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Der Bernstein-Mensch

Der Bernstein-Mensch

Titel: Der Bernstein-Mensch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Gregory & Eklund Benford
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To­kio in die Luft ja­gen?“
    „Das hat mit dem Orb nichts zu tun.“
    „Das ist Ihr En­de. Wis­sen Sie das?“
    „Tom, sche­ren Sie sich raus.“
    Br­ad­ley gab Tom Raw­lins noch drei Mi­nu­ten, nach­dem er die Tür hin­ter sich zu­ge­schla­gen hat­te, und er­hob sich dann von sei­nem Schreib­tisch. Er warf einen prü­fen­den Blick durch den Kor­ri­dor, be­vor er ging. Als er die Flug­über­wa­chung be­trat, fand er Leigh Duffy, ei­ne Bio­phy­si­ke­rin, die ge­ra­de Dienst hat­te.
    „Kön­nen Sie Tsuba­tas Shutt­le er­rei­chen?“ frag­te er sie. „Ich will mit ihm re­den.“
    „Und mit Ma­ra?“ Die Frau lä­chel­te.
    „Auch die­ser Ge­dan­ke ist mir ge­kom­men.“

4

    Tsuba­ta wen­de­te das Shutt­le. Der so­eben re­pa­rier­te Sa­tel­lit glitt im Bo­gen hin­ter sie. Ma­ra wand­te den Blick wie­der auf den Ju­pi­ter und seufz­te.
    „Hast du et­was da­ge­gen, wenn ich schla­fe?“ frag­te Tsuba­ta ne­ben ihr.
    „Et­was da­ge­gen? Nein.“
    „Ich dach­te, daß es dich viel­leicht stört.“
    „Ganz im Ge­gen­teil.“
    „Ich kann­te ein­mal einen sehr bril­li­an­ten Mann, als ich noch jung war. Au­ßer dir, und bis ich dich traf, war er der ein­zi­ge, den ich kann­te. Ich dach­te, du wä­rest viel­leicht wie er.“
    Ju­pi­ters Ob­la­ten­form füll­te ih­ren Ge­sichts­kreis aus wie die run­de Tail­le ei­nes plum­pen, zu­frie­de­nen Rie­sen. Die wil­den elek­tri­schen Stür­me der letz­ten Wo­chen wir­bel­ten die ge­fleck­ten Bän­der durch­ein­an­der, und das nörd­li­che Po­lar­ge­biet wog­te in fürch­ter­li­cher Wut. Ge­nau wie ich, dach­te sie. We­der Va­ter Ju­pi­ter noch ich kön­nen je­mals ganz zur Ru­he kom­men. „Ich ver­ste­he nicht, Kurt.“
    „Er war selt­sam. Weißt du, er war Pro­fes­sor an der Uni­ver­si­tät und ich war nur ein durch­schnitt­li­cher Stu­dent. Er kam oft in mein Zim­mer. Dann ha­ben wir den gan­zen Tag und manch­mal die gan­ze Nacht ge­re­det. Das heißt, ich ei­gent­lich sel­ten. Nur er. Er hat ge­re­det und ge­re­det und ge­re­det. Über je­des denk­ba­re The­ma und stun­den­lang. Und dann, plötz­lich, stand er auf und schrie.“
    „Ja?“
    Tsuba­ta lach­te. „Er hat­te sei­ne Ant­wort. Im­mer wenn er ein Pro­blem hat­te, kam er zu mir. Und wenn er re­de­te, fand sich ir­gend­wie die Lö­sung. Ich weiß nicht, wie. Aber es funk­tio­nier­te.“
    „Schlaf­wand­ler. Ein­stein war auch ei­ner. Ich schla­fe bes­ser al­lein.“
    „Ent­schul­di­ge.“
    „Nein“, kor­ri­gier­te sie has­tig, „das mein­te ich nicht. Dan­ke, Kurt. Da­für daß du ge­fragt hast, mei­ne ich. Das war sehr rück­sichts­voll.“
    „Ich dach­te, es wä­re viel­leicht wich­tig.“
    „Ja. Dan­ke.“
    Er schlief ein.
    Ju­pi­ter tanz­te und wir­bel­te. Die Ster­ne glit­zer­ten un­ge­hin­dert. Sie war im­mer al­lein ge­we­sen. Nach ih­rer Ge­burt hat­te man ein Ehe­paar aus­ge­sucht, um sie groß­zu­zie­hen. Sie wa­ren dumm ge­we­sen, und ihr Sohn, der vier Jah­re äl­ter war als sie, hat­te ihr das Le­ben zur Qual ge­macht. Ein­mal hat­te er einen Frosch in ih­ren ers­ten Büs­ten­hal­ter ge­steckt. Das klang wie ei­ne war­me, lus­ti­ge Kind­heits­er­in­ne­rung, aber sie hat­te ihn da­für ge­haßt. Von dem Mann hat­te sie nur noch ho­he, bu­schi­ge Au­gen­brau­en in Er­in­ne­rung, grau ge­spren­kelt, und er hat­te ge­re­det wie ei­ne Näh­ma­schi­ne. Ein Bio­lo­ge, ein Leh­rer, Kan­di­dat für den No­bel­preis. Die Frau hat­te un­auf­hör­lich ge­spro­chen, von Angst ge­plagt. Ma­ra lern­te früh­zei­tig, daß sie Schre­cken her­vor­ru­fen konn­te, aber Angst er­zeug­te Haß, und mit vier­zehn ging sie fort. Sie sah ih­re El­tern und ih­ren Bru­der nie mehr wie­der. Da­nach gab es nie­man­den mehr. Mit acht­zehn ließ sie die Welt wis­sen, daß sie jetzt ei­ne ei­gen­stän­di­ge Per­son sei, und ließ sich von nie­man­dem mehr be­stim­men. Ju­pi­ter wälz­te sich stöh­nend um sei­ne Ach­se. Sie stu­dier­te die wech­seln­den Bil­der. Ein Pho­to läßt das Le­ben ge­frie­ren, das Au­ge läßt es flie­ßen. Ir­gend­ein ge­sichts­lo­ser Mann nahm ihr die Jung­fräu­lich­keit. Sie nahm Dro­gen, schlief mit an­de­ren Frau­en, spiel­te,

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