­ren Kie­sel, der die au­gen­blick­li­che Of­fen­ba­rung des Gan­zen bräch­te? Als er jung war, hat­te er das letz­te­re ver­sucht; im Al­ter neig­te er zu ers­te­rem. Und jetzt, da der Tod un­er­bitt­lich nä­her­kam, er­schie­nen ihm bei­de Me­tho­den lä­cher­lich. Oh­ne Zwei­fel ha­be ich ver­sagt, dach­te er, denn den Be­weis da­für hat­te er un­über­seh­bar in dem un­schul­di­gen Stau­nen der jun­gen Klos­ter­schwes­ter ge­fun­den: In ih­rer Welt gab es einen Gott, in sei­ner nicht. Er konn­te ih­rer klam­mern­den Um­ar­mung nicht ent­rin­nen.
    Bru­der Ling, des­sen wei­ße Kut­te acht­los den Staub auf­wir­bel­te, trat Br­ad­ley hin­ter dem In­nen­tor ent­ge­gen. Br­ad­ley hat­te Ling mehr als drei Jahr­zehn­te lang ge­liebt und ihm ge­dient, aber da­nach kann­te er die­sen zier­li­chen, gel­ben Mann nicht bes­ser als zu­vor. Warum muß ich mich heu­te mit sol­chen trost­lo­sen Ge­dan­ken quä­len? frag­te er sich. Es muß­te an dem Hub­schrau­ber lie­gen. Auch die­sen Schmerz wür­de er ih­nen zum Vor­wurf ma­chen.
    „Ja, sie sind wie­der mei­net­we­gen ge­kom­men“, sag­te er zu Ling, denn er wuß­te, daß die­ser nach dem Hub­schrau­ber fra­gen woll­te.
    „Und du wirst mit ih­nen spre­chen?“
    „Ich – nein.“ Dann nick­te er. „Nein, schick sie in mei­ne Zel­le.“
    Das Klos­ter war aus den Rui­nen ei­nes al­ten Mau­ren­tem­pels er­baut wor­den. Die Stei­ne wa­ren vom Al­ter ver­wit­tert, und doch hat­te die töd­li­che Gleich­för­mig­keit der Wüs­te­num­ge­bung sie kon­ser­viert. Je­de Nacht stieg Br­ad­ley auf die Spit­ze des öst­li­chen Tur­mes und be­trach­te­te die Ster­ne. Das soll­te ei­ne Ab­schieds­ges­te sein, mit der er das Uni­ver­sum, das er einst be­wohnt hat­te, ver­ließ und ein an­de­res be­trat; aber in der nächs­ten Nacht kam er dann doch wie­der zu­rück und starr­te nach oben.
    „Sie soll­ten dir dei­ne Ru­he las­sen, Bru­der Br­ad­ley.!“
    „Viel­leicht – aber sie wer­den es kaum tun.“
    „Sie glau­ben, du wirst dort drau­ßen ge­braucht.“
    „Nie­mand wird je­mals ge­braucht, Bru­der Ling.“
    Sei­ne Zel­le war na­tür­lich völ­lig kahl. Ei­ne sau­be­re De­cke lag or­dent­lich zu­sam­men­ge­fal­tet in ei­ner Ecke. Br­ad­ley setz­te sich mit­ten auf den Bo­den und ließ die Tür of­fen ste­hen. Sein bär­ti­ges Kinn ließ er mü­de auf die Brust sin­ken. Er lä­chel­te. Au­to­ma­tisch war er in die Tech­nik ver­fal­len, die schon vor­her gu­te Diens­te ge­tan hat­te. Es war ei­gent­lich nicht not­wen­dig ge­we­sen, hier­her zu kom­men; er hät­te drau­ßen blei­ben und sie dort emp­fan­gen kön­nen. Aber dies war sein Re­vier – sein Schlupf­win­kel –, und die­se schüt­zen­de Lee­re gab ihm Kraft. Wenn sie ka­men und ihn fan­den, einen ge­beug­ten al­ten Mann, der auf dem stei­ner­nen Bo­den ei­ner kah­len Mönchs­zel­le hock­te, wür­den sie so­gleich ver­ste­hen, daß sie ge­schei­tert wa­ren.
    Dies­mal kam nur ein ein­zi­ger Mann. Br­ad­ley sah den Schock in sei­nem Ge­sicht und las sei­ne Ge­dan­ken: Kann dies Br­ad­ley

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